Kapitel 26

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„Wir sind fertig fürs erste. Hauen Sie ab", seufzt Splint plötzlich laut in den stillen Klassenraum hinein.

Es ist Montagmorgen und alle meine Kameraden öffnen blinzelnd und verwirrt die Augen. Normalerweise unterbricht die Klingel Splint bevor er uns entlässt. Haben wir den Gong verpasst?

Ich schaue mich um und rücke die Brille auf meiner Nase zurecht, als ich auf die Uhr schaue.

Wir haben tatsächlich noch fast zehn Minuten, bis es klingeln würde.

Und obwohl Splint uns gesagt hat, dass wir gehen sollen, bewegt sich erst einmal keiner. Splint hat den rechten Ellenbogen auf dem Pult aufgestützt und reibt sich mit Daumen und Zeigefinger über den Nasenrücken. Als ihm die anhaltende Ruhe im Raum auffällt, hört er damit auf und schaut über seine Finger in die Runde.

„Sind Sie taub? Rede ich undeutlich? Sie sollen gefälligst verschwinden!"

Meine Augenbrauen schießen in die Höhe und noch für eine Sekunde ist es ganz ruhig, dann traut sich als erster jemand in der letzten Reihe langsam aufzustehen. Splint quittiert das nur mit einem müden Blick und keiner erneuten Standpauke.

Also schieben noch andere vorsichtig ihre Stühle zurück und auch ich traue mich endlich von meinem Stuhl zu rutschen. Ich hebe meine Tasche auf und schiebe meinen Stuhl wieder heran.

Als ich aufblicke schaue ich in das grinsende Gesicht von Matt. Ich erwidere das Grinsen mit einem kleinen Lächeln und dann gehen wir hintereinander und immer noch ganz brav leise aus unserer Reihe heraus und folgen dem kleinen Strom von Campern auf den Flur hinaus.

„Irwin."

Ich beiße mir auf die Lippe und drehe mich langsam um. Matt steht noch direkt hinter mir und verzieht das Gesicht. Ich schaue aber an ihm vorbei zu Splint, der noch an seinem Pult sitzt und das Einzige, was zeigt, dass er mich tatsächlich angesprochen hat, ist wie er leicht zur Tür herüberschielt.

„Soll ich draußen warten?", flüstert Matt mir zu.

Ich nicke und schenke ihm ein halbes Lächeln. Dann schiebt er sich an mir vorbei und auch die letzten paar Leute, die noch drin sind, gehen an mir vorbei, während ich an der Tür warte, dass Splint mir neue Anweisungen gibt.

Erst als die Tür hinter dem letzten ins Schloss fällt, dreht Splint sich zu mir um und seine Augen mustern mich wach und aufmerksam.

„Was ist passiert?", fragt er mich und ich runzle die Stirn.

„Hm?", gebe ich zurück und erinnere mich eine Sekunde später wieder an meine gute Erziehung: „Wie bitte?", versuche ich es nochmal und meine Wangen erwärmen sich ein bisschen.

„Sie hatten heute die Aufmerksamkeitsspanne eines aufgeregten Welpen", meint Splint.

„Wa-?", beginne ich und ich spüre die Hitze immer weiter in mein Gesicht kriechen.

Ich war heute wirklich nicht soooo konzentriert...

Aber woher weiß Splint das?

„Ich dachte, sie lesen unsere Gedanken nicht während des Unterrichts?", frage ich mit gerunzelter Stirn.

Splint rollt mit den Augen: „Oh bitte... Manchmal kann man euch nicht ignorieren. Aber nein, Irwin, kein Gedankenlesen. Ich hab auch Augen im Kopf und hab schon in Para bemerkt, wie abwesend du bist."

Ich beiße mir auf die Unterlippe und senke den Blick auf meine Schuhe.

„Geh", murmelt Splint dann und mein Kopf zuckt nach oben.

„Gehen Sie", wiederholt Splint und dreht sich weg.

„Bis später", murmle ich eine Verabschiedung und drehe mich schnell um. Je schneller ich gehe, desto unwahrscheinlicher wird es sein, dass Splint mich erneut aufhält.

Hoppe Hoppe Reiter... - William James Camp (Mashton FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt