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Samu legte unbewusste seinen schweren Arm auf meinen Bauch und weckte mich damit. Sein Kopf eng an meine Schulter gelehnt, schien er immer noch in Träumen versunken zu sein und selbst, als ich ihn zu streicheln begann, schlief er weiter. Und plötzlich war er da. Dieser Blitzmoment, in dem dir einfällt, dass du etwas sehr Wichtiges vergessen hast. In meinem Fall die Pillenpackung, welche sehr höchstwahrscheinlich noch im Bad in unserem Iglu liegt. Ich wollte sie gestern Morgen, als wir wieder gepackt haben, extra noch einstecken und nun kann ich mich nicht mehr an den Moment erinnern, in dem ich es tatsächlich auch tat. Sofort sprang ich auf und begann, unseren Rucksack zu durchforsten. Immer morgens nehme ich die kleine rosa Tablette ein und jetzt wäre genau der Zeitpunkt dafür. "What's up?!" fragte mich Samu, der sich halb aufstützte und sich die Augen rieb. Ich drehte mich gar nicht um, sondern kramte in der schmalsten Seitentasche. "Scheiße, wo ist es..." "Lou! What are you looking for?" Als ich bemerkte, dass ich sie wirklich nicht eingepackt habe, ließ ich mich auf den Boden fallen und legte mein Gesicht in beide Hände. "Die Pille ist noch im Iglu.", schuldbewusst schaute ich nach oben. Samu ließ sich wieder zurückfallen und schloss seine Augen, während er lange seufzte. "You'll go to the doctor in Helsinki today in the afternoon and get a new pack. But now we'll buy the..." Ihm fiel nicht ein, wie sie hieß. Die Pille danach. "Okay, aber gestern Abend bin doch nur ich, also..." "Doesn't matter. You have to be save." Erleichtert von seinen Worten, stieg ich wieder zu ihm ins Bett. "Tut mir leid, dass..." "Ssscht." Samu unterbrach mich erneut und legte seinen Finger auf meine Lippen. "We had two wonderful days and I really enjoyed them." Damit wollte ich mich trotzdem nicht zufriedengeben, rutschte an ihm herunter und küsste die Linie oberhalb seiner Boxershorts. Erst jetzt begannen meine Schläfen tierisch zu pochen und ich zog kurz die Luft ein vor Schmerz, aber ließ mir nichts anmerken. Ich sollte das Trinken entweder ganz lassen oder öfter machen, um wenigstens 3 Gläser Wein zu vertragen. Samu schaute mir eine Weile von oben dabei zu, doch als ich seine Unterhose mit einem Mal auszog und sein Gemächt mit meinen Lippen umschloss, atmete er schwer aus und schloss die Augen erneut. Mit jeder auf und ab-Bewegung bebte sein Bauch und er stöhnte genüsslich oder biss sich auf die Lippe. Als er kam, ging er automatisch leicht ins Hohlkreuz und krallte sich im Bettlaken fest. Ich nahm die warme Flüssigkeit in mir auf, schloss die Augen und brachte es hinter mich, bevor ich meinen Kopf auf seinem noch immer pochenden Becken ablegte. Er streichelte ganz langsam meine Haare. "My brave and good girl." flüsterte er, ohne mich anzusehen und versuchte, sich zu beruhigen. "Nochmal?" fragte ich gewitzt und schaute zu ihm hoch. "No no! I'm too old for that. Only in a few minutes but we have to hurry up now." Nicht zu alt. Zu heiß. Die Pille danach kann man zwar bis zu 24 Stunden, nachdem es passiert ist, einnehmen, aber es war süß, wie er sich darum sorgte. Er hatte ja Recht und ich war selbst schuld daran, dass ich jetzt nicht noch länger mit ihm hierbleiben kann. Müde rappelten wir uns auf und saßen nebeneinander an der Bettkante. Wir hatten also freien Ausblick auf das Chaos, was ich mit unseren Klamotten aus dem Rucksack angerichtet hatte. Samu drehte sich zu mir, schüttelte den Kopf und lächelte dabei so, wie wenn eine Mutter sieht, was ihr kleines Kind wieder angestellt hat. Wir fischten uns frische Sachen aus dem Haufen und räumten dann alles im Baumhaus zusammen. Mein Kopf dröhnte. "Ich glaube, wir müssen auch noch andere Tabletten kaufen..." Ich schaute ihn an wie ein Welpe. Er holte aus seinem Portemonnaie eine einzeln verpackte Aspirin heraus und gab sie mir. "Oh, haben Männer nicht normalerweise etwas Anderes darin?" "Yes, you're right. A condom would have been the better choice." Er zwinkerte, schnallte sich den Rucksack auf, nahm den Schlüssel und öffnete die Tür. Ups, Eigentor. Das war peinlich für mich. Ich lief rot an. Als wir die Treppen herunterstiegen, bemerkte Samu dies und musste herzlich lachen. "Sweet." Wir fuhren wieder in den Ort, gaben die Schlüssel ab und erkundigten uns nach der nächsten Apotheke. Dort bestellte Samu unsere Rettung und musste schlappe 40€ dafür bezahlen. Ich glaube, die Verkäuferin schien ihn zu kennen und schaute verwirrt zwischen uns beiden hin und her. Ich versank währenddessen hinter ihm in seiner Jacke vor Scham. Kurz bevor wir wieder ins Auto stiegen, umarmte ich ihn von hinten und bedankte mich liebevoll. "You can call me daddy really soon." Wir grinsten uns an, und ich muss sagen, dass mir der Gedanke daran gefällt, es aber irgendwie komisch wäre. Er ist eher mein großer Beschützer. Im Auto musste ich dann sofort die Pille schlucken, denn sonst wäre er nicht losgefahren. Minutenlang schaute ich ihn einfach nur an, während Samu sich auf die Straße konzentrierte. "Stop it." "Aber du bist so schön. Alles an dir." Seine Augen lächelten mit und er streichelte meine Wange. Fragend drehte er sich kurz zu mir um, als ich zwei seiner Finger in den Mund nahm und mit der Zunge umkreiste, doch dann ließ er es zu. Nach 3 Stunden Fahrt ohne Frühstück, gaben wir den Mietwagen wieder am Flughafen ab und Samu kaufte uns Frühstück. Ich werde den alten roten Flitzer vermissen, aber freue mich auch schon wieder auf seinen BMW, der nach ihm und Ledersitzen riecht und etwas luxuriöser ist. Samu stritt sich mit einer Frau am Schalter, weil er den Flug von heute Nachmittag auf jetzt umbuchen wollte. Ich habe es nicht so genau mitbekommen, weil ich mit dem Rucksack auf einer Bank etwas weiter weg saß, aber ich glaube, er musste auch hier noch einmal ziemlich Aufschlag bezahlen. Als er auf mich zu kam, hatte er tiefere Falten auf der Stirn, wahrscheinlich, weil es ihm ums Prinzip und nicht um das Geld ging. "Alles okay?" "Senseless rules but at least we can fly now." Er nahm den Rucksack und meine Hand und wir liefen zum Gate. Im Flugzeug bedankte ich mich dann noch unendlich oft. Ich lehnte mich halb mit dem Rücken ans Fenster und Samu legte seinen Kopf an meine Brust und döste ein. Morgen früh werden wir nach Deutschland fliegen, weil die Tour in 2 Tagen beginnt. Wir haben, seit wir nach Lappland aufgebrochen sind, kein einziges Mal mehr darüber geredet und ich hatte es auch gedanklich komplett verdrängt. Morgen bin ich wieder zuhause in Berlin. Natürlich werde ich meiner Familie und meinen Freu...Bekannten nichts davon erzählen. Das wird ein sehr komisches Gefühl. Zum Glück reisen wir durch ganz Deutschland, aber trotzdem kommen mir die zweieinhalb Wochen wie eine Verschwendung von meinem verlängerten Finnland-Aufenthalt vor. Die ganze Stunde in der Luft dachte ich darüber nach und streichelte währenddessen Samus weiche Haare und zählte sein ruhiges Atmen.

"Do you need something special which is in your flat?" Die gibt es ja auch noch. Ich musste kurz schmunzeln, als mir auffiel, dass sich so gut wie all meine Sachen bei Samu befanden und ich schon einige Tage nicht mehr in meinem eigentlichen provisorischen Zuhause war. "Guter Witz." Also bogen wir in die Hofeinfahrt ein und ich schaute nach oben zu Samus Penthouse-Wohnung, wo wir vor 3 Tagen erst waren. Zusammen kochten wir uns Hähnchen-Curry und schaute einen Film nebenbei. Nach dem Essen wusch Samu unsere Wäsche, hauptsächlich meine, und ich hängte sie danach auf, während er seinen Koffer packte. Ich selbst stopfte nahezu alle Klamotten, die ich mitgebracht habe, wieder in meinen Rucksack. Ironisch sagte ich zu mir selbst, dass ich natürlich auch zuhause Neue aus dem Kleiderschrank holen kann, wenn mir in Berlin die Sachen ausgehen sollten. Es fühlte sich ein wenig so an, als wenn ich abreisen muss. Als ich meinen vollbepackten Rucksack so sah, wischte ich mir schnell eine Träne, bei dem Gedanken daran, weg. "Are you ready?" fragte Samu in der Tür hinter mir und riss mich somit aus den Gedanken. Er runzelte die Stirn, als ich mich erschrocken und gedankenverloren zu ihm drehte, aber sagte nichts. "Wo wollen wir hin?" "Unfortunately the doctor's praxis closes in one hour." Er hielt mir seine Hand hin und ich drückte ihn. Wahrscheinlich schien er zu bemerken, worüber ich nachdachte, also schwiegen wir in der Umarmung. Samu küsste mich und schloss die Wohnungstür hinter sich ab. Auf dem Weg zum Auto erklärte er mir, dass er mich nur absetzen wird und dann ins Studio fährt, da sie die letzten Besprechungen machen. Ich solle nachkommen, da Mikko mit mir reden möchte. Wenn es regnet, was ziemlich unwahrscheinlich bei wolkenlosem Himmel ist, soll ich ihn anrufen, ansonsten sind es nur zehn Minuten zu Fuß. Der Arzt redet mich auf fließendem Englisch mindestens 5 Minuten ohne Unterbrechung zu, nachdem ich ihm mein Missgeschick erklärte. Ich verstand nicht komplett, was er mir sagen wollte, aber sicherlich hat meine Frauenärztin in Berlin das auch alles schon einmal genauestens beschrieben. Ich kann sie ja zur Not morgen noch einmal fragen, schoss es mir durch den Kopf, während der Arzt mir die Hand entgegenhielt und ich etwas verzögert einschlug. Nachdem ich die Packung in der Apotheke abgeholt habe, schlenderte ich gemütlich, aber dennoch in Gedanken versunken zum Studio. Es war gegen 5 Uhr nachmittags und der Pendlerverkehr rollte nur mäßig. Ich kaufte Kaffee für alle und öffnete wenig später leise die Tür zu den geheimen Räumen. Ich dachte, ich störe niemanden, aber als ich eintrat, schauten mich alle freudig an und begrüßten mich, ehe mich Riku umarmte. Es kam mir vor, als wenn ich sie ewig nicht gesehen habe und dabei war es erst vorgestern. "For you." Sie nahmen die warmen Becher dankend an. Auf dem Tisch lagen Zettel durcheinander und ich verstand nichts, da sie auf Finnisch bedruckt waren. Samu strich meine Hand kurz bevor ich Mikko in den anderen kleinen Raum folgte. "I got a job for you." Ich wusste genau, dass er es gemacht hat, damit es nicht so auffällig für alle Außenstehenden und die Crew ist, wenn ein fremdes Mädchen die ganze Zeit einfach nur so mit dabei ist. "Dankesschön!" sagte ich erleichtert und fiel ihm mehr oder weniger ausversehen um den Hals, obwohl ich noch gar nicht wusste, was denn der Job ist und ob er dieses deutsche Standard-Wort überhaupt kannte. "You can help with the merchandise booths." T-Shirts und Poster verkaufen und zählen sollte ich schaffen. "Thank you so much, you can count on me." Er ließ mich dafür noch den Arbeitsvertrag unterschreiben. "But Louisa..." Ich wurde wieder hellhörig. "Just the boys and I know about it. No one else. Please don't talk to anybody about Samu and you. Otherwise it can be end very quickly." Er wurde immer leise und verschluckte die letzten Worte fast. "I promise so much." Mikko nickte zaghaft. "To the moon and back."


Protect me! -Samu Haber FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt