Tobias Kopf sackte nach vorne, kaum dass James ihn losgelassen hatte. Der Biss an seinem Hals fühlte sich furchtbar falsch an, als gehöre er dort nicht hin und der Schmerz nahm ihn noch immer ganz ein. Und dennoch war es nicht das, womit er gerechnet hatte. Irgendwie hatte er geglaubt, dass James und ihn nun eine Verbindung umgeben müsste, etwas, das sie zusammen hielt. Ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, schließlich war der Biss dazu gedacht. Doch er fühlte nichts in diese Richtung. Im Gegenteil. Er hasste James noch immer, sogar mehr als zuvor, falls das überhaupt möglich war. James Grinsen kam indes ins Wanken, bevor es ganz verschwand und einem Ausdruck purer Ratlosigkeit wich.
"Etwas stimmt nicht", murmelte er, "Der Biss müsste sich längst geschlossen haben und einem Mal gewichen sein. Diese Verletzung müsste trotz seiner Schwäche heilen und doch trocknet das Blut nicht."
In der Tat stoppte die Blutung sehr langsam und eine Kruste bildete sich nur mühsam. Nach allem was Tobias über den Biss wusste, hatte James recht. Es müsste anders laufen. Eigentlich müssten sie nun sogar in der Mindlink kommunizieren können, doch als er James ansah und ihn gedanklich verfluchte, zuckten die Mundwinkel des Alphas nicht einmal.
"Es hat nicht funktioniert", stellte Zacharias tonlos fest und sprach somit das Offensichtliche aus.
"Wie soll das möglich sein?", fuhr James seinen Beta an, der diesen Ausbruch gleichgültig hinnahm.
"Ich weiß es nicht. Aber wir wissen ebenso wenig, wie er sich plötzlich in einen weißen Wolf verwandeln konnte. Wir alle haben es für unmöglich gehalten. Vielleicht hat auch dies etwas mit seiner besonderen Blutlinie zu tun."
Tobias Verstand war zu langsam, um die Weite dessen, was gerade passiert war, zu erfassen. Doch er verstand, was es bedeutete. James war nicht in der Lage, ihn an sich zu binden. Er hatte sich nicht zwischen Elijah und ihn stellen können. Der Omega hatte Elijah also nicht verloren. Es schien viel eher unmöglich sie beide zu trennen. Dunkel erinnerte er sich an Namayas Worte, wie sie davon gesprochen hatte, dass ein weißer Wolf sich nur einmal in seinem Leben an jemanden band. Dass er seine Liebe nur demjenigen schenkte, dessen Mate er auch war. Dass Elijah sein Seelenverwandter sei. Noch immer wollte er es nicht glauben, konnte es einfach nicht wahrhaben und konzentrierte sich deshalb ganz darauf, dass er in Elijahs Liebe tatsächlich etwas gefunden zu haben schien, dass ihm niemand nehmen konnte. Etwas, das blieb. Etwas, dass James und den Schatten die Stirn bieten konnte. Dieses Wissen brachte seine Lebensgeister zurück. Er wusste wieder, wofür er kämpfte und dieses Mal war er es, der die gedankliche Verbindung zu Elijah suchte. Er ließ all seine Gefühle in diese Verbindung fließen, seine Erleichterung, seine Verwunderung, seine Liebe. Und die Geborgenheit, die sich daraufhin um ihn legte, war Antwort genug. Elijah hatte ihn gehört. Er war bei ihm. Trotz allem.
"Was machen wir jetzt mit ihm?", fragte Zacharias.
"Wir haben mittlerweile alles ausprobiert. Mir fällt kein Weg mehr ein, um ihn zum reden zu bewegen", gab James zerknrischt zu, "Also wird uns nichts anderes übrig bleiben, als ihn zum Vampirkönig zu bringen. Er sitzt mir wegen dem Jungen ohnehin schon im Nacken und vielleicht bringt er ja das Wölfchen zum Singen."
"Nur ist Tobias im Moment wohl kaum transportfähig", gab der Beta zu bedenken.
"Ein Glück, dass ich über einen so fähigen Beta verfüge", grinste James hämisch, "Du wirst ihn natürlich den Weg über tragen."
Fast hätte der Omega Zacharias dafür bewundert, dass er auch jetzt noch ausdruckslos blieb und James nicht an die Kehle sprang, aber dafür verabscheute er Zacharias zu sehr. Er würde es ihm niemals verzeihen, dass er James vorgeschlagen hatte, ihn zu beißen, auch wenn dieser Versuch scheinbar gescheitert war.
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Gefangen
WerewolfTobias hat mit dieser Welt seit langem abgeschlossen. Den Angriffen und Beleidigungen seiner Rudelmitglieder schutzlos ausgesetzt, gibt es für ihn nichts, wofür es sich zu leben lohnt. Bis auf seinen kleinen Bruder. Um diesen zu schützen ergibt sich...