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Ich will etwas erwidern aber da hat er schon die Tür hinter sich geschlossen.
Wenn ich jetzt an Frühstück denke wird mir schlecht. Ich hasse es zu frühstücken und mir ist gar nicht danach Essen anzurühren auch wenn es so gut schmeckt wie gestern.

Als er zurückkommt,einen Teller in der einen und ein Glas Orangensaft in der anderen Hand, habe ich mich aufs Bett gesetzt.
Er öffnet die Tür mit seinem Ellbogen, erst da fällt mir auf das er die Tür nicht zugeschlossen hat, er hat sie offen stehen lassen.

Diesmal lässt er die Tür ganz offen stehen und stellt das Teller sowie auch das Glas auf der Kommode ab.
Den Stuhl schiebt er nach vorne, dann deutet er mir mit einer Handbewegung an, zu ihm zu kommen.

Zögernd stehe ich auf und gehe zu ihm, er deutet auf den Sessel und ich setze mich hin und schiebe ihn zurecht. Auf dem Teller liegt ein Toast mit Spiegelei, mir wird schlecht.
Plötzlich fängt sich der Teller vor mir an zu drehen. Mir wird schwindelig, schnell schließe ich die Augen, als ich sie kurz darauf wieder öffne dreht sich noch immer alles.
Als ich merkte, das ich mich übergeben muss, springe ich aus Reflex auf und reiße den Stuhl zurück. Ich achte nicht auf Harry sondern renne eigenständig aus der Tür Richtung Bad.
Er scheint nicht zu reagieren, ich habe ihn überrumpelt, was mir im Moment egal ist, ich brauche die Kloschüssel. Eilig stoße ich die Tür zum Bad auf, da knie ich schon vor der Kloschüssel, ich höre schnelle Schritte, dann verspüre ich Harrys Hand die meine Haare vorsichtig hochhebt und wie er sich hinter mich kniet.

Seine andere Hand verspüre ich an meinem Rücken die dort verweilt.
Als ich mich ein wenig besser fühle, schließe ich schnell den Deckel und greife nach oben um runterzuspülen.

Er lässt meine Haare fallen und die andere Hand lässt ebenfalls ab als ich mich von ihm winde und mich an die Wand vor mir sinken lasse. 

Ich merke das er aufgestanden ist und mir einen feuchten Lappen hinhält.
Als ich kein Anzeichen dafür mache, ihm den Lappen abzunehmen seufzt er und geht vor mir auf die Knie.
Er beugt sich nach vorne und tupft sanft meine Lippen ab.

Als er ablässt, den Lappen neben sich auf den Boden fallen lässt und plötzlich neben mir an der Wand kauert, zucke ich nicht zusammen.

Mein Blick liegt auf dem roten Waschlappen vor mir, ich kann es nicht steuern als mir die heißen Tränen von den Wangen fließen.

Ich will mich nicht so schwach vor ihm zeigen, ich sollte stark sein und gegen ihn ankämpfen, stattdessen kauern wir hier zusammen an der Wand im Badezimmer.

>Ich verstehe nun dass du wohl nicht die größte Frühstück Esserin bist<, was als Witz gemeint war lässt mich nur die Beine an den Körper ziehen. Ich antworte nicht darauf, dass muss ich nicht.
Wenn er denkt es liegt alleine an dem Frühstück, täuscht er sich.

Ich nehme wahr, dass er seine langen Beine ausstreckt und den Kopf nach hinten an die Wand lehnt, seinen Blick auf die Decke gerichtet.

Ich versuche auszublenden, dass er sich neben mir befindet und schließe die Augen.

Zu wissen der Mann der mich entführt hat, sitzt neben mir, lässt mich meine Hände zu Fäusten ballen. Ständig muss ich daran denken, wie ich hätte handeln sollen, wie ich mich verhalten hätte müssen.

Irgendwann lässt der Druck meiner geballten Fäusten nach, mein Kopf knickt zur Seite und das letzte was ich bemerke ist die Hand unter meinen Knien die mich hochhebt und das weiche Bett in das ich sinke.

Als ich erneut aufwache, bin ich zuerst verwirrt und versuche mich zu erinnern wie ich ins Bett gekommen bin, bis mich der Verdacht packt, dass er mich getragen haben muss.

Wie konnte ich nur neben ihm einknicken?

Der Vorhang vor dem Fenster ist zugezogen, mich umhüllen zwei dicke Decken, die ich versuche loszuwerden.

Es ist ziemlich dunkel, der Vorhang lässt das Tageslicht so gut wie gar nicht in das Zimmer scheinen, aus dem Bett zu gelangen gestaltet sich etwas schwieriger.

Als ich das Fenster erreiche, ziehe ich den Vorhang ein Stück zur Seite und ein dünner Lichtstreifen fließt durch den Raum.

Erst da bemerke ich ihn.
Fast zeitgleich schießt sein Kopf nach oben.
Er sitzt am Stuhl, er hatte seinen Nacken nach unten fallen lassen und hat geschlafen, er war hier.

Sein Blick sucht panisch den Raum ab, als er schließlich erleichtert bei mir hängen bleibt.

Kurz starrt er mich einfach nur an, dann senkt er seinen Kopf erneut und reibt sich verschlafen die Augen.

Meine Schultern verlässt die Anspannung und sie sacken nach unten.

Ich frage mich, ob es nicht weh tun muss sich mit solchen Ringen die Augen zu reiben.

Nun steht er auf und schiebt den Stuhl vom Bett weg in Richtung Kommode.
Das Knarren des Holzes lässt mich erneut zusammenzucken.

>Wie fühlst du dich?<, seine raue Stimme klingt verschlafen.
Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er sich zu mir gewendet hat.

>Es ist besser<, ich mache einen Schritt vom Fenster weg, seine Augen verlassen nicht die meinen, erst als ich den Blick abwende räuspert er sich.

>Hast du jetzt Hunger?<, fragt er, es klingt jedoch eher nach einer Ansage.

>I-ch<, sofort unterbricht er mich wütend.

>Du musst etwas essen<, diesmal drückt er es deutlicher aus.

Er wird so schnell wütend, das ich Angst bekomme er könnte mich alleine mit seinem Ausdruck töten.

Oder rein durch seine Anwesenheit.

Kein Mensch hat mich je so eingeschüchtert.
Abgesehen von dieser Situation.

>Ich wü-rde mich gerne zuerst duschen?<, leise und ängstlich wie eine Maus wimmere ich beinahe.
Aus irgendeinem Grund klingt es wie eine Frage.

Er scheint kurz nachzudenken.
>Ja natürlich<, erwidert er nun in einem sanften Ton. Er scheint bemerkt zu haben, dass er überreagiert hat.

Ich warte auf ein Anzeichen von ihm, bis er schließlich mit einer Handbewegung andeutet, ich solle vorgehen.
Langsam gehe ich an ihm vorbei, mein Herz schlägt schnell, vor Angst.

Meine schweißnasse Hand rutscht beinahe an der Türklinke ab.
Ich steuere auf das Bad zu.

>Du kannst dir ruhig Zeit lassen<, höre ich direkt hinter mir, aber seine Stimme verstummt als ich die Tür hinter mir schließe.

Trainy Day [HS]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt