Neuanfang?
Wir stürzten uns auf das Essen, wie zwei ausgehungerte Wölfe. Die Stimmung im Raum war heiter und familiär und weckte in mir einen neuen Geist der Euphorie, der im hier und jetzt leben wollte.
"Ich freue mich schon auf das Feuerwerk", nuschelte Noah mit vollem Mund, während ich versuchte mein Essen ordentlich zu mir zu nehmen. Ich nickte zustimmend. Eigentlich war ich nie so richtig davon zu begeistern gewesen. Es war laut, stank und hinterließ am Ende nichts als Müll, den keiner weg machte. Aber jetzt, in diesem Moment fühlte ich Vorfreude.
"Hast du irgendwelche Ziele für das nächste Jahr?", fragte mich Noah, als wir uns seufzend mit vollem Magen zurücklehnten. Ich zögerte. Ich wusste, dass sich etwas ändern musste. Ich wusste, dass ich die Initiative ergreifen musste und in meinem Leben eine neue Wendung einleiten sollte, weil es sonst keiner tun würde. Aber ich hatte mir noch gar keine Gedanken gemacht wie die konkreten Schritte dazu aussehen könnten und wie ich überhaupt in der Lage dazu sein könnte etwas zu ändern.
"Ich möchte mutiger werden.", sagte ich also zögerlich und realisierte gleichzeitig was ich mir da vorgenommen hatte. Es bedeutete, dass ich mich einem Prozess aussetzten musste, um dann Stück für Stück den Menschen und Umständen gegenüber treten zu können. Es bedeutete, dass ich anfangen musste mich dem Monster zuzuwenden, was immer größer geworden war, umso älter ich wurde. Es nicht mehr länger zu ignorieren, sondern es zu fixieren, darauf loszulaufen und zu besiegen.
"Aber du bist das mutigste Mädchen, das ich kenne", hörte ich Noah neben mir sagen und ich musste mich beherrschen nicht zu kichern. Das klang ja alles so theatralisch!
"Was redest du da?", lachte ich ungläubig.
Aber in Noahs Blick lag Verständnislosigkeit."Meinst du das ernst? Du.."
Er stellte seinen Teller beiseite, die Augenbrauen eng zusammengezogen, während er etwas aufrutschte, um mich besser ansehen zu können. Einen Moment verharrte er in dieser Position, den Mund zu einem Redeansatz geöffnet, als er ihn schweigend wieder schloss. Sein Blick wurde wieder sanfter, fast als wäre er plötzlich erschöpft.
"Du merkst das nicht mal..", stellte er eher zu sich selbst sagend fest und schüttelte den Kopf.
Ich blinzelte verwirrt und wollte zu einer Antwort ansetzten, aber in dem Moment sprang der Korken einer Weinflasche mit einem lauten Knall an die Decke und der Geräuschpegel der Leute schwoll um einiges an, füllte den Raum mit erheiterndem Gelächter. Ich vergaß was ich sagen wollte und was Noah gesagt hatte, stand auf und erblickte in dem Moment meine Mutter, welche sich mit verquollenem Blick sachte von Marleen in den Raum schieben ließ. Ich bemerkte wie sie sich in einer unauffälligen Geste übers Gesicht strich und versuchte nicht all zu vielen Menschen ins Gesicht zu blicken. Ich runzelte die Stirn.
Was war bloß in sie gefahren? War sie es nicht gewesen, die mich zusammen mit meinem Vater davon abhalten wollte mich mit Noah zu treffen? Und jetzt ließ sie sich aus was für Gründen auch immer von seiner Mutter trösten?..
Ich ließ mich zurück neben Noah aufs Sofa plumpsen. Es brannte mir auf der Zunge über meine Mutter und ihr Verhalten herzufallen, aber ich riss mich zusammen und sagte stattdessen etwas anderes: "Mir fällt es total schwer zu vergeben." Die Worte kamen ebenfalls nur schwer über meine Lippen, aber ich spürte dass sie gesagt werden mussten. Ich spürte, dass ich mich dem bezüglich jemandem öffnen musste. Ich starrte weiterhin zu meiner Mutter, die sich in ein Gespräch intrigrieren ließ. -mehr oder weniger.
"Du redest von deiner Mutter, oder?"
Noah sah ebenfalls zu ihr herüber. Ich zuckte nur kurz mit den Schultern um ihm meine Unentschlossenheit zu offenbaren. "Naja, auch. Aber ganz generell gesehen. Mir fällt es schwer Menschen dafür zu vergeben, was sie mir angetan haben und ich merke, wie mich das ebenfalls kaputt macht. Sie verdienen es nicht mal, dass ich ihnen vergebe, also warum sollte ich?" Noah nickte.
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HE WILL SEND HIS ANGELS
Paranormal[*Longlist Wattys2018*] "Er kam wie vom Himmel geschickt. Trat in mein Leben und prägte es. War mein Anker in der Not und bewahrte mich vor einem Absturz in das schwarze Loch der Verzweiflung. Doch dann verschwand er, -nichts wies auf seine Existenz...