Angestrengt versuchte Magery durch den Mund zu atmen, als sie sich an dem fischig riechenden Austernstand des Marktes vorbei drängte.
Wo man auch hinsah blitzten schillernde Steine, edle Stoffe, polierte Früchte und glänzende Perlen in sorgsam geflochtenen Körben auf. Händler schrien ihre Angebote über den weiten Platz und Kinder zerrten ihre Mütter von einem Stand zum nächsten. Trotz des Gedränges fühlte Magery eine Unbeschwertheit, die sie seit langem nicht mehr verspürt hatte. Eine der höhergestellten Haushälterinnen war am morgen in ihr Zimmer gepoltert und hatte sie mit der Aufgabe betraut, zehn neue Wachskerzen für die Gemächer der Königin zu erwerben. Der Engländerin war das eine willkommene Abwechslung zu der täglichen Arbeit in der dunklen Schmiede und dem harten Kampftraining der letzten Wochen. Am liebsten hätte sie sich für einen Moment auf eines der massiven Holzfässer gesetzt und ihren Blick in dem bunten Treiben versinken lassen. Doch dazu blieb keine Zeit. Denn man hatte der Engländerin einen Jungen mitgeschickt, der ihr tragen helfen sollte und nun so flink durch die Menschenmenge hindurch huschte, dass Magery ihn zu verlieren befürchtete. Die Adelige vermutete, dass man ihm nur aufgetragen hatte sie zu begleiten, damit jemand ein Auge auf sie hatte. Auch wenn es ein kleines war, dass sich von jedem zweiten Gebäckstand ablenken ließ. Die Adelige kannte den Jungen. Es war der selbe, der ihren Geschichten auf dem Kampfplatz gelauscht hatte."Komm schon Magery! Wir müssen uns beeilen, bevor alle Kerzen ausverkauft sind.", hetzte er und krabbelte flink unter einem Wagen hindurch, der zwischen zwei streitenden Wikingern geparkt war. Ringsherum lagen goldene Kartoffeln im Schlamm, die wahrscheinlich die Ursache für das Ärgernis waren. Magery zog den Bauch ein während sie sich an den wild gestikulierenden Männern vorbei schob und alles daran setzte nicht auf dem Gemüse auszurutschen.
Als sie den nach Honig duftenden Stand erreichte, wartete das zottelige Kind bereits auf sie. Doch als Magery gerade ein paar Taler aus dem Lederbeutel nehmen wollte, machte der Junge einen Satz und versteckte sich hinter ihrem Rockzipfel."Nicht bewegen.", zischte er angespannt. Der Körper der Engländerin verkrampfte sich instinktiv. Vor wem versteckte sich der Junge? Vorsichtig drehte sie sich ein wenig und lugte seitlich über ihre Schulter. Doch als Magery sah, was aus dem vorlauten Jungen ein verschüchtertes Häschen gemacht hatte, musste sie leise lachen. Am Stand gegenüber saß ein Mädchen mit honigblonden Haaren. In der Schürze ihres Kleides lagen weiße und gelbe Blütenköpfe, aus denen sie sorgsam einen Kranz flechtete.
"Kennst du sie?", fragte Magery schmunzelnd zu dem Jungen herunter, der sich noch immer hinter ihrem Rockzipfel verborgen hielt.
Er nickte, wobei seine zotteligen Haare wild um seinen hochroten Kopf flogen.
"Sie heißt Skadi. Sie trainiert manchmal mit uns auf der Lichtung."
"Und hast du schon mal mit Skadi gesprochen?"
"Nein. Ich glaube auch nicht, dass sie mich kennt. Bin ihr noch nie aufgefallen."
Während er das sagte, sah der struppige Junge so unbeschreiblich niedergeschlagen aus, dass Magery sich zusammenreißen musste ihn nicht in die Arme zu schließen."Weißt du Erik...du heißt doch Erik oder? Vielleicht müssen wir da ein kleines bisschen nachhelfen.", sagte die Engländerin zwinkernd, während sie die Kerzen sorgsam in einen Korb legte.
Als sie etwas später in der Schmiede ankamen war diese wie vermutet leer. Askur hielt nicht viel von Arbeit in den frühen Morgenstunden.
"Setz dich schon mal auf den Schemel."
Erik tat wie ihm geheißen und trottete zu dem hölzernen Hocker. Magery folgte ihm wenig später, beladen mit einer ganzen Reihe von verschiedenen Messerarten, die sich unter Askurs Werkzeugen befanden.Der Junge fragte nicht einmal was sie vorhatte, sondern blieb ruhig sitzen, als die Engländerin die erste verfilzte Sträne seines Haupthaars abschnitt. Weitere folgten, bis ihm seine braune Mähne gerade noch so bis über die Ohren reichte. Dann wechselte Magery das Werkzeug zu einer deutlich kleineren aber auch schärferen Klinge, mit der sie die Seiten kurz scherte. Als sie ihr Werk nach zwei weiteren Klingenwechseln betrachtete war sie mehr als zufrieden. Hätte man dem Jungen eine Tunika mit dem goldenen Löwenemblem angezogen, so wäre er einem englischen Adelsjungen zum verwechseln ähnlich gewesen.
Aber Erik schien das nicht zu stören, als er sich mit glänzenden Augen in einem Eimer voll Wasser bewunderte.
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Ruthless (Ivar, Vikings)
Romance[Ivar Fanfiction, Vikings] 900 nach Christus, England Sie kamen im Morgengrauen. Niemand wusste woher sie kamen oder wohin sie gingen. Doch wo ihre drachenköpfigen Schiffe am Horizont auftauchten herrschte bald Tod und Verderben. Davon erzählten zum...