FOURTEEN

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,,Scars will stay,
but time will past"

FOURTEEN: August 2012

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Licht flackerte. 
Helen trat zögernd voran. ,,Bucky?", flüsterte sie leise. Sie stand in seiner Zelle und schluckte, als sie sein Schluchzen hörte. Er kauerte auf seiner Pritsche, drückte seinen Körper an die Wand. In die hinterste Ecke, wo er das Gefühl hatte, niemand könne ihm etwas anhaben. 
,,Bucky...", hauchte Helen und schob sich langsam näher an ihn heran. Ihre Handflächen waren schwitzig und ihr Herz raste. Wie war sie her gekommen? Sie streckte die Hand nach ihm aus, als sie zu ihm auf die Pritsche kroch. ,,Sieh mich an", setzte sie sanft nach, doch er schüttelte den Kopf. Heftig, ruckartig. Verzweifelt. 
,,Ich kann dir nicht in die Augen sehen. Nicht nach allem, was ich getan habe. Ich habe gemordet, Helen. An jeden Einzelnen kann ich mich erinnern. Das Schlimmste ist ihr leises Flehen um die Gnade, die ich Ihnen nicht gewehrt habe", brachte er gebrochen hervor und versuchte von ihr abzurücken, doch die Wand presste sich dazu zu sehr in seinen Rücken. 
,,Bucky...", hauchte Helen jetzt wieder und rutschte näher. ,,Du wolltest das nicht tun. Das warst nicht du, sondern Hydra", setzte sie leise nach und nun sah er sie doch an, die Augen gerötet, tiefe Schatten lagen darunter. Helens Herz krampfte sich bei diesem Anblick zusammen. Er wirkte so zerstört, so hilflos
,,Aber ich habe es getan", hauchte er und Helens Hände schlossen sich sanft um sein schönes Gesicht, strichen die Tränen von seinen Wangenknochen. ,,Nicht freiwillig, Bucky. Nicht du bist das Monster, Hydra ist es. Du bist Bucky. Bucky Barnes. Mein Bucky", wisperte sie und drückte ihre Stirn an seine. Er umfasste ihre Hüfte, die eine Hand warm, die andere kühl. Helens Herz raste noch mehr. Er tat ihr so leid. Wenn sie doch nur mehr tun könnte. 
,,Du bist alles, was ich habe", flüsterte er und Helen nickte leicht. ,,Und du wirst mich nicht verlieren, hörst du? Ich werde immer bei dir sein."



,,Wie komme ich am schnellsten nach Sibirien?", fragte Helen, beinahe atemlos. Ihr Haar war zerzaust und der Traum der letzten Nacht wühlte alles in ihr auf. Der Rezeptionist sah sie an, als sei sie verrückt geworden. Und zugegeben, fühlte sie sich auch so. Es machte sie verrückt, dass sie nicht wusste, was in den letzten achtundsechzig Jahren passiert war. Dass sie nicht wusste, wo Bucky steckte, wie der Krieg geendet hatte und wann ihr Vater gestorben war. Niemand hatte sie aus dem Eis geholt, keiner hatte sich darum gekümmert, dass Helen auf ihr neues Leben vorbereitet war. Nun war sie es nicht - und das verleitete sie schon beinahe dazu, sich in den nächsten Blumentopf zu übergeben.

,,Mit dem Flugzeug", gab der Rezeptionist zurück und sah sie mit schief gelegtem Kopf an. ,,Das finden sie übrigens am Flughafen", setzte er trocken nach, als er die Verwirrung in Helens Blick bemerkte. Seine Hand glitt zum Telefon. ,,Ist alles in Ordnung bei Ihnen? Vielleicht sollten wir einen Arzt rufen", meinte er, doch ihre Hand schoss über den Tresen und legte sich auf seine. ,,Kein Arzt. Wo genau ist der Flughafen?", fragte sie ihn und er zog seine Hand zurück. Seine grauen Augen musterten sie argwöhnisch. 

Heute schien er etwas weniger lustlos zu sein als gestern, doch die perfekte Arbeitsmoral wies er nicht auf. Kein Wunder, dass sie, bis auf ein älteres Pärchen, heute morgen der einzige Gast im Frühstücksraum gewesen war, wo sie literweise Kaffee getrunken und eine Menge an Essen, für sicherlich drei Personen vertilgt hatte. Sie war so hungrig gewesen, das gestrige Butterbrot hatte sie nur vor Bauchschmerzen bewahrt. Ihren Hunger aber, hatte es nicht gestillt.

,,Ich kann Ihnen ein Shuttle rufen, das sie zum Flughafen bringt. Das müssen sie nicht bezahlen, gehört zum Service", antwortete er ihr nun, nachdem er sie, für Helen eine schiere Ewigkeit lang, gemustert hatte. Sie nickte heftig. ,,Bitte tun sie das!", meinte sie und der Mann griff nun nach seinem Telefon. Helen trat einen Schritt zurück. Ihre Hände, die den Lederriemen der Aktentasche zitternd umfasst hielten, schwitzten und auch in ihrem Nacken bildete sich kalte Feuchtigkeit der Nervosität. 

The Darkness In His Soul [Bucky Barnes]  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt