Ich spüre den kalten dunklen Holzbarkett unter meinen nackten Füßen als ich den Gang hinunter gehe. Harry hat mich im Badezimmer zurückgelassen, damit ich mich alleine umziehen kann. Ich bin froh darüber, ich hätte mich nicht vor ihm ausgezogen, oder noch weiter ausgezogen.
Erst als ich vor seiner offenen Zimmertür stehe, bemerke ich, dass ich doch eigentlich in mein eigenes zurückwollte. Wiederum fällt mir auf, dass er die Badezimmertür einfach offen gelassen hat, baut er Vertrauen auf? Diesen Gedanken schüttle ich enttäuscht und so schnell wieder ab, wie er gekommen ist. Er ist vorsichtig.
Da seine Tür öffen steht, erhasche ich einen erneuten Blick auf seinen Raum, mit diesem großen Bett. Sein Schrank steht offen und als ich den Raum betrete erblicke ich ihn davor. Nur mit einer engen Jeans bekleidet, Oberkörperfrei. Er mustert den Inhalt des Schrankes, als er anschließend ein schwarzes T-Shirt herauszieht. Trägt er nur schwarze T-Shirts? Er zieht es sich mit einer schnellen Bewegung über den Kopf und ich beobachte fasziniert das Spiel seiner Muskeln. Als er den Schrank schließt, bemerkt er mich. Ich in seinem Zimmer stehend, nur mit einem Bademantel bekleidet. Was hatte ich vor?
Als sein Blick auf mir landet, scheint er zuerst erstaunt, dann lächelt er leicht und mein Herz scheint ein Stück zu verrutschen.
>Du bist die nassen Klamotten los?<, richtet er sich an mich.
>J-a<, erwidere ich kurz.
>Gut<, er mustert mich, oder meinen Bademantel, denn er beißt sich dabei auf die Lippe. Mein Herz rast. Was habe ich mir dabei gedacht?
>Schöner Raum<, versuche ich mich aus dieser Situation zu befreien.
>Gefällt er dir?<
>J-a<, bestätige ich.
>Sollte er auch<
Verwirrt hebe ich eine Augenbraue, worauf er nur leicht den rechten Mundwinkel nach oben zieht.
>Du-u hast ein Auge für Farben, ich mag die Töne, auch die Bilder an der Wand sind wunderschön aber so...<
>So was?< unterbricht er mich mit funkelnden Augen, so als hätte ich seine Neugier geweckt.
>So traurig< beende ich.
Erneut legt sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen.
>Ich mag traurige Kulissen<, er zuckt gelassen mit den Schultern, aber ich spüre, dass er darüber nachzudenken scheint.
Ich gehe langsam auf die Bilder zu und betrachte sie näher. Auf einem erkennt man die Spitzen von Tannenbäumen, auf einem anderen wiederum ist eine Brücke zu erkennen. Sie sind alle in schwarz weiß gehalten.
>Du bist talentiert, sie sind ... wunderschön<, ich meine es wirklich, die Bilder sind einzigartig und jedes auf eine andere Weise anziehend und mysteriös ... fast so mysteriös und anziehend wie er. Ich könnte meinen seine Seele spiegelt sich in seinen Bildern wieder. Die Bilder geben mir ein gutes Gefühl, ich mag die Traurigkeit in ihnen, jedoch bedrückt es mich, dass er genau dieses Gefühl widerspiegelt.
Als ich mich von den Bildern abwende und mich zu ihm umdrehe, deutet er mir an zu ihm zu kommen, was ich zögernd tue. Er bewegt sich auf eine Holzkommode neben seinen Kleiderschrank hin und zieht die erste Lade davon auf, ich stelle mich Abstand haltend neben ihn.
In der Schublade erblicke ich unzählige von Umschlagen und Fotos, sortiert und ordentlich übereinander gestapelt. Er zieht die Schublade ganz heraus und vor mir befindet sich eine bemerkenswerte Sammlung von Bildern ... alle schwarz weiß.
>Sind das deine Werke?<, erstaunt haftet mein Blick auf diesen vielen Bildern.
Er nickt und nimmt eines der Bilder von dem Stapel. Manche sind so groß wie ein A4 Blatt, andere wiederum klein wie ein Polaroid.
>Die meisten sind in der Gegend entstanden, ich mag es hier<, gesteht er und ich frage mir wo dieses Hier ist von dem er spricht. Mit meinen Gedanken schweife ich ab und denke über seine Worte nach. Hier. Wo ist hier? Irgendwo im Nirgendwo? Befinden wir uns auf dem Land? In der Nähe einer Stadt? Weit weg von meinem Zuhause? Meinen Eltern? Bestimmt.
Meine Eltern. Fast treibt es mir die Tränen in die Augen. Als ich an sie denke, kommt ein wenig der Wut in mir zurück, jene Wut die ich noch vor einigen Stunden verspürt habe, die Wut auf ihn, diesen Mann der mir meinen Mut und meine Kraft klaut. Und meinen Verstand.
Verträumt mustert er das Bild, auf welchem eine weite Wiese zu erkennen ist, mit Blumen, vielen Blumen und in mir schleicht sich der Gedanke auf, wie dieses Bild wohl in Farbe aussehen würde, mit all den Farben und bunten Tönen der Blumen und das saftige grün der Wiese.
Auf einem Bild das sich in der letzten Ecke der Schublade befindet, mache ich eine junge Frau aus, sie ist wunderschön. Enttäuschung erfasst mich so kalt und hart, dass ich mit einem tiefen Atemzug die Luft anhalte, nur um es mir nicht anerkennen zu lassen. Er jedoch scheint es genau zu bemerken, denn er wendet seinen Blick von der Wiese ab und folgt meinem.
>Meine Schwester<, seine Stimme ist so leise, dass ich leicht zusammenzucke.
>Oh<, entfährt es mir und ich komme mir lächerlich vor, dass ich so reagiert habe. Was ist bloß los mit mir?
>Sie ist wunderschön<, gestehe ich.
>Ja das ... war sie<, murmelt er leise.
Zuerst denke ich dass ich mich verhört habe, aber die bedrückende Stille, die nun im Raum herrscht unterzeichnet seine Worte nochmals.
Sie ist tot. Hart schlucke ich und überlege angestrengt was ich darauf antworten könnte? Es tut mir leid?
>Das ... tut mir leid<, ich muss schlucken und die Worte bleiben mir fast im Hals stecken. Zuerst denke ich, dass er mich gar nicht gehört hat, aber als er mit eiskalter Stimme zu sprechen beginnt bildet sich eine Gänsehaut auf meiner Haut und mir stellt es die Nackenharre auf, sodass ich vor Angst zusammenzucke und das einzige was ich tun kann ist auf das Bild vor mir zu starren, ich wage es nicht, den Blick abzuwenden und ihn anzuschauen.
>Dir muss gar nichts leid tun, du bist nicht schuld daran<, mit einem lauten Knall stoßt er die Schublade vor uns zu und ich zucke erschrocken zusammen. Meine Brust hebt und senkt sich in einem unregelmäßigen Rhythmus. Ich bin nicht schuld daran. Wer dann?, diese Frage wiederholt sich in meinem Kopf, bis ich endlich die Worte finde ihn danach zu fragen. Meine verdammte Neugier.
>Was ist passiert?<, mein Blick haftet noch immer auf der nun geschlossenen Schublade vor mir.
Heiser lacht er auf, erneut treibt es mir einen Schauer über den Rücken. Vielleicht will ich es gar nicht wissen.
>Deine Theorie mit dem Psychopaten, damit liegst du nicht falsch<, erneut lacht er heiser auf, fast so als würde er sich über sich selbst lustig machen. Ich finde es gar nicht lustig, ich habe Angst, Angst vor dem was jetzt folgen wird.
Stille umrundet uns, ich wage es nicht auch nur einen Mucks von mir zu geben. Mein Herz pocht.
Nach einer gefühlten Ewigkeit in welcher ich nur auf die geschlossene Schublade vor mir starre beginnt er zu sprechen, so leise, dass ich ihn fast nicht gehört hätte, wäre dass was er von sich gibt nicht so erschreckend gewesen.
>Ich habe sie umgebracht, beide< murmelt er.
Mein Kopf schnellt zu ihm, mein Herz scheint auszusetzen und ich bin nicht mehr fähig meine Angst vor ihm zu verstecken. Sein Blick fängt meinem, meine aufgerissenen Augen müssen ihm eine Art Bestätigung geben, den er schüttelt lächelnd den Kopf.
Ich entferne mich mit einem großen Schritt von ihm.
>Was hast du getan?<, hauche ich.
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Trainy Day [HS]
Fanfiction„Ich steige hier aus" „Ich auch" „Was für ein Zufall" Kein Zufall Als sich Elaria auf den Weg nach Hause macht , um ihre Eltern zu besuchen, begegnet sie auf dem Bahnhof einem mysteriösen Mann, hätte sie doch geahnt wie eiskalt er ihre Naivität ausn...