XIII

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Nachdem Mister Seed mit seiner Standpauke fertig war, hätte mich beinahe in das Zugabteil mit dem Dämon zurückgewünscht. Er war während des ganzen Gesprächs vollkommen ruhig gewesen, aber aus seinen Augen sprach maßlose Enttäuschung und unter dieser Maske aus Missbilligung lag eine schemenhafte Gehässigkeit, die er nicht überspielen konnte. Während des ganzen Gesprächs redete ich nicht viel, sondern nickte größtenteils und sagte Dinge wie: „Ja ich verstehe Mister Seed", oder „Natürlich liegt mir das Wohl unserer Firma am Herzen." Er genoss es förmlich, mir seine Macht über mich zu demonstrieren. Er krönte diese Demonstration damit, dass er mir in einem Anflug gespielter Gutmütigkeit eine letzte Bedenkzeit in Form einer vorübergehenden Beurlaubung von einer Woche gab, und mein Gehalt für diesen Monat um dreißig Prozent kürzte. Das Schlimme an der Sache war, dass er wusste, dass ich ihm dankbar sein musste, weil er mich genauso gut hätte direkt rausschmeißen können. Ich verließ sein Büro und bebte vor Zorn über seine Gehässigkeit und über meine eigene Machtlosigkeit in der Situation. Ich verließ das Gebäude, ohne vorher noch einmal bei Brandy im Büro vorbeizuschauen, denn ich wollte ihm die Situation nicht erklären müssen. Nachdem ich den Firmensitz hinter mir gelassen hatte, lief ich zunächst eine ganz Zeit lang ziellos durch die Straßen und versuchte die Ereignisse und Gedanken in meinem Kopf zu ordnen. Ich hatte mich beinahe aus meinem Job geschossen und musste nur noch nicht meinen Schreibtisch räumen, da mein Chef zu einem Arschloch mit Machtkomplexen mutiert war. Weiterhin hatte ich in den letzten Tagen, für meinen Geschmack, ein paar zu viele und zu potenziell tödliche Besuche im Signum gehabt. Allem Anschein nach würde sicher dieser Umstand in naher Zukunft eher schlimmer als besser werden. Ironischerweise musste ich feststellen, dass ich durch die Beurlaubung keinerlei zeitliche Probleme haben würde, um nach Old Vermont zu kommen. Da mir nichts einfiel, was ich meinen in Zwangsurlaub sonst groß hätte tun können, beschloss ich zurück zu meiner Wohnung zu fahren und im Internet nach günstigen Tickets für eine Reise nach Old Vermont zu suchen. Die Entwicklung der Magnetschwebebahn hatte einen echten Konkurrenzmarkt für die Luftfahrtgesellschaften geschaffen und diese nach ein paar Jahren der Weiterentwicklung und Verfeinerung nahezu vollständig von der Spitze der effektivsten Reisemethoden innerhalb der USA verdrängt. Zwar gab es immer noch vereinzelte Gebiete, in New Mexico oder North Dakota zum Beispiel, die über noch keine Anbindung an die Hochgeschwindigkeitslinie verfügten aber das sollte sich in den nächsten Jahren laut der Präsidentin ebenfalls ändern. Zu Hause angekommen verglich ich auf meinem Laptop die Reisezeiten von Bahn und Flugzeug. Die Effizienz der Erfindung war wieder einmal überraschend. Das Flugzeug brauchte zwar von der reinen Reisezeit her eine halbe Stunde weniger Zeit aber durch die langen Check-in Zeiten der Billigfluggesellschaften war es im Endeffekt doch schneller die Magnetschwebebahn zu nehmen, abgesehen davon, dass ein Ticket mit der Bahn nur etwas über die Hälfte des Flugtickets kostete. Ein weiterer Vorteil der landesweit einheitlichen Vernetzung der Magnetschwebebahn war, dass man keine unterschiedlichen Tickets für unterschiedlich weite Strecken mehr kaufen musste, sondern nur die gefahrene Kilometerzahl für seine Strecke zuzüglich zu dem Gewinnaufschlag der Bahngesellschaft zahlen musste. Dieses Prinzip war ein weiterer Grund für den unglaublichen Erfolg des Systems der Magnetschwebebahn gewesen, den dadurch wurde diese auch für Kurzstreckenpendler attraktiv. Ich buchte mir Tickets für den nächsten Tag um 13:30 Uhr und war laut der Internetseite dann um 16:00 Uhr an meiner Zielhaltestelle in der Nähe des Middlebury State Airport. Von dort aus waren es noch knapp dreiundzwanzig Kilometer bis zu meinem Ziel. Noch während ich die Tickets buchte, keimten in mir die leisen Zweifel an meinem Vorhaben wieder auf. Woher sollte ich wissen, ob sich Seth überhaupt dort befand und selbst wenn er da war, wie sollte ich dann zu ihm gelangen? Bei der Begegnung mit Seth im Signum hatte ich schon gemerkt, dass dieser dort, durch die ihm von Davian verliehene Kraft, nahezu unmöglich zu besiegen war. Auch konnte ich es nicht riskieren den ganzen Weg über durch das Signum auf das Gelände der Firma zu schleichen, denn falls Seth wirklich vor Ort sein sollte, würde er mich schnell dort finden. Es kam mir immer mehr wie eine reine Verzweiflungstat vor, aber irgendetwas musste ich unternehmen. Wenn ich nichts tat, dann würden die Dämonen mich zuerst finden und töten, bevor ich überhaupt irgendetwas hatte ausrichten können. Um mich abzulenken, holte ich meine Pistole aus der Manteltasche und überprüfte sie auf eventuelle Schäden durch den gestrigen Sturz durch das Fenster. Stellenweise wies sie einige kleine Kratzer auf dem schwarzsilbernen Metall auf, doch dies waren nicht mehr als Schönheitsfehler. Keine der eingravierten Runen war durch den Sturz in Mitleidenschaft gezogen worden. Als ich probeweise meine Hand um den Griff legte, um etwas von der dämonischen Macht in die Runen strömen zu lassen, fingen diese die Schwärze vollends auf. Das reichte mir als Funktionsbeweis aus und ich machte mich daran, die Waffe Stück für Stück auseinanderzunehmen und die Einzelteile auf ihre mechanische Funktion hin zu überprüfen. Die Waffe bestand auch diesen Test und ich reinigte alle Teile mit Waffenöl, welches ich vor Jahren einmal gekauft und bei dem Umzug wiedergefunden hatte. Beim Reinigen des Magazins fiel mir auf, dass ich keine weiteren Ersatzpatronen mehr besaß und aufgrund der Tatsache, dass ich vorhatte, auf das Gelände eines der landesweit führenden Sicherheitsunternehmen einzudringen, schien es mir angebracht neben genügend Munition auch ein zweites Magazin mitzunehmen. Auch wenn ich nicht beabsichtige, von meinen Waffen mehr Gebrauch als nötig zu machen, konnte es als eine Art Zusatzversicherung auf jeden Fall nicht schaden. Also machte ich mich, nachdem ich die Waffe wieder zusammengesetzt hatte, auf den Weg zurück in die Stadt, um bei einem der Waffenhändler in den Außenbezirken neue Munition und ein neues Magazin für meine Pistole zu kaufen. Die Munition stellte kein Problem da, trotz der strengeren Regelungen bezüglich des Waffenbesitzes konnte keiner den Amerikanern ihr Recht auf das Tragen einer Waffe und den Erwerb der dazugehörigen Munition verbieten. Beim Magazin gestaltete sich die Sache allerdings etwas schwieriger, da eine Desert Eagle nicht unbedingt dem normalerweise typischen Modell einer Selbstverteidigungswaffe entsprach. In den Waffenhochburgen wie Texas oder Minnesota war selbst die Beschaffung eines Magazin, geschweige den der Munition des Kalibers 50. AE, dem größtmöglichen Kaliber für die Desert Eagle, kein Problem. In New York sah dies allerdings anders aus und so musste ich vier verschiedene Waffenhändler in New York anfahren, um das gewünschte Magazin zu bekommen. Diese Suche kostete mich beinahe über drei Stunden. Am Ende aber fand ich doch noch einen Händler in North Riverdale, der mir ein passendes Magazin für meine Waffe verkaufen konnte. Der Händler war ein älterer Mann, der sein Geschäft auf Spezialanfertigungen ausgelegt hatte und so auch Teile für Waffen besaß, die nach der neuen Gesetzgebung eigentlich nicht in Großstädten geführt werden durften. Nach dieser Gesetzgebung fiel meine Waffe in eine Art Grauzone, da das .44er-Kaliber gerade noch unter die maximal erlaubte Größennorm fiel, man die Waffe aber mit den richtigen Teilen ohne Probleme in ein Monster des Kaliber .50 AE verwandeln konnte. War vor einigen Jahren das Führen eines solchen Monstrums selbst in Großstädten wie New York oder Los Angeles noch vollkommen legitim, war unter Präsidentin Sherman die Waffenlobby so extrem in ihren Rechten beschnitten worden, wie nie zuvor in der Geschichte Amerikas. Zwar erstreckten sich diese Regelungen zum größten Teil nur auf die Großstädte, aber auch in den ländlicheren Gebieten war es wesentlich schwerere geworden vor allem an solche Sturmgewehre zu kommen, die zuvor noch als sogenannte „Home Defence Rifles" eingestuft wurden. Die Präsidentin hatte mit einer Welle des Protests zu kämpfen und gut finanzierte Einwände vonseiten der High Society, in deren Mitte ebenfalls ein beträchtlicher Teil der National Rifle Association saß, hätten den Gesetzentwurf beinahe gekippt. Glücklicherweise hatte ein großer Teil der amerikanischen Bevölkerung aus den vermehrt auftretenden Amokläufen in den Jahren vor dem Boom gelernt und so ein Durchkommen des Gesetztes ermöglicht. Amerika war immer noch eine Nation voller Waffenfanatiker, aber deren Höhepunkt war mit diesem Gesetz vorübergegangen. So war es beinahe 18:00 Uhr, als ich den kleinen Laden in der Fieldston Road verließ. Ich beschloss auf meinem Heimweg noch kurz im Supermarkt vorbei zu fahren und einige Lebensmittel einzukaufen, etwas, was ich in den letzten Tagen immer wieder vor mir hergeschoben hatte und stattdessen auswärts essen gegangen war oder gar nichts gegessen hatte. Nachdem ich in Greenwich Village aus der Bahn gestiegen war, steuerte ich einen kleinen Supermarkt in der Nähe meiner Wohnung an. Während des Einkaufens überkam mich, wie schon am Abend zuvor das absurde Gefühl eines normalen Lebens. Ich schritt mit meinem Einkaufswagen durch die Reihen des Ladens und wie die ganzen anderen Menschen um mich herum begutachtete ich den Inhalt der Regale und hielt nach Angeboten Ausschau. Ich fühlte mich fehl am Platz und ich fragte mich, wie zur Hölle ich es die sieben Jahre zuvor geschafft hatte mir ein normales Leben vorzulügen. Die Hetzjagd, die Dämonen in meinem Nacken, sie zeigten mir wieder einmal mein wahres Leben. Ich verließ den Supermarkt mit meinen Einkäufen und machte mich auf den Weg zu meiner Wohnung. Als ich an Lizas Tür vorbei kam, musste ich wieder an sie denken. Sie war die Verkörperung meines Traumes nach einem normalen Leben, einem perfekten Leben mit einer Familie und ohne die Gefahr von übernatürlichen Kräften, die nach meinem Leben trachteten. Ließen sich diese zwei Welten überhaupt vereinen? Ich wischte den Gedanken beiseite und machte mich daran mir Abendessen zuzubereiten, doch so ganz wollte es mir nicht gelingen, den Gedanken an ein normales Leben aus meinem Kopf zu verdrängen, auch wenn es Wunschdenken war. Während des Essens verfolgte ich im Fernsehen die Zusammenfassung des letzten Spiels der Nets an, die zur Abwechslung einmal gewonnen hatten. Nachdem ich fertig gegessen hatte, holte ich das neue Magazin und setzte es probeweise in die Waffe ein. Es passte ohne Probleme und so lud ich beide Magazine voll. Ich verstaute das Ersatzmagazin in der Innentasche meines Mantels und ging nach oben, um mich Schlafen zu legen. Die letzten Tage hatten mir nicht viel Schlaf gegönnt und ich war hundemüde. Die Pistole nahm ich mit nach oben und legte sie neben meinem Handy auf den Nachttisch, ich wollte meine Nachlässigkeit der letzten Tage nicht weiter fortführen und sie irgendwo in meinem Haus herumfliegen haben, falls ich des Nachts doch noch ungebetenen Besuch bekommen sollte. Ich schaltete die Nachttischlampe aus und verfiel nach kurzer Zeit in einen ruhigen Schlaf.
Das Geräusch meines Handyweckers am nächsten Morgen klang ungewohnt und fremd, was aufgrund meines, in den letzten Tagen eher untypischen Schlafrhythmus und der nächtlichen Aktivität nicht verwunderlich war. Zudem erinnerte er mich an die Zeit vor dem ganzen Chaos, in dem sich mein Leben nun befand, ich tat mich immer noch schwer damit mir selbst einzugestehen, dass dieses „Chaos" eigentlich der Normalzustand gewesen war, bevor ich nach Amerika gekommen war. Im Bad studierte ich mich eingehend in dem riesigen Spiegel, wie ich es in den letzten Tagen so oft getan hatte. Es hatte etwas Meditatives und es war erfreulich mal wieder einen Tag zu haben, an dem der Körper sich nicht unter Schmerzen meldete oder so aussah, als ob man sich mit einem ausgewaschenen Bären angelegt hätte.
Mein Frühstück fiel, dem englischen Stil gerecht, sehr reichhaltig aus und ich genoss jeden Bissen. Wenn man schon auf eine Selbstmordmission ging, von der man nicht einmal wusste, ob man ihr Ziel überhaupt erreichen würde, dann konnte man dies genauso gut mit einem vollen Magen tun. Als ich mich gegen kurz vor 12:00 Uhr daran machte meine Sachen zusammenzusuchen, wurde mir bewusst, dass ich mit der Entscheidung die Bahn zu nehmen ein weiteres Problem umgangen hatte, an das ich vorher nicht gedacht hatte. Durch die Reise mit der Bahn war es kein Problem meine Waffe mitzunehmen. Beim Hinaustreten in den Flur stand ich Liza gegenüber. Sie war anscheinend mit Alice Joggen gewesen, denn Sie trug eine lange schwarze Laufhose, ein dazu passendes Oberteil in neongrün sowie schwarze Laufschuhe. Ihr Haar hatte Sie zu einem Pferdeschwanz nach hinten gebunden. Alice trottete hinter ihr her und hechelte etwas außer Atem vor sich hin. Als der Hund mich erblickte, kam er neugierig zu mir hinüber getrottet und schnüffelte an meiner Hand. Liza und ich standen ein paar Sekunden lang regungslos voreinander im Flur, während Alice zwischen uns stand und interessiert von einem zum anderen schaute. Dann fing Liza an zu lächeln und machte ein paar Schritte nach vorne, fasste Alice am Halsband und schob sich an mir vorbei durch den Flur zu ihrer Wohnungstür. Als sie auf gleicher Höhe mit mir war, beugte sie sich kurz nach vorne und ich spürte die Wärme ihres vom Sport verschwitzten Körper. Sie verharrte einen kurzen Moment und flüsterte mir dann ins Ohr: „Pass auf dich auf Athan. Mach keine Dummheiten." Dann ging sie weiter und verschwand in ihrer Wohnung. Ich stand völlig perplex im Flur und versuchte zu verstehen, wie das was gerade passiert war, einen halbwegs logischen Sinn ergeben sollte. Mein Gehirn war damit leider etwas zu überfordert und versuchte dennoch eine logische Antwort zu finden während, ich zur Bahn ging. Der logische Schluss meines Gehirns blieb aus und so befasste ich mich den größten Teil der Fahrt wieder einmal damit über Liza nachzudenken. Dieses Lächeln im Flur, es hatte Wärme ausgestrahlt. Die Besorgnis hinter ihrer spielerischen Bitte auf mich aufzupassen war unverkennbar gewesen. Dieser kurze Moment hatte mir die Hoffnung auf das perfekte Leben aus meiner Vorstellungskraft wiedergegeben. Ich wurde aus meinen Gedanken geholt, als die Bahn um Punkt 16:00 Uhr am Middlebury Airport hielt. Ich stieg aus und steuerte in Richtung der Parkplätze, die für den Airport reserviert waren. Der Airport an sich war eigentlich mehr ein Flugplatz als ein richtiger Flughafen. Er besaß nur eine Rollbahn und verschwand in der grünen Landschaft rund herum. Neben der Rollbahn befanden sich ein paar zusammengedrängte Gebäude, unter anderem ein kleinerer Hangar, in dem maximal Platz für zwei bis drei kleine Propellermaschinen war. Die größeren Linienflüge, die vereinzelt den Platz ansteuerten, wurden hier lediglich aufgetankt und flogen dann weiter zu einem der größeren Flughäfen wie dem Burlington Airport oder dem Rutland Southern Vermont Regional Airport. Ich suchte nach dem Schild für die Taxihaltestelle und wurde schnell fündig. Direkt neben dem Parkplatz war ein kleines blaues Schild mit dem Schriftzug „Taxi Parking Slots" aufgestellt. Unglücklicherweise waren die daneben liegenden Parkplätze alle leer. Unschlüssig stand ich auf dem beinahe leeren Parkplatz und schaute mich um. Ich hatte zwar grundsätzlich kein Problem mit einem kleinen Spaziergang, aber die fast dreiundzwanzig Kilometer bis zu meinem Ziel wollte ich dann doch lieber in einem Fahrzeug und nicht zu Fuß zurücklegen. Ich schlenderte in Richtung des Gebäudes, welches mir wie das Terminal erschien, um mir die Ankunftsliste der Flüge anzuschauen. Eventuell hatten die Taxifahrer sich hier auf die Flugzeiten eingestimmt und fuhren nur noch zu Stoßzeiten den Flughafen an. Ich hoffte, dass sich angesichts der angrenzenden Bahnstation überhaupt noch ein Taxi sich in diese Gegend verirren würde. Ein Blick auf die Anzeigetafel in einer Ecke des Terminals sagte mir, dass der nächste Flug erst gegen 17:30 Uhr landen würde. Es war eine Maschine aus Montreal, die hier einen Zwischenstopp auf dem Weg nach Baltimore einlegte. Ich besorgte mir im Kiosk einen Kaffee und ein Sandwich und setzte mich auf einen Platz im Wartebereich, von dem aus ich den Taxistand draußen einsehen konnte. Gegen 17:00 Uhr hatte ich Glück und ein einsames Taxi erschien auf dem Parkplatz. Der Fahrer schaute etwas erstaunt, als er mich zielstrebig und ohne Gepäck auf sein Fahrzeug zugehen sah, und war sichtlich irritiert, als ich ihm mein Ziel nannte, welches sich in etwa zwanzig Kilometer entfernt befand. Ich erklärte ihm, dass ich einen Freund besuchen würde und er stellte keine weiteren Fragen. Angesichts der Tatsache, dass sich mein Ziel in relativer Nähe befand und der Taxifahrer sich anscheinend erhoffte noch einen Passagier des um 17:30 Uhr landenden Fluges zu erwischen, verlief die Fahrt recht kurz und rasant. Ich stieg vor dem Haus, dessen Adresse ich dem Fahrer als die Adresse meines vermeidlichen Freundes genannt hatte, aus und gab ihm ein etwas größeres Trinkgeld für die schnelle Fahrt. Der Fahrer war ein älterer Mann um die sechsundsechzig Jahre. Er war zu alt gewesen, um von dem wirtschaftlichen Aufschwung, den der große Boom gebracht hatte, etwas mitzubekommen und hatte höchst wahrscheinlich auch vor dem Boom einen eher schlecht bezahlten Job gehabt. Nun war er dazu verdammt in einer Gegend abseits der Großstädte Taxi zu fahren, um seine schmale Rente aufzubessern. Er bedankte sich für das Trinkgeld und verabschiedete sich höflich von mir, bevor er wendete und wieder in Richtung des Flughafens verschwand. Die Dämmerung, die schon bei meinem Ausstieg aus der Bahn begonnen hatte einzusetzen, war inzwischen der vollkommenen Dunkelheit gewichen, die sich nun über die grünen Felder und Wälder rings um mich herum ausbreitete. Die Rücklichter des Taxis waren nach ein paar Minuten verschwunden und ich machte mich auf den Weg die Straße hinunter und meinem Ziel entgegen, welches sich nun noch etwa drei Kilometer von mir entfernt befand.

The Demons MirrorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt