Are you up for something?

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"Finally you're here!" begrüßte Pierce Louise erleichtert, als sie das Restaurant Eleven Madison Park betrat, in dem am heutigen Abend sich wieder alle, mitsamt Kellerman und Gefolge feiern würden. Die Herren saßen bereits am reservierten Tisch. Louise hatte sich ein paar Minuten verspätet.

"Gentleman, I am so sorry for me being late, traffic was awful." sprach sie in die Runde und alle Herren standen höflich von ihren Plätzen auf, um sie zu begrüßen.

"Everything's okay princess!" antwortete ihr Onkel Dickie, der auf sie zuging und ihr einen Kuss auf die Wange hauchte, "Hello Joy, it's so nice having you here, too!" begrüßte er auch Joy. Louise hatte darauf bestanden ihre Assistentin am heutigen Abend mit in das Eleven Madison Park zu bringen. Einerseits, um sie auch für ihren nicht unwesentlichen Anteil am aufblühenden Erfolg der Zusammenarbeit teilhaben zu lassen und andererseits, um in der Männerrunde nicht die einzige Frau, neben Belinda zu sein, die für Kellerman eh nur Dekoration darstellte.

"Mister Kellerman!" begrüßte Joy Pierces großgewachsenen Agenten, mit einem Handdruck.

"Ms. Ward you look stunning tonight!" bemerkte Kellerman. Louise trug am heutigen Abend ein anthrazitfarbenes Etuikleid mit langen Ärmeln und ihre schwarzen Lieblingspumps von Louboutin.

"Louise, so good to see you!" begrüßte sie nun auch Marc, der als PR und Marketingchef ebenfalls an dem Abend teilnehmen durfte.

Louise ließ ihren Blick nochmals in der Runde wandern. Das Eleven Madison Park war eines der berühmtesten Sternerestaurants in New York. In dem ballsaalartigen Raum des historischen art déco Gebäudes mit über vier Meter hohen Decken und mit gigantischen Designerlampen, verteilten sich einige lange Tafeln, alle mit hochwertiger weißer Tischware und edlem Geschirr eingedeckt. In diesem Lokal trugen alle Anzug oder Kleid, frisch gestärkte weiße Hemdkragen blitzen hier und da aus den Sakkos. Auf Krawatten oder Querbinder verzichteten aber viele der hippen New Yorker, die hier speisten. Louise sah Pierce an, wie unwohl er sich hier fühlte, auch wenn ihm der Anzug, den er definitiv nicht selbst ausgesucht hatte, unglaublich gut stand. Sein suchender Blick traf den von Louise und mit einer Augenbewegung bot er ihr fast schon flehend den Platz neben sich an. Ihre Hauptaufgabe an diesem Abend war somit besiegelt - sie musste sich um Pierce kümmern, der sicherlich bei dem Businessgerede von Kellerman, Marc und Uncle Dicke bestimmt nicht zu Wort kommen würde. Louise umrundete mit Joy im Schlepptau die lange Tafel. Pierce griff an die Stuhllehne neben sich und schob diesen einige Zentimete zurück. Er hatte sich auf alle Fälle ein wenig Knigge angeeignet für dieses doch sehr steife Aufeinandertreffen. Pierce war eher jemand, der gerne in guten Steakrestaurants aß und anschließend mit ein paar Freunden durch Pubs und gute Bars zog. Diese Art von Umgebung war jedoch sichtlich nichts für den jungen Autor. Mit einer dankenden Kopfbewegung, fädelte Louise sich zwischen den Stuhl und den Tisch und ließ sich den Stuhl von Pierce zurechtrücken. Da es sich so gehörte, den Damen in solchen Etablissements eine gewisse Aufmerksamkeit zu schenken, hatte Marc sich freiwillig dazu bereit erklärt Joy mit seiner wohlerzogenen Art ebenfalls den Stuhl zurechtzurücken. Als Joy und Louise saßen, nahmen auch die Herren wieder mit ein wenig Scharren und Rücken am Tisch Platz.

"So, how about a round of champagne?" bot Kellerman gönnerhaft an und zitierte bereits auch schon den Kellner zu sich. So waren sie die Agenten, auf Kosten des Verlagshauses die großen Gönner zu mimen. Aber Louise sollte es nur recht sein, ein Schluck Prickelwasser würde ihr nach diesem aufreibenden aber überaus schönen Tag sicherlich guttun. Louise nahm die kunstvoll drapierte Stoffserviette von ihrem Teller, löste den massiven, silbernen Serviettenring, den sie beiseite legte und breitete die Serviette auf ihrem Schoß aus.

"It's so good to see you!" hörte und spürte sie Pierce nah an ihrem linken Ohr ihr zuflüstern.

Langsam bewegte Louise ihren Kopf zu dem jungen Mann und lächelte ihn verständnisvoll an. Louise war für ihn wohl die einzige Person am Tisch, die ihn wirklich ernst nahm und die ihn verstand. Das war im Prinzip auch ihr Ziel gewesen, dass er nicht das Gefühl hatte, sie und ihre Familie würden ihn mit allen erdenklichen Mitteln ausschlachten wollen.

If we meet again... [Wattys 2018 Longlist]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt