NINE

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,,You're loving on the
murderer sitting next to you"

NINE: Januar 1944

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Vier weitere Wochen. Vier weitere verdammte Wochen. Und ihr Vater hatte recht behalten. Kaum, dass sie über ihre geprellten Rippen und ihre Gehirnerschütterung hinweg gekommen war, was knappe vierzehn Tage angedauert hatte - Bucky hatte ihr wirklich übel mitgespielt, psychisch wie physisch - hatte Hydra Helen einberufen. Sie mussten ihr vertrauen können, wo sie so viel wusste - jede Information, die ihr bekannt war, hatten sie unter grausamer Folter aus ihr hervor gebracht. Ihr Vater hatte nur mit ansehen können, wie sie Helen mit ihren Foltermethoden zu einem Wrack mutieren ließen.

Dann brachte man ihr das Kämpfen bei. Man zeigte ihr, wie sie eine Waffe nutzen und wie sie damit umgehen konnte. Innerhalb weiterer fünfzehn Tage optimierte man Helen so sehr, dass sie mittlerweile in der Lage war, einen einfachen Soldaten außer Gefecht zu setzen. Mehr brauchte sie auch nicht. Erstmal. Sie hatte Barnes nicht mehr gesehen, nur von ihm gehört. Er gehorchte und vollführte die genannten Aufträge mit einer schleichenden Kälte und Bravour, wie sie grausamer nicht sein könnte. Er war wie eine Messerklinge - schnell, scharf und tödlich.

So bezeichnete Hydra ihn.

Und Helen vermisste ihn. Sie vermisste den alten Bucky, ganz gleich wie sehr sie jede Schwäche aus ihr heraus zu prügeln versuchten, diesen einen wunden Punkt würde sie immer behalten. Eine Wunde, bei welcher es nicht sonderlich schwer war, Salz hinein zu streuen. Man musste nur seinen Namen nennen und schon verkrampfte sich ihr Herz. Ihr Herz, von welchem Helen sich zu manchen Zeitpunkten fragte, ob es überhaupt noch da war.

,,Konzentriere dich", raunte der Soldat, der sie so eben in die Matratze geschlagen hatte. Keuchend kämpfte Helen sich auf die Beine zurück, wischte sich den Schweiß von der Stirn. Jeden Tag, stundenlang. Man trainierte sie weiter, damit sie bloß nicht den Kopf verlor. Sie wusste, wenn sie überleben wollte, musste sie zulassen, dass Hydra jede ihre Emotionen abschaltete. Doch wollte sie das überhaupt? Wollte sie überleben, nach allem was passiert war? Sie hatte begonnen, etwas Tiefes für Bucky zu fühlen. Etwas, das Helen noch nie für einen anderen Menschen empfunden hatte, so stark war es gewesen. Sie hätte alles für ihn getan.

Und dann hatten sie ihn ihr genommen. Hydra hatte ihn dazu gebracht, dass er versuchte sie umzubringen. Das alleine reichte schon aus, um Helen wütend werden zu lassen. Sie waren zufrieden mit dem aggressiven Verhalten, das sie sich damit aneignete. Wahrscheinlich weil sie nicht ahnten, dass es sich zu ihrem Nachteil bezog.

Sie machte einen Satz, schlug zu und nutzte das überraschte Taumeln ihres Gegenübers, um ihm die Beine wegzutreten, sodass sein Körper mit einem dumpfen Laut auf der Matratze aufkam. Alles veränderte sich. Die Dunkelheit, die Dämonen, welche direkt aus dem Herzen Hydras zu stammen schienen, nisteten sich in ihrer Seele ein. Und das würde sie zerstören.

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Mittlerweile hatte Helen jegliches Zeitgefühl verloren. Wie viele Tage waren gefolgt, wie viel Zeit war noch ins Land gezogen? Jeder Tag verlief gleich. Sie trainierte am Vormittag und begleitete die Wissenschaftler am Nachmittag ins Labor. Sie erschufen eine Armee. Supersoldaten, die von Bucky angeführt werden sollten. Helen musste sich abgewöhnen, ihn noch immer Bucky zu nennen. Das war nicht mehr Bucky. Dieses Monster verdiente es nicht, Bucky genannt zu werden.

The Darkness In His Soul [Bucky Barnes]  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt