Anders als geplant.
Ich fand den Gedanken merkwürdig, dass ich jetzt noch ganz woanders sein könnte. Irgendwo verwahrlost in einer Gasse, völlig durchgefroren und verängstigt. -War es nicht das, was mir während meiner gesamten Flucht hätte widerfahren können?
Stattdessen waren Menschen an meiner Seite gewesen, die mich beschützt hatten.Das war es woran ich dachte, als ich in das schwarze Kleid schlüpfte, was heute zusammen mit dem Koffer eingetroffen war. Es saß immer noch perfekt, wie an Heiligabend. Verträumt roch ich an dem Saum und erkannte mit Freude, dass es tatsächlich noch nach dem unverwechselbaren Geruch aus Kjetills Wohnung roch! Ich vergrub mein Gesicht in dem Stoff, zwang mich dann aber damit aufzuhören.
Heute war Silvester.
Ich hatte nicht viel übrig für unnötige Vorsätze und Versprechen, die eh nicht gehalten wurden. Aber über eine Sache war ich mir im klaren: So weitermachen wie im letzten Jahr kam nicht in Frage.
Es klingelte an der Tür, was mich erschrocken aus meinen Gedanken riss. Schnell lief ich an mein Fenster und erkannte, dass es Noah war der im Anzug vor der Tür stand. Meine Augen weiteten sich, als ich noch weitere Personen darunter ausmachte, dessen Stimmen ich nun durch unser Haus schallen hörte, da die Tür mit einem Ruck aufgezogen wurde.
Wie erstarrt blickte ich auf Noah hinab, während ich einzelne Wortfetzen aufnahm, die im erregten Stimmengewirr schwer zu erfassen waren.
Was um alles in der Welt geschah gerade?! Es war nicht abgemacht gewesen, dass Noah mich von Zuhause abholte, geschweige denn, sich mit seinen Eltern hier blicken zu lassen!Als hätte er meine Gedanken gehört, hob er plötzlich seinen Kopf und blickte zu mir hoch. Ich brach den Blickkontakt nicht und sah nur mit geweiteten Augen zu ihm herab. Ein schwaches Grinsen legte sich auf seine Lippen, welches sich in ein anerkennendes Schmunzeln verwandelte, als er mein Kleid betrachtete. Dann grinste er wie ein Honigkuchenpferd das Geburtag hatte und winkte mir Vorfreudig zu.
Verdattert stieß ich mich vom Fenstersims ab und trat ein paar Schritte zurück. Ich musste erst mal verarbeiten was gerade passierte, da rief schon die harte Stimme meines Vaters nach mir:"Ella! Komm bitte runter!"
Ich versuchte gar nicht erst Zeit zu schinden, sondern begab mich mit polterndem Herzen die Treppenstufen nach unten. "Was ist denn los?" , fragte ich verwundert und blickte dann in die freudigen Gesichter von Noahs Eltern. "Hallo Ella! Schön dich zu sehen, wir haben uns echt Sorgen gemacht die letzten Tage!", sagte Marleen, die Mutter von Noah. "Schön dass du mit uns Silvester feiern willst.", schob nun auch Noahs Dad Sven hinterher.
Ein paar mal blinzelte ich überrascht, lächelte aber sogleich freundlich, um nicht unhöflich zu wirken. Wärme erfüllte mich bei den beiden und wie fürsorglich sie mit mir waren, obwohl ich doch bloß die alte Mathe Nachhilfe für Noah war und das komische Nachbarsmädchen, das nie raus durfte.
Dass meine Eltern präsent waren viel mir aber auch in diesem Moment ein und so blickte ich erschrocken zu meinem Vater rüber, der mit gerunzelter Stirn im Rahmen der Wohnzimmertür lehnte. Meine Mutter stand immer noch an der Tür und schien leicht zu zittern, den Blick gesenkt."Wir dachten wir holen dich einfach mal ab und fahren dann gemeinsam zur Gemeinde. Bist du Startklar, hast du alles?", trällerte Marleen gut gelaunt. Die angespannte Stimmung die im Flur schwebte schien ihr gar nicht aufzufallen. Noah, der sich im Hintergrund gehalten hatte, trat jetzt auch dazu und ließ es sich nicht nehmen unseren Flur und die anliegenden Räume genauestens mit seinem neugierigen Blick unter die Lupe zu nehmen. Mir fiel wieder ein, dass er noch nie bei mir gewesen war.
"Ähh..Ja klar bin fertig. Wir können los!", sagte ich kurz angebunden mit einem viel zu hektischen Lächeln, als dass es echt ausgesehen haben konnte. Ich weiß nicht ob ich gehofft hatte dem Kommenden zu entgehen indem ich mich einfach beeilte, aber was auch immer: es gab kein Entkommen.
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HE WILL SEND HIS ANGELS
Paranormal[*Longlist Wattys2018*] "Er kam wie vom Himmel geschickt. Trat in mein Leben und prägte es. War mein Anker in der Not und bewahrte mich vor einem Absturz in das schwarze Loch der Verzweiflung. Doch dann verschwand er, -nichts wies auf seine Existenz...