Vorwürfe

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POV Michelle

Erst jetzt wurden mir Yoongis Worte bewusst und ich wurde, von der rosa Wolke mit Namjoon, zurück auf den Boden der Tatsachen befördert. Leider nicht ganz so sanft...  Jimin ist mit einem Mädchen gesprungen. Zwar könnte es jedes Mädchen in diesem gottverdammten Flugzeug gewesen sein, aber es bestand eine reelle Chance, dass Nina mit ihm gesprungen ist, bevor das Flugzeug aufkam. Ich suchte den Weg vor uns nach den orangenen Rettungswesten ab, die anscheinend jeder von uns getragen hatte. Irgendwo müsste sich auch Nina mit so einem Ding bemerkbar machen können.

Kurze Zeit später sah ich zwei Leute aus dem Wasser krabbeln. Eine Person hielt ihren Arm in einem komischen, ziemlich unnatürlich aussehenden, Winkel und konnte sich nicht aufstützen. Ich hatte schon meinen Mund geöffnet um den beiden neben mir Bescheid zu sagen, da drehte sich die Person mit dem gebrochenen Arm um und sah mir direkt in die Augen. Nina! Anstatt dem Bescheid über die Verletzten vor und, verließ nur ein heiserer Schrei meinen Mund und ich rannte los.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kam ich bei ihr an und fiel neben ihr in den Sand. Sie sah mich mit einem schmerzverzerrtem Gesicht an und fragte: „Was ist aus dem Flugzeug geworden?" Ich zeigte nur auf die zerstörte Klippe und den brennenden Bäumen darauf. „Shit..." „Ja. Das wars dann wohl mit den gemütlichen Spanienurlaub...", erwiderte ich, bekam aber nur einen verwirrten Blick zurück. „Hä? Ich meinte damit, dass ich meine neuen Schuhe jetzt vergessen kann." Ich war kurz davor sie auszulachen, aber der Ernst unserer Lage verdeutlichte sich wieder, als einer der brennenden Bäume mit einem lauten Krachen ins Meer stürzte.

POV Namjoon

Während Michelle mit ihrer Freundin auf einer anderen Sprache redete, half ich Jimin auf die Beine, der sich ständig Vorwürfe machte. „Was ist denn los?", mischte sich Yoongi ein, der es schließlich geschafft hatte einen Rettungsdienst zu organisieren. „Ach unser ChimChim macht sich selbst Vorwürfe über ihren Arm...", sagte ich beiläufig und deutete auf das blonde Mädchen im Sand. Yoongi zog nur eine Augenbraue hoch, wandte sich dann aber wieder ab um den Rettungsleuten entgegen zu laufen.

„Wäre ich nicht gewesen, müssten diese Leute gar nicht kommen", schniefte Jimin nieder geschlagen, als Yoongi mit zwei Männern zurückkehrte. Ich seufzte nur theatralisch und klopfte ihm hilflos auf die Schulter, was er mit einem Schmerzenslaut kommentierte. Ups... ich sollte am besten gar nichts mehr anfassen, sonst sieht es bestimmt aus wie der Schrank in unserem Dorm, der immer noch auf dem Boden liegen müsste.

Zwischen den Männern vom Rettungsdienst, sah Yoongi wirklich winzig aus und selbst ich reichte ihnen nur bis zur Schulter. Diese kümmerten sich als erstes um Michelle und ihre Freundin und Yoongi gesellte sich wieder zu uns. Jimin hatte immer noch nicht aufgehört zu jammern, was die Nerven von Yoongi extrem strapazierte. Der Satz „ohne mich wäret ihr doch besser dran" brachte das Fass dann zum Überlaufen. Yoongi tippte Jimin auf die Schulter, sodass er sich zu ihm umdrehte und klatschte ihm eine. „Alter! Falls du's noch nicht geschnallt hast: Sie wäre nur mit dir gesprungen! Ohne dich säße sie noch immer in dem Flugzeug, dass gar nicht mehr existiert! Und jetzt hörst du auf dir wegen jeder Kleinigkeit Vorwürfe zu machen du Pabo!" Das hatte gesessen. Jimin hielt den Mund und rieb sich die Wange, auf der sich Yoongis Handabdruck abzeichnete. Yoongi sah jetzt schon viel entspannter aus , doch vorsichtshalber rückte ich ein Stückchen weiter von ihm weg.

Ich wandte mich wieder den Sanitätern zu, die Ninas Arm geschient hatten und sie auf eine Trage legten. Michelle sah meinen fragenden Blick und erklärte mir die Situation leise: „Es ist ein glatter Durchbruch knapp über dem Ellenbogen. Sie wird im Krankenhaus operiert werden müssen, damit es wieder normal zusammen wächst. Und wir sollen am besten mitkommen, falls es noch zu Schockanfällen kommen sollte." Ich nickte und pfiff Yoongi und Jimin zu uns, die sich schon wieder in der Wolle hatten. Die beiden können sich aber auch keinen Moment in Ruhe lassen...

Der Weg zum Krankenwagen war schwieriger als gedacht. Die beiden Sanitäter trugen Nina auf einer Trage die Düne hoch, wurden dabei aber häufig von Jimin abgelenkt, der mit zu viel Energie um Nina herum hüpfte und sich augenscheinlich Sorgen machte. Ich ging kopfschüttelnd neben Michelle her, die belustigt vor sich hin grinste. Kann man eigentlich an Niedlichkeit sterben? Denn als ich sie von der Seite ansah, musste sie gerade wieder grinsen und es kamen ihre Grübchen zum Vorschein. Yoongi sah mich von der anderen Seite mit einem wissenden Lächeln an und ich bemerkte erst zu spät, dass sich meine Wangen verdächtig rot färbten. Ertappt strich ich meine Haare aus der Stirn und hoffte, dass Michelle es nicht mitbekommen hatte.

Auf der Hälfte der Strecke zum Wagen gaben Michelles Beine unter ihr nach. Beide Sanitäter wandten alarmiert ihren Kopf nach hinten, als Michelle mit einem Ächzen zusammen sackte, konnten ihr aber nicht helfen, da Nina ja immer noch auf der Trage lag. Kurzentschlossen schob ich meine Arme unter ihren Körper und hob sie im Brautstyle hoch. „Danke", flüsterte sie leise, als sie ihre Arme um meinen Hals und ihren Kopf auf meine Schulter legte. Wahrscheinlich wurde ich wieder rot, denn diesmal grinsten mich sogar die Sanitäter an. Auch wenn Michelle nach fünf Minuten behauptete, dass ihre Beine wieder funktionieren würden, setzte ich sie nicht auf dem Boden ab. Ich hatte Angst, dass sie sich wieder überlasten könnte und wieder ohnmächtig werden könnte. Ich weiß, dass es relativ unwahrscheinlich ist, aber ich fühlte mich für sie verantwortlich.

Als der Rettungswagen in Sicht war, hörte Michelle auf sich zu wehren und legte ihre Arme wieder um meinen Hals. Ihr Atem kitzelte an meinem Hals und ich ließ sie vor Lachen fast fallen. Typisch ich... Hatte ich nicht gerade eben noch gesagt, dass ich am besten gar nichts mehr anfassen sollte?

Spanien oder Korea? | Namjoon Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt