Freetime

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Ich wusste nicht, ob das gut gehen würde. Elena und ich? Nie im Leben wäre ich darauf gekommen. Ich wäre nicht einmal auf die Idee gekommen, dass sie die ganze Zeit verheiratet war und allen nur etwas vorgemacht hat. Kein Wunder, warum sie das nicht veröffentlicht hat. Nachdem sie gegangen war, ging ich zu meinen Kindern. Ich würde mehr Zeit mit ihnen verbringen, bis die Babys da wären. Sie sollten nicht das Gefühl haben, dass sie mir egal wären. Ich würde dafür meinen morgigen Auftritt ausfallen lassen, besser gesagt, an einen anderen Ort verlegen. Warum sollte ich denn jetzt nicht schon Zeit mit den beiden verbringen? Ich ging in Leonias Zimmer und sah sie zusammen auf dem Bett sitzen. "Na, was macht ihr denn so?" Sie sahen mich beide mit großen Augen an, sie waren überrascht, mich zu sehen. "Mummy", Maxi sprang auf und schloss seine kleinen Patschehändchen um mich. Leonia lächelte mich nur an, für sie war es immer noch etwas merkwürdig, mich als ihre Mum zu bezeichnen, was ja nur verständlich war, wenn man bedachte, dass ich für knapp drei Jahre nicht relevant in ihrem Leben war. "Wir spielen Mensch ärgere dich nicht." Natürlich taten sie das, das war schon, als ich kleiner war, mein Lieblingsspiel. "Was haltet ihr davon, wenn ich mitspiele?" Leonia schaute mich verdutzt an. "Hast du nichts zu tun?", wollte sie wissen. Sehr wahrscheinlich hatte, bis jetzt, sonst niemand mitten am Nachmittag Zeit für sie gehabt. Ich schüttelte den Kopf und symbolisierte ihr, dass ich Zeit für sie hatte. "Für euch nehme ich mir alle Zeit der Welt." Okay, in den letzten Wochen ging alles drunter und drüber und die beiden mussten darunter leiden, aber ich würde alles aufgeben, nur damit es ihnen gut ginge. "Natürlich darfst  du mitspielen", meinte sie dann schließlich und stellte die Figuren neu auf. "Habt ihr Lust auf etwas Süßes?" Mir war gerade sowas von danach. Meine Kinder schauten mich begeistert an. Hätte ich sie etwas besseres fragen können? Nein, nie im Leben. "Soll ich uns kurz etwas holen und ihr wartet noch auf mich?" Fragte ich sie und sie nickten. "Mum, kann ich mitkommen?" rief mir Leonia nach, als ich fast aus dem Zimmer gegangen war. Mein Herz strömte über vor Glück. Leonia hatte mich noch nicht oft Mum genannt, seit ich wieder hier war. "Natürlich, mein Schatz." Ich streckte ihr meine Hand entgegen und küsste sie auf die Stirn. Mein Baby, meine älteste Tochter. Wie konnte ich sie nur jemals alleine lassen? Ich wusste es nicht. Zumindest nicht in diesem Moment. Wir liefen schweigend nebeneinander her, ließen unsere Hände aber nicht los. Als wir bei der Küche angekommen waren, beugte ich mich zu ihr hinab und fragte sie, welche Süßigkeit sie denn haben wollte. Sie antwortete mir, es wäre ihr egal, Hauptsache, sie konnte ein wenig Zeit mit mir verbringen. Ich war so gerührt, dass mir fast die Tränen gekommen wären und nahm mir vor, ab heute viel mehr Zeit mit ihr und Maxi zu verbringen, egal, was es kostete, meine Kinder waren das Wichtigste. Wir nahmen normale Gummibärchen und gingen zurück zu ihr ins Zimmer. "Es tut mir leid, kann ich euch noch ganz kurz alleine lassen, ich muss auf die Toilette." Das stimmte zwar nicht, aber ich musste wirklich ganz dringend noch wohin. Und zwar zu Stefan. Ich würde ihm nicht erzählen, was Elena und ich ausgemacht hatten, was wir verfolgten, was ich ihm aber erzählen würde, war, dass ich morgen den Termin verschieben musste. Er und ich würden mit den Kindern in einem Park in Kopenhagen spielen. Sie sollten ein paar soziale Kontakte knüpfen. Vielleicht würden wir Leonia auch in einer Vorschule anmelden und Maxi in dieselbe Einrichtung geben. Ich stand vor Stefans Büro und klopfte, er rief "Herein" und ich trat ein. Anstatt mich mit Worten zu begrüßen, küsste er mich vor allen Leuten auf den Mund. "Hey", mein Mund hatte sich zu einem Lächeln verzogen, aber ich war ein wenig verwirrt. "Was sollte das?" Flüsterte ich ihm ins Ohr. "Ich erkläre es dir später." Abermals küsste er mich. "Wir müssen reden", rückte ich nach einer Ewigkeit mit der Sprache heraus. "Geht das auch heute Abend?" Wenn er mich nach jedem Satz küsste, wie es gerade der Fall war, dann würde etwas passieren, das schon dreimal zu Schwangerschaften geführt hatte. Außerdem wollte er das doch nicht vor allen seinen Beratern zum Ausdruck bringen. "Okay, wir reden heute Abend", willigte ich ein. Meine Klopause sollte schon längst vorüber sein. Er nickte, küsste mich noch ein letztes Mal und streichelte meinen Bauch. Ich ging wieder zurück zu den Kindern und sie zockten mich jedes Mal ab. Die Zeit verging wie im Flug und das Abendessen, das heute zum ersten Mal so richtig ausgelassen war, ebenfalls. Nachdem Abendessen begleitete ich noch unsere Kinder in ihre Zimmer, las ihnen jeweils eine Gute-Nacht-Geschichte vor, bis sie eingeschlafen waren. Bevor ich ihre Zimmer verließ, gab ich ihnen einen Kuss auf die Stirn. Anschließend machte ich mich auf den Weg zu meinem Gatten. "Worüber wolltest du reden?", fragte er mich, als er mich schon aus dem Augenwinkel sah. Ich schlenderte gemächlich auf ihn zu. "Weißt du, wie viel Zeit wir beide in letzter Zeit mit unseren Kindern verbracht haben? Und sag jetzt nicht, ich würde den ganzen Tag über mit ihnen zu tun haben, nur weil ich schwanger bin." "Ganz ehrlich, ich war drauf und dran, das zu sagen. Aber um ganz ehrlich zu sein, ich glaube, das ist schon ein paar Wochen her." Gab er schließlich zu. "Ganz genau! Und das darf nicht sein! Uns darf nichts wichtiger sein als unsere Kinder. Und das ist der Grund, weswegen ich mit dir reden wollte." Irgendwie war ich ein wenig aufgewühlt oder aufgekratzt, ich konnte es nicht so wirklich zuordnen. "Ich möchte, dass du unseren morgigen Termin verlegst, ich möchte stattdessen mit den Kindern in den Park gehen. Sie sollen endlich einmal raus aus diesen Palastmauern, und zwar nicht, um einen Termin zu absolvieren, sondern um Spaß zu haben. Sie sind auch nur Kinder." Ich schlug mir meine Hände über den Kopf, aber das war nicht so gut, ich hatte plötzlich Schmerzen im Bauch, also ließ ich sie sofort wieder sinken. Aber nicht nur meine Hände sanken, sondern mein ganzer Körper und ich wusste nicht, wie mir geschah.  

Plötzlich Royal 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt