7

51 9 0
                                    

Als er mit einer roten Wolldecke unter seinem Arm zurückkommt, habe ich mich schon aufs Bett gesetzt und reiße nervös an der abstehenden Haut meines Fingers herum. Er legt die Decke neben mir ab und bleibt stehen, so als ob er darauf wartet das ich etwas sage oder mich bedanke, ich jedoch zupfe weiter an meinem Fingernagel herum.

>Wenn du noch etwas brauchen solltest oder in der Nacht auf Toilette musst, klopf gegen die Tür<, sein barscher Ton lässt mich zusammenzucken.

Sein Körper baut sich vor mir auf, sodass ich es gar nicht erst wage zu ihm hochzublicken, es kommt mir vor wie Stunden, die kalte Stille die sich im Raum breit macht löst ein beängstigendes Gefühl in mir aus.
Ich weiß nicht was im nächsten Moment passieren wird, wenn er mich nur anstarrt und auf mich herabblickt. Es ist als ob er meine Seele durchdringt, nur mit seinen schlimmen Gedanken, wie ich vermute dass er sie hegt.

>Brauchst du sonst noch etwas?<

>N-nein<, ich schüttle den Kopf, den Blick auf die inzwischen blutende Haut an meinem Fingernagel gerichtet, erleichtert darüber, dass er nun endlich etwas gesagt hat und sich nun abwenden wird.

>Du blutest<, stellt er fest und geht neben mir auf dem Bett in die Hocke.

Es hat sich eine Blutspur meinen Finger hinunter gebildet, die ich versuche an meinem T-shirt abzuwischen, er jedoch greift nach meiner Hand und schüttelt den Kopf.

>Du willst doch nicht dein T-Shirt dreckig machen, was?<

Meine Augen schießen zu ihm und er blickt mich kopfschüttelnd an, meine Hand umgriffen von seiner.

>Mache ich dich wirklich so nervös?<, er schwenkt den Blick auf meinen Finger und führt ihn an seinen Mund, im nächsten Moment spüre ich seine warme Zunge.
Ein leichtes Brennen durchströmt mich als er das Blut ableckt und ich zucke zusammen.

Mein Mund öffnet sich leicht als er mit seiner Zunge um meinen Finger kreist.
Dabei blickt er mich so intensiv an, dass ich gar nicht die Macht dazu hätte ihm meinen Finger zu entziehen.

Normal würde ich so etwas ekelhaft finden, doch ich kann nicht verleugnen, dass ich es in diesem Moment nicht doch ein wenig genieße.
Er kreist ein letztes mal um meinen Finger, als er langsam von mir ablässt, er jedoch meine Hand nicht freigibt. Mein Gesicht lässt er dabei nicht aus den Augen, so als ob er befürchtet er könne eine Reaktion von mir verpassen, wenn er es doch täte.

Seine Mundwinkel heben sich, als er bemerkt wie ich hörbar ausatme.
Ich versuche mich aus meiner Schockstarre zu befreien, was nicht so ganz funktioniert, meine Hand kann sich einfach nicht aus seiner entziehen, obwohl ich es will habe ich nicht die Kraft dazu.

Als ich es dann doch schaffe ein wenig Druck auszuüben um ihm zu verstehen zu geben, er solle meine Hand loslassen, fühle ich mich ein wenig verunsichert, so als ob es mir leid täte, das ich ihm meine Hand entziehen will. Was totaler Schwachsinn ist, ich muss mich nicht schlecht fühlen, er hat mich entführt was plötzlich wieder panische Angst in mir auslöst, dass er zu mehr fähig sein kann als nur mein Blut vom Daumen zu lutschen. Mir fährt ein eiskalter Schauer über den Rücken und ruckartig entziehe ich ihm meine Hand.

>Langsam, langsam<, er grinst schief und stößt ein raues Lachen aus, worauf ich erschrocken zusammenzucke.

Und alles was er tut ist sich über meine Nervosität und über meine Angst lustig zu machen. So als ob es ihm Spaß macht und ihn amüsiert mich so zu sehen.
Sofort wird er wieder ernst, als hätte er meine Gedanken gehört.
Er streicht sich mit der Zunge über die Lippen, das er dabei meinen Blutgeschmack schmeckt macht mich verrückt, ich rutsche am Bett etwas zurück, wonach er aufsteht und auf mich herabblickt.

Ich habe ihn zu nah an mich herangelassen, das macht mich noch schwächer, ich muss stark sein und dagegen ankämpfen und es hier rausschaffen ehe mich jemand findet.
Ich weiß nicht was er von mir will oder was er mit mir vorhat, bei mir gibt es doch nichts zu holen, nicht annähernd etwas das interessant wäre. Ich darf ihm nicht das geben was er will, was auch immer es ist. Ich muss Ruhe bewahren so gut es geht.

Mir dämmert ein das es vielleicht nicht die klügste Art ist vorzugehen, sich zu wehren und gegen ihn anzukämpfen. Aber ich besitze noch so viel Stolz um ihm nicht das zu geben was er will oder was er sich erhofft hat zu bekommen.

Ich war zur falschen Uhrzeit am falschen Ort, es hätte jedes andere Mädchen treffen können. Ich hätte auf meine Freunde und Eltern hören sollen, spät Abends oder Nachts Zug zufahren war gefährlich und das überhaupt noch alleine. Auf einer Seite war ich dann doch selbst Schuld, ich war diejenige die einfach in sein Auto gestiegen ist, jedoch wie hätte ich wissen sollen das so etwas passiert, er wusste genau wie er mich kriegen konnte, er musste sich nicht mal anstrengen. Ich hätte anders handeln müssen und nicht irgendeinem dahergelaufenen vertrauen dürfen.

Im Nachhinein ist es immer leichter zu wissen was man hätte tun sollen, was man sagen oder wie man handeln hätte müssen.
Nun saß ich hier und Harry blickte noch immer zu mir herab und verzog dabei keine Miene.
Ich will das er geht und mich alleine lässt, auf der anderen Seite will ich mit meinen Gedanken nicht alleine sein. Ich habe Angst und dieses Panikgefühl frisst mich auf. Ich werde hier in diesem Zimmer durchdrehen, ich muss es von ihm wissen, was er vorhat was er mit mir tun wird, ich muss es einfach wissen.
Ich kann nicht mit diesem unwissenden Gedanken leben was mit mir passieren wird.
Ich merke wie mir das Adrenalin in den Kopf schießt und sich meine Hände zu Fäusten ballen vor lauter Wut und Angst.

>Was hast du vor?<, ich starre dabei auf die Bettdecke vor mir und warte auf seine Antwort.

Einige Zeit herrscht Stille, sodass ich gar keine Antwort mehr erwarte, als er plötzlich mit einer Gegenfrage antwortet.

>Was denkst du was ich vorhabe?<

Trainy Day [HS]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt