7 - Das kann nur ein schlechter Traum sein

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Es hatte etwas länger gedauert als eine Stunde, dann fuhr mein Vater in eine Seitenstraße, die sich durch Felder schlängelte. Die Landschaft war schön, und ich hätte sie auch sicher genossen, wenn am Ende des Weges nicht eine Irrenanstalt auf mich warten würde. Eine, in die ich weder wollte, noch hin gehörte.
Der Sommer hatte erst gerade angefangen und bereits standen die ganzen Bäume und Wiesen in voller Blüte. Ich mochte Blumen, aber heute heitert mich nichts mehr auf.
Zwar waren meine Tränen getrocknet, weil einfach keine mehr übrig waren, aber stattdessen waren Kopfschmerzen geblieben.
Als die asphaltierte Nebenstrasse zu einem grossen, mit Kies ausgelegten, Vorplatz wird, hat meine Laune den endgültigen Tiefstand erreicht.
Ich hatte kapituliert. Ich würde in die Irrenanstalt gehen und ihnen beweisen, dass ich nicht verrückt war. Und dann könnte ich nachhause gehen und stattdessen Mara in die Klinik schicken. Denn die gehörte hier ganz sicher hin.
Das Gebäude ist schön. Alt und von Moos und Efeu verwachsen, aber wunderschön. Es löst ein heimeliges Gefühl in mir aus, als mein Vater vor dem Eingang hält.
Auch wenn ich es nie zugeben würde, es gefällt mir auf den ersten Blick. Ich werde genau das tun, was mein Vater gesagt hatte. Ferien. Ich würde allen beweisen, dass es mir blendend ging und nach zwei Wochen Ferien wieder verschwinden.
Als ich aber die vergitterten Fenster sehe, wird meiner Motivation ein jäher Dämpfer verpasst.
Es ist nicht nur irgendeine Irrenanstalt. Es ist eine geschlossene! Bevor ich es zurück halten konnte, kommt mir ein glucksen über die Lippen.
Die machten mich mit ihrem Verhalten noch verrückt!

"Steig aus, Kim.", bat mein Vater mich. Ich sass nur da und starrte ihn an.
Seit mein Vater die Autotür geöffnet hatte, hörte ich Stimmen. Das war mir unheimlich und ich wurde wieder nervös.
"Bitte, Schätzchen, mach es nicht noch schwerer als es sonst schon ist.", bat er mich. Aber seine Tonlage war nicht ganz so sanft wie seine Wortwahl.
Ich schüttle verzweifelt den Kopf. Mein Entschluss von vorhin hatte sich in dem Moment in Rauch aufgelöst, in dem ich die Fenster gesehen hatte.
"Es ist nur zu deinem Besten, du wirst es verstehen. Nun komm schon!" Ich schüttle noch immer stur den Kopf. Als ob ich ihm das abkaufen würde. Ihm ging es doch nur um Mara. Mara, die ganz eindeutig verrückt war und jetzt an ihrer Stelle in die Klinik sollte.
Mein Vater seufzt, packt mich am Oberarm und zieht mich aus dem Wagen. Ich bin zu paralysiert, um mich zu wehren.
Das kann nur ein schlechter Traum sein!

Leise ApfelblütenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt