Kapitel 21

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Es waren schon wieder 2 Monate vergangen. Die Zeit verging einfach so schnell. Alles lief von alleine, doch Harry war immer noch der gleiche. Harry saß noch immer in seinem Zimmer und kam kaum raus. Er aß kaum, er redete nie. Das ganze erinnerte mich ziemlich an mich selbst. Ich wollte immer helfen. Ich hatte immer dieses dringende Gefühl, dass ich ihm irgendwie helfen wollte. Egal wie. Doch nichts half und ich fühlte mich so schwach und nutzlos. Es schmerzte, daneben zu stehen und ihn dabei zu zu sehen. Es ging nicht mehr darum, ob er mich ebenfalls liebte. Es ging darum, dass es ihm gut ging. Jede Nacht oder nach jedem Einkauf, hatte ich Angst davor in den Zimmer von Harry zu gehen und dort eine leblose Person zu finden. Ich hatte einfach wahnsinnige Angst davor, dass er eines Tages tatsächlich ging.

Mich machte es aber außerdem sauer, dass er einfach nicht verstand, dass ich für ihn da war. Ich war immer da an seiner Seite. Vielleicht nur jetzt nicht.

Ich war immer noch an seiner Seite, doch ich saß nun im Wohnzimmer und neben mir saß jemand. Verena. Ich traf sie beim Einkaufen im Supermarkt. Sie hatte einen kleinen Bruder und sie ließ beim Einkaufen ihr Portmonee fallen, wobei ich es ihr wiedergab und wir dadurch in einem Gespräch kamen. Nun saß sie hier und wir unterhielten uns. Lydia und ihr Bruder Pavel spielten zusammen. Die beiden saßen auf dem Fußboden und lachten. Ich hatte Verena nicht angeboten hier her zu kommen, sondern irgendwie tat sie das von selbst. Sie war ziemlich aufdringlich, aber ich wollte nett bleiben. Immer fragte sie mich, ob ich nicht eine Freundin hätte, aber ich wechselte immer wieder das Thema. Am Anfang schien sie mir nett, doch jetzt wurde mir das ganze langsam unangenehm. Aber vielleicht wäre genau das das Richtige. Ablenkung.

Als sie plötzlich mit ihrer Hand mein Oberschenkel hoch und runter wanderte, kam Harry. Er lief zur Küche, doch man musste dadurch durchs Wohnzimmer laufen. Er wollte weiterlaufen, doch stoppte abrupt und drehte sich zu uns um. Ich schob sanft die Hand von Verena beiseite und Harry fragte verwirrt: "Wer ist denn das?" Ich hörte Verena neben mir "Ich wusste ja nicht, dass noch ein so gut aussehender Typ hier wohnt" sagen. Harry starrte sie wütend an und ich fragte Harry sarkastisch: "Ach, jetzt redest du auf einmal wieder mit mir? Fast 3 Monate lang hast du nicht mit mir geredet." Er reagierte nicht, sondern fragte wütend: "Wer. ist. sie?" Ich rollte die Augen und Verena sagte neben mir kichernd: "Also ich bin Verena und du?" Harry sah zu mir und dann war seine Miene wieder traurig. Voller Enttäuschung. Dann meinte er zu mir: "Ich will nicht, dass jemand hier in Emilys Wohnung ist." Ich stand auf und sagte: "Naja, in Prinzip habe ich die Miete die letzten drei Monate bezahlt. Aber was ich eigentlich sagen oder eher fragen wollte ist: Erinnert dich alles hier wirklich an Emily?" Harry kaute unsicher auf der Unterlippe und nickte. Ich seufzte und sagte zu ihm: "Harry? Ich wollte dir das eigentlich noch sagen, aber wir ziehen in zwei Monate wieder nach London." Harry, der gerade noch zum Boden sah, sah sofort hoch und fragte irritiert: "Wir? London? Was meinst du damit?" Ich rollte meine Augen und sagte ernst: "Wir ziehen nach London. Du brauchst einen Neustart. Dort ist deine Familie. Deine Freunde sind dort. Du musst Emily hinter dir lassen." 

Harry sah mich an, als wäre ich verrückt: "A-aber ich kann nicht. Dann ist sie für immer weg!" War er wütend oder traurig? Keine Ahnung, denn ich sprach weiter: "Sie ist bereits tot, aber sie wird für immer in deinem Herzen bleiben. Du musst hier raus, es würde dir gut tun. Vertraue mir." Harry schüttelte den Kopf und lief in seinem Zimmer. Er ignorierte mich wieder. Dieses Kind! 

Wütend lief ich ihm nach und vergaß völlig, dass Verena noch da war. Ich folgte Harry in seinem Zimmer und er schaute aus dem Fenster. Ich wurde sauer und sagte etwas lauter: "Wage es bloß nicht, mich wieder zu ignorieren! Wir müssen reden!" 

Er regte sich nicht und ich schrie ihn an: "Harry!" Er sah wütend zu mir und plötzlich lief er auf dem Wandspiegel zu und schlug mit seiner Hand rein. Geschockt sah ich ihn an. Mein Mund war weit offen, ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich war gleichzeitig verängstigt und wütend. Harrys Hand fing an zu bluten. Außerdem hörte ich auf einmal Emilys Stimme in meinem Kopf etwas sagen: "Sag es ihm. Erzähl ihm alles." Und ich tat es:

"Okay! Erstmal hörst du damit auf! Hör auf mich zu ignorieren und hör mir einmal zu! Es kann so nicht mehr weiter gehen. Ich kann das nicht mehr. Weißt du was? Ich kann es wirklich verstehen wie dreckig es dir geht, da Emily nicht mehr da ist. Ich verstehe komplett, wie du dich fühlst! Aber weißt du was? Willst du mal wissen, wie ich mich fühlte, als ich dachte, dass du tot wärest?! Man ging es mir scheiße. Zu denken, dass die Person, die du über alles liebst, für immer fort ist! Zu wissen, dass du die Person nie mehr in deinen Armen halten kannst! Nie diese Person wieder lachen zu sehen! Nie wieder die Person wieder zu sehen! Ich dachte jeden Tag, dass du für immer weg warst und das nur wegen mir! Du sagst immer und immer wieder, dass es weh tut, die Person, die du liebst, dabei zu zu sehen, wie die Person jemanden anderes liebt. Es könnte stimmen, weil es höllisch weh tat, als ich dich plötzlich mit Emily zusammen sah. Aber alleine zu sein ist viel schlimmer! Ich war die ganze Zeit allein und bin es immer noch! Du aber nicht! Ich.bin.doch.da! Wann begreifst du das mal?! Dein letzter Wunsch in deinem Brief war das, dass ich mich für dich um Emily kümmern sollte. Ich hatte alles versucht, doch sie war weg! Sie war nicht da! Ich fühlte mich so schuldig! Ich wollte dir doch nur einen Gefallen tun. Irgendetwas mal richtig machen! Ich fühlte mich so schuldig, sodass ich jede Nacht weinte! Ich habe jetzt genug! Wenn ich nicht gewusst hätte, dass du noch am Leben bist, wäre ich jetzt schon lange tot! Hast du das gehört? Ich wäre tot gewesen! Ich war gerade dabei, mir das Leben zu nehmen, bis Dylan kam und mir sagte, dass du doch noch am Leben wärest. Nur deshalb hielt ich es länger durch. Ich hatte mich so schlimm gefühlt, da ich dachte, ich hätte die Liebe meines Lebens verloren. Ich war kurz davor bei der Hochzeit Nein zu sagen, ich hatte alles geplant. Ich hatte mich für dich entschieden. Ich wollte dir alles sagen, doch dann warst du weg. Sicher, du mochtest Emily wirklich sehr und sie war wichtig für dich, aber merkst du nicht, dass du mich noch hast? Dass ich da bin? Die ganze Zeit? Dass ich darunter leide, dass es dir schlecht geht? Ich wollte und will die ganze Zeit helfen, aber du lässt mich nicht und ich fühle mich dann immer so am Ende. Ich will doch nur den alten Harry zurück und ich bin mir sicher, dass Emily es auch so gewollt hätte! Ich versuche dir nur zu helfen! Und dieses Mädchen im Wohnzimmer, sie hat sich selber eingeladen! Ich will doch nichts von der! Ich bin immer für dich da! Bitte lass mich rein. Öffne dich. Ich habe solch eine Angst…Ich habe Angst, dass ich dich vielleicht doch wirklich verliere. Bitte…bitte rede wenigstens mit mir…"

Ich atmete tief ein und aus, da ich gerade so viel auf einmal sagte. Harry hatte sich in der Zwischenzeit auf seinem Bett gesetzt. Er weinte. Ich kniete mich auf dem Boden vor ihm hin. Er sah mich schluchzend an und schien ebenfalls ziemlich geschockt zu sein. Er fragte mich vorsichtig: "Du hast mich wirklich geliebt? U-und…du liebst mich immer noch? Auch nach alldem, was passiert ist?" Ich ließ eine einzelne Träne fallen und musste ganz leicht lächeln. Ich nickte und antwortete: "Es war eine ganze Weile, aber ich fühle immer noch das gleiche. Also ja. Und ich denke, ich werde dich noch für eine ganz lange Zeit lieben…" Harry starrte mich an und ließ eine weitere Träne fallen, doch dann lächelte er. Er lächelte tatsächlich. Doch daraufhin begann Harry leider wieder zu schmollen und sagte: "Wir akzeptieren die Liebe, wobei wir denken, dass wir diese verdienen." Ich zog meine Augenbrauen zusammen und fragte irritiert: "Was meinst du damit?" Harry seufzte und nahm meine Hand. Er streichelte kurz mit seinem Daumen darüber und erklärte nun: "Ich meine, dass manche Menschen denken, dass sie nutzlos sind und dass sie dann sich für eine missbräuchliche Liebe feststellen. Sie kommen dann mit Menschen zusammen, die den anderen so behandeln, wie sie denken, wie sie behandelt werden sollen. Manche haben sogar eine Grenze von deren Selbstwert und so legen sie sich nur für etwas fest, was unter dem ist, was sie denken das sie verdienen. Wie man sich selber sieht, so soll man behandelt werden. Also, wenn du denkst, du verdienst mehr für dich selber, dann bekommst du es auch. Aber wenn du denkst, du verdienst gar nichts oder etwas ziemlich niedriges, dann bekommst du das. Doch eines Tages wird jeder jemanden finden, der denen alles gibt, was sie verdienen und sogar viel mehr."

Ich betrachtete Harry vorsichtig. Ich hatte eine Augenbraue hochgezogen und musste ganz kleines bisschen grinsen. Ich fragte: "War es für dich selbst gemeint oder etwa für mich?" Harry rollte seine Augen und lachte etwas. Er lachte tatsächlich. Es war ein echtes Lachen. 

Er sah mich kopfschüttelnd an und meinte lächelnd: "Bring mich nicht dazu, dir zu sagen, was ich damit meine. Schick einfach das dumme Mädchen nach Hause und verarzte meine Hand. Dann reden wir weiter."

Lost Like You 2 ║Larry Stylinson AU║ ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt