FIVE

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,,I could feel the trouble
coursing trough your veins"

FIVE: Dezember 1943

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Drei ganze Wochen und vier Tage. Drei ganze Wochen und vier Tage, wusste Helen nicht, was sie ihm angetan hatten. Ihr Vater schwieg verhemmt und sprach auch sonst nur wenig mit ihr. Sie wusste, den Vertrauensbruch nahm er ihr noch immer übel. Sehr übel. Die einzigen Worte, die sie Beide wechselten, gingen überwiegend essen und schlafen an. Öfters hatte Helen das Bedürfnis, einfach wegzulaufen. Wie konnte ihr Vater einfach hinnehmen, was James angetan worden war? Ob er überhaupt noch lebte? Helen wusste es nicht. Sie wusste rein gar nichts. 

Diese Unwissenheit bescherte ihr schlaflose Nächte - und wenn ihr vor Erschöpfung doch einmal für ein, zwei Stunden die Augen zu fielen, suchten Albträume sie auf verräterische Art und Weise heim. Sie hatte gehört, wie ihr Vater heute morgen sehr früh bereits ins Labor beordert worden war. Diesmal hatte er vergessen abzuschließen und Helen nutzte das, um endlich wieder diesem verdammten Zimmer entfliehen zu können und sich die Beine in den verschachtelten Gängen des Hydra Lagers zu vertreten, ihre Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Die Lampen, die an den Seiten in das Gestein eingelassen waren, flackerten. 

Die Haargummis hatte noch niemand bemerkt, sie kennzeichneten Helen weiterhin das gesamte Korridorsystem. Sie wusste, dass er nicht dort sein würde. Und doch trugen ihre Beine sie in den B-Flügel, in der Hoffnung, es könnte doch anders sein. Sie wollte doch nur wissen, wie es ihm ging. Was sie ihm in der Nacht vor drei Wochen und genau vier Tagen angetan hatten. Was mit ihm passiert war. Nie hatte sie ihn schreien gehört. Aber seit James im Labor gewesen war, hatte auch niemand Anderes mehr geschrien - und diese Tatsache ließ Helen nervös werden. Ihr Atem zitterte, ihre Knie waren weich, als sie sich der Tür näherte. 

Sie war verschlossen, aber der Schlüssel steckte. Sie wusste noch ganz genau, so als wäre es gestern gewesen, wie er ihr seine Kette anvertraut und mit ihr seine Pflaume geteilt hatte. Existierte dieser James nun überhaupt noch? Oder hatten sie einen Supersoldaten aus ihm gemacht? Hatten sie es geschafft? War ihr angehender, neuer Freund nun die Kriegswaffe Hydras? 

Sie drückte langsam die Klinke hinunter und trat in das Zimmer. Das Licht brannte nicht und sie tastete nach dem Schalter. Diesmal fand sie ihn schneller, als es beim ersten Mal der Fall gewesen war. Doch diesmal lächelte sie auch nicht oder scherzte, als sie den Schalter drückte und flackernd die schwache Glühbirne an der Decke aufflammte. Sie spendete noch weniger Licht, als sie es vor dreieinhalb Wochen getan hatte. Er war nicht hier. Helens Herz krampfte sich zusammen. Was hatte sie sich auch erhofft? Dass sie ihn wieder genau hier einsperrten? Sicher hatte ihr Vater auch etwas hierzu beigetragen. 

Helen trat auf den Tisch zu, als sie etwas rotes auf dem Boden ausmachen konnte und sie bückte sich, um die Karte unter einem Stuhlbein hervorzuziehen. Die Spielkarte. Diejenige, von welcher Helen sich gefragt hatte, woher er sie auf einmal gehabt hatte. Nun, wo sie sie sich ansah, erkannte sie, dass sie nicht zu einem Spiel gehörte. Es war eine Tarotkarte. Sie zeigte eine Sonne und zwei Engel, die ihre Arme hingebungsvoll zu ihr auf streckten. Ihre Mundwinkel zuckten. Unweigerlich bedeutete sie etwas Positives. Hatte sie ihm geholfen, zu hoffen? 

Helen ließ sie nun in der Tasche ihrer Jacke verschwinden und richtete sich auf, klopfte sich den Staub von der schwarzen Hose und trat aus dem Raum. Ihr Herz schien plötzlich um Tonnen schwerer zu sein. James Buchanan Barnes hatte es nicht verdient, in den Mauern des Hydra Lagers zu sterben. 

Die junge Frau wurde aus diesen beklommenen Gedanken gerissen, als sie schnelle Schritte hörte. Stahlkappen schlugen auf den Felsboden, als zwei der Hydra-Wachen nun ebenfalls zu Raum B-16 traten. ,,Ich halte es nicht für richtig, Barnes so nah an unsere Schlaflager verlegt zu haben. Er ist unberechenbar geworden. Mit nur einem Arm hat er wenigstens keine so große Bedrohung dargestellt", hörte sie einen der beiden Männer sagen, als der Zweite die Tür aufdrückte. ,,War die hier nicht verschlossen?", gab dieser nur zurück und Helen drückte sich mit klopfendem Herzen in den Schatten der Nische, in welche sie hastig geschlüpft war. 

The Darkness In His Soul [Bucky Barnes]  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt