Kapitel 10 part 2

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Ich nahm mir sehr viel Zeit aus dem Bad rauszukommen. Das alles wollte ich mir ersparen was noch kommen würde. War ich ihm wirklich eine Erklärung schuldig? Ich ging zur Tür, trug Harrys T-Shirt, welches mir viel zu groß war, und öffnete vorsichtig die Tür. Harry lag auf dem Bett und starrte zur Decke. Er hatte sich beruhigt, doch sein Gesicht war träge und wenn ich mich nicht täuschte, waren seine Augen mit Tränen erfüllt. Vorsichtig und auf Zehenspitzen schlich ich mich an ihm vorbei und setzte mich an das Kopfende des Bettes. Mir war kalt an den Beinen und ich zog meine Beine an meinen Körper heran. Meine Augen konnte ich nicht von Harry lassen, mein Herz schlug immer höher. Die Stille war unerträglich. Ich schüttelte mich. Harry sah mich an und betrachtete mich. Seine Stimme brach: „Ist dir kalt?" Ich sah ihn an und schüttelte den Kopf. Er setzte sich auf, nahm meine Beine und legte sie lang. Dann zog er die Decke unter meinen Beinen weg und legte sie sanft über mich. Seine Berührung beunruhigte mich innerlich, dass ich mich wieder aufsetzte und Luft holte. „Man Jus..." Seine Stimme ging in den Tränen verloren. Noch nie habe ich ihn weinen gesehen oder den Gedanken daran verloren, dass grade Harry überhaupt weinen konnte. Unauffällig legte ich meine Hand direkt neben seine auf die Decke. Er sah mir auf die Hand und nahm sie einfach. Mit dem Daumen strich er mir über den Handrücken und weinte, ohne auch den Blick von meiner Hand zu lassen. Schweigend sah ich ihn an und flüsterte als er etwas stiller wurde: „ Wieso weinst du Harry?" Fragend sah ich ihm in die Augen. „Das fragst du noch?" er war verzweifelt und es tat so weh ihn so zu sehen. „Was ist nur in dich gefahren?! Wieso warst du da? Du hättest umgebracht werden können! Ist dir das überhaupt nicht klar?" Er drückte meine Hand noch fester, dass ich aus Schmerz versuchte sie wegzuziehen, doch er ließ mich nicht und lockerte den Griff wieder etwas. „Wäre das etwa so schlimm gewesen? So auf einmal?" Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten und begann zu weinen. „Erzähl mir nicht dass es irgendwie schlimm wäre, wenn ich auf einmal weg wäre! Ihr wärt doch ohne mich besser dran!" Laut schluchzte ich auf und begann zu zittern. Harrys Augen weiteten sich und füllten sich erneut mit Tränen. „Niemand braucht mich oder will mich noch sehen..." Mein ganzer Körper zitterte noch mehr und Harry zog mich ganz eng in seine Arme. Sein Gesicht vergrub er in meinen Haaren und drückte mich fest an sich. „Das stimmt doch nicht Jus...Ich brauche dich..." „EBEN NICHT!!!" ich schrie ihn an und schubste ihn von mir weg. Er ließ mich los und sah mich verwirrt an. „Du hast mich nicht eine Sekunde gebraucht! Du hast nur deine verdammten Spielchen gespielt! Du kannst mich nicht eine Sekunde verurteilen, dass ich in einer dieser Banden gelandet bin! Ich wollte dich aus meinem Leben streichen und dich vergessen. Nie wieder wollte ich dich sehen! Du brauchst hier nicht zu sitzen und dich auf einmal für mich interessieren, das bin ich doch überhaupt nicht wert. Ich wollte verschwinden, das was mir alles passiert ist, war das Beste was mir passieren konnte!" Harry schüttelte entsetzt den Kopf: „Nein Jus! Das kann nicht das Beste gewesen sein, was dir je passiert ist. Die sind gefährlich! Sie rauben Supermärkte aus und Tankstellen. Sie nehmen die härtesten Drogen und sind mitten am Tag betrunken! Das konnte nie im Leben richtig gewesen sein! Du hättest irgendwo bei draufgehen können, weißt du wie du aussiehst?" Er hielt mich fest: „Überall knochig und total dünn! Verdammte scheiße du bringst dich noch wirklich um!!!" Wütend und gleichzeitig besorgt schrie er mich an. Ganz eng drückte er mich an sich. Mein Gesicht vergrub ich noch enger in seine Brust. Meine Hände krallten sich an ihm fest und ich weinte. Er drückte mich leicht von ihm weg und strich mir die Strähnen aus dem Gesicht: „Sch...Hey, sieh mich an. Sieh mich an!" Verschwommen sah ich ihn an und schüttelte den Kopf: „Ich fühle mich so verloren Harry. Ich hatte genug von diesem Gefühl alleine zu sein. Grace und Chris, sie verstehen mich, das war so mein Glück. Das was ich jetzt bin, das hab ich für mich getan. Ich war einsam und wütend. Und müde, es war Zeit alles zu ändern und mich zu ändern...Es ist irgendwie als wenn einem das Leben ins Gesicht schlägt, ich versuche das alles nur einfach durchzustehen. Du hast keine Ahnung, wie es ist, das alles so hinzunehmen und mitzumachen." Schweigend strich er mir über den Rücken und legte sich mit mir hin. Er blieb still und legte sich mit mir unter die Decke. Mein Kopf lag auf seiner Brust, seine Hand in meinen Haaren vergraben. Ich hörte sein Herz und seinen Atem. „Du hast zu viel mitmachen müssen Jus. Das wird jetzt aufhören, das verspreche ich dir." „Wie meinst du das? Willst du sie alle umbringen? So wie du es mit Chris beinah geschafft hast? Oder den anderen die du alle umgebracht hast?!" Meine Stimme zitterte und mein Herz schlug mir bis zum Hals. „Wenn es sein muss, dann tu ich das."

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