If we meet again... [Wattys 2018 Longlist]

Everything will be okay...

"Louise are you listening?", riss eine Stimme sie unsanft aus einem Tagtraum. Louise fand sich an ihrem Schreibtisch in ihrem Büro wieder. Eine verwunderte Joy saß ihr gegenüber und durchbohrte sie wahrlich mit ihrem Blick.
"I'm sorry, what did you say?", entgegnete Louise und tat so, als sei sie wieder voll und ganz bei der Sache. In Wahrheit allerdings, war sie in ihren Gedanken ganz woanders und das schon seit Tagen. Der Spontanbesuch von Tom hatte markante Spuren hinterlassen. Die gemeinsam verbrachte Nacht war, trotz der anfänglichen Patzer, wohlig in ihrer Erinnerung geblieben und viel zu oft erwischte sie sich dabei, wie sie die gemeinsamen Stunden mit ihm immer wieder und wieder in ihrem Kopf Revue passieren ließ. Auch jetzt stahl sich ungewollt ein schwaches aber durchaus verträumtes Lächeln auf ihre Lippen, als ihr klar wurde, dass sie sich nun auch Joy gegenüber erlaubt hatte, abzudriften.

"Louise, what is wrong with you? You've been so absent minded lately and grinning like mad?", stellte die junge Frau auf der anderen Seite ihres Bürotisches fest und verschränkte demonstrativ ihre Arme vor ihrer Brust. Louise schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf, richtete sich in ihrem Schreibtischstuhl auf und räusperte sich. Sie musste sich zusammenreißen um nicht sofort aufzufliegen.
"I'm okay, everything is alright.", antwortete sie und bemühte sich, ihre hart umkämpfte, gefestigte Stimme zu bewahren. "So, where were we?"

"Lou, seriously...", grub Joy weiter. Ihre geliebte Assistentin kannte sie zu gut und wieder schlich sich das schlechte Gewissen ein, dass Louise ihr nicht annäherungsweise davon erzählt hatte, was wirklich passiert war. Joy war zu aufmerksam, als das ihr entgehen konnte, dass mit ihrer Chefin etwas nicht stimmte. Dass es dieses Mal aber etwas abartig schönes war, das konnte wohl auch selbst die so smarte und gewiefte Joy nicht ahnen.

Louise seufzte laut, als sie die Bilder wieder in ihrem Kopf ausbreiteten, wie sie gemeinsam mit Tom spillterfaser nackt in ihrem Bett lagen, fest umschlungen den mittlerweile erkalteten Kaffee tranken und versuchten diesen Moment für die Ewigkeit in ihre Köpfe zu brennen. Unweigerlich musste Louise wieder grinsen, es war ihr nicht möglich dieses prickelnde, schöne Gefühl zu unterdrücken und das Glück darüber hinter ihrer sonst so undurchdringbaren Mauer zu verbergen. Leicht beschämt senkte sie ihren Blick auf den Laptop vor sich, dessen Display ihren ziemlich vollen Kalender zeigte. Doch die Termine, die sich darin befanden, verschwammen vor ihrem Auge. Lediglich bunte Balken mit willkürlich aneinandergereihten Buchstaben tanzten hin und her.

"Okay Louise, you could either tell me what this Brit did to you or I am going to find out by myself...", durchbrach Joys Stimme erneut Louises abdriftende Gedanken, hatte ihre Aufmerksamkeit aber bei dem Wort "Brit" sofort erhascht. Louise konnte es nun vor ihr nicht mehr verbergen und sie konnte das breite Lächeln in ihrem Gesicht nun nicht mehr unterdrücken. Wie ein kleines Kind, das beim Lügen erwischt wurde, vergrub Louise verlegen ihr Gesicht in ihren Händen und hörte nur, wie Joy beherzt auflachte. Sie hatte es mehrfach versucht, sie hatte versucht ihre Gedanken und Gefühle für sich zu sortieren, jedoch war es ihr kein einziges Mal gelungen ihre Unsicherheit oder ihre Glücksgefühle vor der Frau zu verbergen, die sie von allen anderen Menschen dieses Planeten am besten kannte.

"I knew it!", prustete Joy lachend los und zwischen einem Spalt ihrer Finger beobachtete Louise, wie Joy ihren Kopf in den Nacken legte. Vorsichtig hob Louise wieder ihren Kopf aus ihrem schützendem Schild und traf im gleichen Moment den neugierigen Blick von Joy.

"I'm sorry...", wisperte Louise fast stimmlos, was Joy nur noch mehr zum Lachen brachte.

"Don't be!", sagte Joy bestätigend, "I am just so happy for you, although I am so dying to know what happened."

Die Ehrlichkeit ihrer Assistentin schätzte Louise sehr, ebenso wie ihre Loyalität und ihre Sensibilität für Dinge. Ihre ungebremste Neugier, die sie ab und an auch zugab, machte sie zu dem, was Louise am meisten an ihr mochte.