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Die Weihnachtsferien sind vorbei, dass neue Jahr hat begonnen und heute ist der erste Schultag nach den Ferien.

In den letzten zwei Wochen habe ich viel Zeit bei Lydia verbracht. Leider können wir uns immer nur in ihrer Wohnung sehen, was ich immer noch blöd finde. Aber es ist nun mal so und ich habe es akzeptiert. Anderes könnten wir gar nicht zusammen sein. Ich habe angefangen von Lydia als meine Freundin zu denken, aber das kann ich natürlich niemand erzählen. Leider.

Seufzend stopfe ich ein paar Schulbücher in meinen Rucksack. Wenn ich könnte, dann würde ich so weiter machen, wie vor den Ferien und nicht mehr in der Schule aufkreuzen. Jedoch hat Lydia mich so sehr genervt, dass ich es nochmal versuchen soll. Wir wissen beide, dass das zwecklos ist. Ich bin einfach zu faul, um in der Schule irgendetwas zu reißen. Die einzigen Fächer in denen ich nicht total versage sind Sport, Kunst und Englisch, was nicht genügt, um versetzt zu werden.

In der Küche schmiere ich mir schnell ein Brot und belege es mit Käse und Wurst. Mir bleibt nichts übrig, als auf dem Weg zur Schule zu essen, da ich jetzt schon viel zu spät dran bin. In der ersten Stunde habe ich auch noch französisch bei Lydia. Sie wird nicht gerade erfreut darüber sein, dass ich schon wieder unpünktlich bin.

Im Flur schlüpfe ich in meine Converse und nehme mir einen Schal, den ich mir von Lydia ausgeborgt habe. Ich weiß gar nicht, ob sie es überhaupt mitbekommen hat. Vielleicht wird sie sich wieder darüber ärgern, was mich jedes Mal amüsiert, weil sie wütend so sexy ist.

Grinsend verlasse ich die Wohnung und laufe die zehn Minuten zur Schule. Ich komme gerade zum Klingeln an. Das Brot habe ich erst halb gegessen. Gemächlich gehe ich ins Gebäude und zum Klassenzimmer. Die Gänge sind bis auf ein paar vereinzelte Schüler, wie leer gefegt. Wie immer versuche ich mich in den Saal zu schleichen, aber Lydia bemerkt mich.

„Tessa. Zu spät", tadelt sie und deutet auf Ihre Armbanduhr.

„Tut mir leid", murmele ich und schiebe mir das letzte Stück meines Brots in den Mund.

Ich setze mich schnell auf meinen Platz und drehe mich zu Clarissa um, die mich fragend ansieht.

„Seit wann entschuldigst du dich, wenn du zu spät kommst?", will sie von mir wissen.

Ich zucke mit den Achseln. „Ich hab einfach gute Laune", sage ich und hole meine Sachen aus meinem Rucksack.

Man könnte förmlich behaupten, dass ich auf Wolke sieben schwebe seitdem ich mit Lydia zusammen bin und wir das geklärt haben. Obwohl soweit würde ich dann vielleicht auch nicht gehen. Es geht mir einfach gut, weil ich weiß, dass sie da ist.

„Was stimmt mit dir nicht?", murmelt sie und schüttelt den Kopf.

Über die Ferien hat Clarissa ihren Pony dunkelblau gefärbt, was ziemlich cool an ihr aussieht. Ansonsten ist sie noch dieselbe.

Ich antworte nicht auf ihre Frage, sondern drehe mich einfach um. Lydia steht an der Tafel und schreibt ein paar Sätze an. Ich beiße mir fest auf die Unterlippe und beobachte Lydia. Sie sieht unglaublich aus. Ihre langen blonden Haare fallen ihr in sanften Wellen über die Schultern, ihr Lippen ziert ein Lächeln und sieht sie redet gut gelaunt vor sich hin.
Die Stunde vergeht langsam und es klingelt.

„Tessa! Wir müssen über dein zu spät kommen reden", ruft Lydia nach mir.

Grinsend bleibe ich sitzen und warte ab bis alle anderen weg sind. Lydia kommt auf mich zu und setzt sich auf den Tisch direkt vor meinem. Wie gerne ich sie jetzt küssen würde, aber das geht nicht. Es könnte jemand reinkommen und uns erwischen. Ich habe Lydia versprochen, dass ich mich zusammenreißen werde, auch wenn es schwer ist. Ihr scheint es auch nicht gerade leicht zu fallen auf Abstand zu bleiben. Ich sehe es ihr an.

„Du kannst nicht ständig zu spät kommen", beginnt sie und greift nach meiner Hand.

Ich sehe sie an und schüttele den Kopf. Jetzt fällt Lydia auch auf, was sie gerade tun sollte. Schnell zieht sie ihre Hand wieder weg und verschränkt die Arme vor der Brust.

„Komm' morgen bitte einfach rechtzeitig. Tu' mir diesen Gefallen, sonst muss ich dich zum nachsitzen schicken."

„Wenn das Nachsitzen bei dir zuhause stattfindet, habe ich nichts dagegen", flüstere ich leise.

„Tessa", ermahnt Lydia mich.

„Okay, okay. Ich werde versuchen morgen nicht zu spät zu kommen", versichere ich ihr und verlasse dann den Saal.

„Miss Hill scheint ihr Beziehungsproblem über die Ferien gelöst zu haben. Die wirkt ja wie ausgewechselt", erzählt Clarissa mir, die vor dem Raum auf mich gewartet hat.

„Wieso was war denn vor den Ferien?", frage ich nach.

Schließlich war ich die letzten zwei Wochen vor Weihnachten nicht mehr in der Schule. Ich habe null Plan, was da los war.

„Ach Miss Hill war total durch den Wind. Sie hat ständig Dinge vergessen oder verpeilt. Einmal hat sie die Klassenarbeit, die wir an dem Tag schreiben sollten, zuhause vergessen. Sie sah ständig fertig aus und wir haben andauernd Aufgaben aus dem Buch machen müssen. Das war echt scheiße", klärt sie mich auf.

„Oh und wieso denkst du, dass es wegen einer Beziehung ist?"

Wie hat Clarissa sich dass wieder zusammen gereimt? Sie hat andauernd welche von ihren verrückten Ideen.

„Naja zähl' doch einfach mal eins und eins zusammen. Erst hat sie einen riesigen Knutschfleck am Hals und dann ist sie plötzlich ein wandelnder Zombie."

„Mhm", gebe ich von mir und sage nichts weiter dazu.

Lydia hat mir nie erzählt, dass es so schlimm war. Wenn es sogar den Schülern aufgefallen ist, muss es echt mies gewesen sein.

„Ach ja, Simon hat mich die ganze Zeit nach dir gefragt. Was läuft da zwischen euch?"

Scheiße, den habe ich ganz vergessen. Seitdem ich Simon im Kino geküsst habe, habe ich nichts mehr von mir hören lassen.

„Zwischen uns läuft nichts", lüge ich.

„Simon scheint das anders zu meinen. Er hat gemeint, dass du ihn geküsst hast", meint Clarissa.

Hätte er das nicht für sich behalten können?
Ich muss dringend mit Simon reden. Am besten so bald wie möglich. Es wäre unfair ihn so im Regen stehen zu lassen. Normalerweise könnte es mir egal sein, aber ich mag Simon wirklich. Er ist ein guter Freund.

Silent kissesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt