Tau besetze Spinnenweben funkelten wie feine Diamantenketten in der Sonne, als Magery von Ivars Einspänner ins Gras der Lichtung stieg. Obwohl der Tag noch jung war, waren sie bei weitem nicht die Ersten, die den Kampfplatz betraten. Überall zwischen den Bäumen sah sie Metall aufblitzen. Dicht gefolgt von den klirrenden Geräuschen aufeinander treffender Klingen, die gepaart mit Vogelzwitscher und Gelächter durch den Wald schallten. Mittlerweile war Ivar ebenfalls abgestiegen und steuerte zielstrebig auf einen Baumstamm zu, der am Rand des Platzes aus dem Boden ragte. Obwohl er über den Boden kroch, musste Magery sehr große Schritte machen, um mit ihm mitzuhalten. Ansich fiel ihr das leicht, da sie ihr schlichtes Kleid in den Morgenstunden gegen eine braune Wollhose und ein rotes Leinenhemd tauschen musste. Allerdings ließ ihr der Gedanke, dass nun jeder die Konturen ihrer Beine sehen konnte, Schamesröte ins Gesicht steigen. Hätte sie sich in England ein einziges mal in Hosen gekleidet gezeigt, so hätte das verheerende Folgen mit sich gezogen, die einem Verstoß gegen die Etikette und damit einem Skandal nahe gekommen wären. Doch hier schien es niemand anstößig zu finden, dass sich eine Frau wie ein Mann kleidete. Als Ivar den Baumstamm erreichte, zog er sich daran hinauf und fokussierte Magery, die unwillkürlich stehen blieb. Seine Nähe war ihr nachwievor unangenehm.
"Gib mir zwei Stäbe."
Sofort eilte Magery zu dem Waffengestell, an dem stumpfe Speere, Äxte und Schwerter lehnten. Ganz außen entdeckte sie zwei lange Holzstäbe, die an Anfang und Ende mit Schnitzereien verziert waren.
"Gib mir einen her. Den anderen behältst du. Halt ihn mit beiden Händen. Ich werde gleich auf deine linke oder rechte Schulter schlagen. Alles was du machen musst ist zu parieren, indem du den Stab gerade nach vorne streckst. Bereit?"
Magerys Herz began wie wild zu pochen, als sie ihre gesamte Aufmerksamkeit in seine Augen legte, um rechtzeitig sehen zu können, auf welche Seite der Krüppel schlagen würde. Plötzlich flammte ein heißer Schmerz in ihrem Bauch auf, der ihr für einen kurzen Moment den Atem raubte und sie wie ein nasser Sack zusammensacken ließ.
"Lektion Nummer eins:
Glaube jemandem der vor hat mit einem Holzstab auf dich einzuschlagen kein Wort."Magery konnte ihn nicht sehen als er sprach. Denn mit dem Gesicht war sie im feuchten Gras gelandet. Dennoch konnte sie ein kleines selbstgefälliges Lachen vernehmen. Dicht gefolgt von Ivars Stock, der sie an der Schulter anstupste. Immernoch keuchend richtete sie sich auf. Diesmal verstärkte sie ihren Griff um das Holz und fokussierte seine tieflblauen Augen, die sie mit einem Ausdruck anfunkelten, den das Mädchen nicht deuten konnte.
Im nächsten Moment sah sie den Knüppel erneut durch die Luft fliegen. Doch es war schon zu spät. Der Schlag traf sie ungebremst am Oberschenkel, woraufhin ihren Lippen ein dünner Aufschrei entwich. Ivar schnalste, drehte die Übungswaffe und zog sie wieder zu sich heran, nur um sie kurz darauf erneut nach vorne schnellen zu lassen und das Mädchen hart an der Schulter zu treffen. Magery taumelte zurück und ließ den Stock fallen, um die Handfläche auf die schmerzenden Stelle zu pressen. Anscheinend hatte sie sich auf die Zunge gebissen, denn der metallische Geschmack von Blut benetzte ihren Mund. Sie hustete.
"Ich dachte du wolltest mir beibringen zu kämpfen und mich nicht halb tod prügeln!", zischte Magery doch verstummte im nächsten Augenblick. Es schien als würde der Schmerz ihr klares Denken vernebeln, so mit einem Wikinger zu sprechen. Unsicher schaute sie ihn an. Doch Ivar schmunzelte nur.
"Wenn ich deinen Tod wünschen würde, dann wäre mir mit Sicherheit etwas originelleres eingefallen, als dich mit einem Stock zu hauen."
Magery schluckte.
"Du machst immernoch genau den gleichen Fehler, wie an dem Tag als du Hvitserk angegriffen hast."
Die Grafentochter erinnerte sich noch zu gut an den Moment, als sie nach der Waffe des gefallenen Soldaten gegriffen und nach ihrem Peiniger geschlagen hatte.
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Ruthless (Ivar, Vikings)
Romantizm[Ivar Fanfiction, Vikings] 900 nach Christus, England Sie kamen im Morgengrauen. Niemand wusste woher sie kamen oder wohin sie gingen. Doch wo ihre drachenköpfigen Schiffe am Horizont auftauchten herrschte bald Tod und Verderben. Davon erzählten zum...