18

38 4 0
                                    

Silvester

,,Heute ist Silvester'' ist der erste Gedanke der mir kommt als ich am Morgen die Augen aufschlage.

Eine Weile bleibe ich einfach im Bett liegen, drehe mich sogar nochmals zur Seite um vielleicht noch einmal einzuschlafen.
Als dies nicht funktioniert schlage ich die Decke genervt zur Seite und steige aus dem warmen Bett.

Ich gehe zur Tür, zupfe zuerst mein T-Shirt zurecht, ehe ich an die Tür klopfe.

Laut klopfe, weil er es sonst nicht hört.

Dann setze ich mich aufs Bett, weil ich weiß, dass es etwas dauert bis er kommt ...wenn er kommt.

Und dann geht die Tür auf, obwohl ich damit gerechnet habe, erschrecke ich mich doch jedes Mal.

Er blickt mich nur fragend an, und wartet darauf, was ich will.

>Kann ich mich duschen?<, frage ich leise

Er nickt stumm und macht mir im Türrahmen Platz.
Ich stehe vom Bett auf und dränge mich an ihm vorbei.
Ich steuere aufs Badezimmer zu, ohne mich umzudrehen oder auf ihn zu achten.

Ich dusche mich, wie fast jeden Tag und warte dann wieder darauf das irgendetwas anderes oder irgendetwas Abwechslungsreiches passiert.

Ich frage mich, ob er Silvester feiert, oder mich vielleicht auch nur nach unten holt.
Silvester mag ich fast so gerne wie Weihnachten.
Den Gedanken an meine Familie habe ich den ganzen Tag erfolgreich verdrängt.
Fast zumindest.

Ich gehe zurück ins Zimmer.
Denn nach dem Duschen, scheint es ihm nicht interessieren was ich mache oder tue, also ist die Tür immer offen.

Ich setze mich aufs Bett.
Und warte.
Das etwas passiert.
Wie jedes Mal.

Die letzen Tage bin ich immer hier gesessen und habe gewartet.
Es ist nie etwas passiert.
Erst als er das Abendessen brachte, ohne ein Wort zu sagen, hat er es mir auf den Tisch gestellt und ist wieder gegangen.

Als ich das nächste mal aus dem Fenster schaue, ist es draußen dunkel.
Es wundert mich nicht, ich habe jedes Zeitgefühl verloren.

Ich wollte mich gerade hinlegen, als er bei der Tür hereinkommt.

Ich muss mir mein Lächeln unterdrücken, weil ich irgendwie das Gefühl hatte, dass er mich heute holen würde.
Es scheint so als könne ich ihn ein wenig einschätzen.
Wenn auch nur ein wenig.

>Komm runter<, ist das einzige was er zu mir sagt und dreht sich sofort wieder um und geht aus der Tür hinaus.

Eine Weile warte ich und bleibe einfach so am Bett sitzen, dann atme ich tief ein und aus und mache mich auf den Weg nach unten.

Ich gehe die Treppe hinunter und sehe ihn in der Küche stehen.
Er kocht.

Als ich unten ankomme, deutet er auf den Sessel und stellt mir als ich mich hinsetze ein angerichtetes Teller vor die Nase, er setzt sich erneut zu mir.

Auffällig ist, dass er mich jetzt zu zwei besonderen Anlässen herunter geholt hat.
Weihnachten und Silvester.
Fast als hätte er ein schlechtes Gewissen, wenn er es nicht tue.

Schweigend essen wir auf, wie immer.

>Wie feierst du Silvester?<

Er überrascht mich mit seiner Frage, ich wende meinen Blick an ihn und denke kurz über seine Frage nach.

Nehme kurz einen Schluck von meinem Sekt, ja er hat mir Sekt eingeschenkt, bevor ich ihm antworte.

>Wir feiern immer alle zusammen, es läuft gleich ab wie Weihnachten nur eine Woche später<, fange ich an.

>Naja wir essen alle zusammen, spielen dann Gemeindschatfspiele und warten dann auf Mitternacht, ehe wir hinaus gehen um Raketen zu schießen<, bringe ich fertig.

Ich richte meinen Blick wieder auf mein inzwischen nun leeres Teller und warte auf eine Reaktion von ihm.

>Hättest du Lust auf ein ... Spiel?<, höre ich ihn neben mir fragen.

>Auf was?<, ich richte mich wieder an ihn.

Er fängt an zu Grinsen.

>Mir kam Mensch ärgere dich nicht in den Sinn<

>Gott ich hasse und liebe dieses Spiel zu gleich<, ich schüttle den Kopf.

>Warum?<, verwirrt blickt er mich an.

>Ich kann nicht verlieren, ich glaube der Name wurde für mich erfunden<, murmle ich.

Er fängt an zu lachen.
>Gut, ich kann nämlich auch nicht verlieren<, damit steht er auf und geht zu einem Schrank im Wohnzimmer, wo er eine Weile herumkramt ehe er das Spiel herausholt und mich zu sich ruft.

Am Wohnzimmertisch breitet er das Brett aus und wir spielen los.

So sitze ich nun hier und spiele mit ihm Mensch ärgere dich nicht.

Draußen ist es inzwischen dunkel geworden als wir aufhören.
Es ist nicht bei Mensch ärgere  dich nicht geblieben, er hat Schach ausgepackt.

Plötzlich erschreckt er mich noch mehr als er plötzlich etwas sagt mit dem ich nie im Leben gerechnet hätte.

>Komm mit<, meint er und ich folge ihm verwirrt.

Er kramt eine Jacke hevor, meine Jacke und reicht sie mir, danach meinen Schal, meine Handschuhe und meine Stiefel.

Verwirrt blicke ich ihn an.
Er jedoch nickt nur und geht an die Tür.
Entgeistert bleibe ich stehen.

>Jetzt komm schon<, rüttelt er mich wach.
>Aber was?<, murmle ich.
>Elaria, du hättest keine Chance mir zu entkommen, jetzt komm einfach<,

Ich gehe mit zittrigen Schritten auf ihn zu.
Er packt mich an der Hand.
Nicht fest, sondern sanft.
Dann schließt er die Tür auf und die eisige Kälte trifft mich mit einem Schlag.
Tut das gut, es tut so gut auf meiner Haut, ich muss die Augen schließen.

Beim hinausgehen greift er kurz nach unten neben die Hausmauer und erfasst ein Päckchen.
Es sind Raketen.
Raketen.

>Bleib hier stehen<, ermahnt er mich und lässt mich plötzlich los.

Auf zittrigen Beinen stehe ich nun hier auf der Wiese, im Schnee, vor diesem Haus, er entfernt sich von mir und geht in die Hocke und zündet eine Rakete an.

Irgendwie kann ich es nicht glauben, ich verschwende nicht mal einen Gedanken daran abzuhauen, zu verwirrt bin ich von dem ganzen hier.

Er zündet die Raketen an, sie gehen nach einander in die Luft, als er die letzte anzündet kommt er schnell zu mir zurück, stellt sich zu mir, so als ob er wusste ich würde nicht abhauen.
Warum hat er manchmal so ein Vertrauen zu mir.

Wir richten beide unsere Blicke hinauf an den Himmel, dann blickt er zu mir herab.

>Frohes Neues, Elaria<

Trainy Day [HS]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt