Wiederkehr

9.8K 458 43
                                    

Tobias Welt stand für ein paar Sekunden still. Während alles um ihn herum weiter seinem natürlichen Lauf folgte, dass Gras im Wind wehte und die Vögel in der Ferne zwitscherten, hielt er inne. Ließ diese drei Worte, von denen er niemals geglaubt hatte sie zu hören, auf sich wirken. Sie rissen seine Welt aus den Fugen, nur um sie im nächsten Moment wieder zusammenzusetzen. Sie erschütterten ihn. Berührten ihn. Es war zu viel, als dass er es in Worte fassen konnte. Er wusste nur, dass er vollends und unwiderruflich Elijah verfallen war. Dass er eine Zuneigung für ihn empfand, die er so noch nie für jemanden gespürt hatte. Am liebsten hätte er den Schwarzhaarigen nie wieder losgelassen und wäre für immer in seinen Armen geblieben, die mittlerweile so etwas wie sein Zuhause geworden waren. Aber er wusste, dass Elijah wartete. Er hatte sich bereits viel zu viel Zeit gelassen, um auf sein Liebesgeständnis zu antworten. Doch Tobias zitterte. War überwältigt und sprachlos zugleich, von Elijahs Ehrlichkeit und seinen Gefühlen. Er wusste nicht damit umzugehen, seine Kehle war vor Rührung ganz trocken und wollte es nicht zulassen, dass er das Wort erhob. Also verfestigte er seinen Griff um den Nacken des Alphas und legte seinen Kopf auf die Schulter des anderen, so dass seine Lippen an jenem Punkt am Ende des Halses, kurz über dem Schlüsselbein ruhten, wo Elijah irgendwann sein Zeichen tragen würde. Sanft küsste er diese Stelle, spürte den heftigen Puls unter der dünnen Haut. Die Erkenntnis, dass Elijah genauso aufgewühlt sein musste, wie er selbst, entspannte ihn etwas, nahm den Druck von ihm und ermöglichte es ihm wieder zu sprechen.

„Ich liebe dich auch", antwortete er und schmunzelte, als sich Elijahs Puls noch einmal beschleunigte, so dass man beinahe befürchten musste, dem Alpha würde das Herz bald aus der Brust herausspringen.

„Du bedeutest mir so viel, Elijah. Du hast mich nicht nur gerettet, du hast mir auch neue Hoffnung gegeben, als ich glaubte, sie für immer verloren zu haben. Ich verdanke dir mein Leben und ich kann dir gar nicht sagen, wie dankbar ich dir bin, noch wie sehr ich dich liebe, dafür reichen diese drei Worte eigentlich nicht aus und doch stehen sie für alles, weil du der Einzige bist, dem ich sie schenken möchte."

„Danke", flüsterte Elijah, die Stimme voller Emotionen, was dazu führte, dass sie ihm hin und wieder brach, „Das ist das schönste und wertvollste Geschenk, was ich bekommen könnte."

Da legte sich ein Lächeln auf Tobias Züge, er erstrahlte, unbemerkt, nicht einmal von Elijah, ganz für sich. Er hatte das Licht des Tunnels erreicht, das er sich früher herbeigesehnt hatte, er hatte einen Blick auf die schönen Seiten des Lebens werfen können, etwas, das ihm Kraft gab und die Gewissheit, dass es jetzt wieder bergauf gehen würde. Er war nicht mehr allein, hatte Elijah und somit den stärksten Partner, den er sich vorstellen konnte, um dafür zu kämpfen, dass unter die dunklen Kapitel seines Lebens ein für alle Male ein Schlussstrich gezogen wurde.

„Ich möchte zu einem Teil deines Rudels werden, wenn wir wieder zurück sind", murmelte Tobias. Dies wäre ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Zwar spürte er die Verbindung zu seinem alten Rudel ohnehin kaum noch, sie war so schwach, dass er sogar zu dem Mindlink keinen Zugang mehr hatte, aber trotzdem hatte er sich nie offiziell von dem Rudel getrennt. Er wollte dafür ein Teil von Elijah's Rudel werden, zu ihm und den anderen gehören, die ihm ebenfalls ans Herz gewachsen waren.

„Das freut mich sehr", erwiderte Elijah, „Benjamin wird darüber ganz aus dem Häuschen sein."

„Ich habe das Gefühl, er wird viel eher Luftsprünge darüber machen, dass wir zueinander gefunden haben."

„Da könntest du richtig liegen", antwortete der Alpha lachend, „Dann sollten wir uns beeilen, ich kann seine Reaktion kaum erwarten."

Nur ließ sich dieses Vorhaben schwerlich umsetzen, da Tobias Elijah nicht loslassen wollte und sogar seine Beine um die Hüften des Schwarzhaarigen schlang, um nicht selbst laufen zu müssen. Der Alpha nahm das mit einem Grinsen hin und trug den Omega für den Rest des Tages, bevor sie ihr Lager aufschlugen. Zu ihrem Glück blieben sie auch auf ihrem Rückweg von Schattenwölfen verschont. Während diese Tatsache Tobias fröhlich stimmte, weckte sie in dem Alpha Misstrauen, da dieses Verhalten mittlerweile absolut untypisch für die Schattenwölfe war, doch er teilte dem Omega nichts von seinen Sorgen mit, da er ihn nicht beunruhigen wollte. Vielleicht irrte er sich nur. Vielleicht waren die dunklen Vorahnungen des Alphas unbegründet.

GefangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt