Hogwarts

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Die Eingangshalle von Hogwarts war einfach nur gigantisch. Flackernde Fackeln beleuchteten die Wände und Schatten tanzten über den Stein.
Shi legte den Kopf in den Nacken. Die Decke war so hoch, dass sie sie nicht erkennen konnte.
Langsam senkte sie wieder den Kopf und nahm alles in sich auf, speicherte alles in ihrem Kopf ab. Eine riesige Marmortreppe auf der anderen Seite der Halle führte in die oberen Stockwerke und zu ihrer Rechten befand sich eine große Doppeltür, hinter der sie die Stimmen der anderen Schüler hörte.
Shi wischte sich einige nasse Strähnen aus den Augen und musste niesen. Scharfen Augen hinter einer Brille richteten sich auf Shi, die hilflos die Schultern zuckte und nur auf die große Pfütze unter ihren Füßen deutete, die sich dort gebildet hatte. Professor McGonagall schüttelte nur leicht den Kopf und wandte sich an alle Schüler. „Willkommen in Hogwarts", sagte sie mit scharfer Stimme und Shi nahm sich vor diese Frau niemals zu ihrem Feind zu machen.
„Das Bankett zur Eröffnung des Schuljahres beginnt in Kürze, doch bevor ihr eure Plätze in der Großen Halle einnehmt, werden wir feststellen, in welche Häuser ihr kommt. Das ist eine sehr wichtige Zeremonie, denn das Haus ist gleichsam eure Familie in Hogwarts. Ihr habt gemeinsam Unterricht, ihr schlaft im Schlafsaal eures Hauses und verbringt eure Freizeit im Gemeinschaftsraum.
Die vier Häuser heißen Gryffindor, Hufflepuff, Ravenclaw und Slytherin.
Jedes Haus hat seine eigene, ehrenvolle Geschichte und jedes hat bedeutende Hexen und Zauberer hervorgebracht.
Während eurer Zeit in Hogwarts holt ihr mit großen Leistungen Punkte für das Haus, doch wenn ihr die Regeln verletzt, werden eurem Haus Punkte abgezogen. Am Ende des Jahres erhält das Haus mit den meisten Punkten den Hauspokal, eine große Auszeichnung.
Ich hoffe jeder von euch ist ein Gewinn für das Haus, in welches er kommen wird. Stellt euch der Reihe nach auf und folgt mir."
Shi blies kurz die Backen auf und achtete darauf, ganz hinten in der Reihe zu stehen, als Professor McGonagall auf sie zu kam. „Miss Mortem, Sie werden zum Schluss an die Reihe kommen. Und machen Sie sich keine Gedanken, dass man sie mit einem Erstklässler verwechseln könnte."
Shi nickte kurz und wartete bis Professor McGonagall außer Hörweite war, bevor sie zwischen zusammen gebissenen Zähnen „Wie nett!" zischte.
Okay, Shi gab es zu. Sie war stinksauer. Ihr war kalt, schlecht von der Bootsfahrt und immer noch lief ihr kaltes Wasser den Nacken hinab in ihren Hosenbund und das war ein widerliches Gefühl. Und so klein war sie nun auch nicht.n
Zähneknirschend folgte sie den Erstklässlern im Gänsemarsch durch die Eingangshalle in die Große Halle. Mit einer gewölbten Augenbraue nahm Shi alles in sich auf. Die Kinder vor ihr bekamen den Mund kaum noch zu. Ihre nassen Klamotten waren vergessen. Mit offenen Mündern sahen sie sich um, während sie Professor McGonagall folgten. Tausende von Kerzen schwebten über vier langen Tischen, an denen die anderen Schüler saßen, und erleuchteten alles mit einem sanften Gold-Gelb-Schein. Goldkelche und Goldbesteck deckten die Tische vor den Schülern, deren Gesichter alle ihnen zu gewand waren.
Shi prägte sich jedes sofort ein und konnte zu jedem sogar den Namen finden. Bevor sie hierher gekommen war, hatte sie sich die Schülerliste der Schule angesehen und sich jeden Namen und jedes Gesicht eingeprägt. Ihre Tante hatte ihr mit Informationen zu einzelnen Familien ausgeholfen, somit war Shi ein wandelndes Lexikon, was sie eigentlich ja schon ohnehin war.
Die Geister schimmerten silbrig und Shi sah zur Decke hoch, gespannt wegen, all der Dinge die ihre Tante ihr darüber erzählt hatte. Sie war verzaubert und sah aus wie der Himmel draußen, sodass es schwer zu glauben war, dass es dort wirklich eine Decke geben sollte.
Der Himmel an der Decke war voller schwarzer Wolken, die wild durcheinander wirbelten und als sie von draußen einen Donnerschlag hörte, zuckte ein gezackter Blitz über die Decke.
Mit scharfen Adleraugen richtete Shi den Blick wieder nach vorne, auf den langen Lehrertisch, auf den sie zu steuerten. Dort mussten sie sich so aufstellen, dass sie mit dem Rücken zu den Lehrern standen. Also, alle bis auf Shi, die Professor McGonagall etwas abseits postierte und sie somit von den Erstklässlern abtrennte. Shi schüttelte einmal kräftig den Kopf und verspritzte überall Wassertropfen. Sie fühlte sich als wäre sie nicht über den See gefahren sondern hindurchgeschwommen. Diese letzte Welle hatte wirklich ganze Arbeit geleistet.
Professor McGonagall stellte einen vierbeinigen Stuhl mit einem alten Zaubererhut darauf vor die Erstklässler.
Der Sprechende Hut!
Shi war gespannt wie sich das zutragen würde, da sie davon ebenfalls nur von ihrer Tante gehört hatte, anstatt es selbst zu erleben. Der Hut war wirklich in einem bemitleidenswerten Zustand.
Nach einigen Sekunden öffnete sich ein besonders großer Riss knapp über der Hutkrempe und der Sprechende Hut begann zu singen. „Eintausend Jahr und mehr ist's her,
seit mich genäht ein Schneiderer.
Da lebten vier Zauberer wohl angesehen,
ihre Namen werden nie vergehen.
Von milder Heide der kühne Gryffindor,
die schöne Ravenclaw die tiefe Schlucht erkor.
Die gute Hufflepuff aus sanftem Tal,
der schlaue Slytherin aus Sümpfen fahl.
Sie teilten einen Wunsch und Traum,
einen kühnen Plan, ihr glaubt es kaum
junge Zauberer gut zu erzeihen,
das war von Hogwarts der Beginn.
Es waren unserer Gründer vier,
die schufen diese Häuser hier
und jeder schätzte eine andere Tugend
bei der von ihm belehrten Jugend.
Die Mutigsten zog Gryffindor
bei weitem allen anderen vor.
Für Ravenclaw die Klügsten waren
alleine wert der Lehrerqualen.
Und jedem, der da eifrig lernte,
bescherte Hufflepuff reiche Ernte.
Bei Slytherin der Ehrgeiz nur
stillte den Machttrieb seiner Natur.
Es ist vor langer Zeit gewesen,
da konnten sie noch selbst verlesen,
doch was sollte später dann geschehen,
denn sie würden ja nicht ewig leben.
's war Gryffindor, des Rates gewiss,
der mich sogleich vom Kopfe riss.
Die Gründer sollten mir verleihn
von ihrem Grips 'nen Teil ganz klein.
So kann ich jetzt an ihrer statt,
sagen, wer wohin zu gehen hat.
Nun setzt mich rasch auf eure Schöpfe,
damit ich euch dann vor mir knöpfe.
Falsch gewählt hab ich noch nie,
weil ich in eure Herzen seh.
Nun wollen wir nicht weiter rechten,
ich sag, wohin ihr passt am besten." Der Sprechende Hut verstummte, erstarrte und Applaus brandete auf. Shi rieb sich über die Stirn. Na toll, jetzt konnte sie das ganze Lied auswendig.
Professor McGonagall entrollte ein langes Pergament. „Wenn ich euren Name rufe, zieht ihr den Hut über den Kopf und setzt euch auf den Stuhl. wenn der Hut euer Haus ausruft, geht ihr zum richtigen Tisch und setzt euch dorthin", erklärte sie den Erstklässlern und Shi unterdrückte ein spöttisches Grinsen, als sie die unendliche Erleichterung auf den Gesichtern der Kinder erkannte, das jedoch gleich darauf von Entsetzten überschattet wurde, weil neue Sorgen den Platz der alten eingenommen hatte.
Professor McGonagall, ganz die stenge Lehrerin, beachtete das gar nicht und las den ersten Namen auf ihrem Schriftstück vor. „Ackerly, Stewart!"
Ein durchnässter Junge trat zitternd vor, setzte sich den Hut auf, der ihm sogleich über die Augen rutschte und ließ sich auf dem Stuhl nieder. Ein paar Herzschläge war es ruhig, dann rief der Hut laut „Ravenclaw!" in die Halle hinaus und der Tisch unter dem Adlerwappen begann begeistert zu klatschen. Stewart Ackerly stand auf, legte den Hut zurück auf den Stuhl und ging mit vor Erleichterung zitternden Knien zum Ravenclaw-Tisch hinüber. Und so ging es weiter.
„Baddock, Malcolm!" wurde der erste Slytherin. „Branstone, Eleanor!" und „Cauldwell, Owen!" kamen beide nach Hufflepuff. „Creevery, Dennis!" strahlte übers ganze Gesicht, als er zu seinem Bruder nach Gryffindor kam. So setzte sich die Auswahl weiter fort. Jeder Name, jede Zuordnung wurde von Beifall begleitet.
Schließlich nach dem letzten, „Whitby, Kevin!", Erstklässler trat Professor McGonagall wieder vor und winkte Shi mit einem Finger zu sich. Shi unterdrückte einen Seufzer und folgte der Aufforderung. Schweigend und mit verschlossener Miene trat sie neben die Lehrerin.
„Und zu guter Letzt", verkündete Professor McGonagall mit gebieterischer Stimme. „Mortem, Shi. Sie wechselt für ihre letzten beiden Schuljahre nach Hogwarts."
Das war alles und Shi war froh über diese Knappheit. Sie hatte langsam Hunger und konnte dieses Gefühl auch bei einigen anderen Schülern sehen.
Auf diese Ankündigung folgte überraschtes Schweigen, da ein Schulwechsel recht ungewöhnlich war, von Shi jedoch nicht beachtet wurde. Stattdessen setzte sie sich den Sprechenden Hut auf das nasse Haar und wartete. Wie ihre Tante es prophezeit hatte, ertönte eine piepsige Stimme in ihrem Kopf, die nicht ihr gehörte. „Ach herrje", sprach der Hut in ihrem Kopf. „So eine schwierige Wahl hatte ich schon lange nicht mehr."
Shi unterdrückte ein Schmunzeln. Gern geschehen! dachte sie und die Stimme in ihrem Kopf kicherte. „Soviel Mut und Intelligenz und Raffinesse und Loyalität. Ja ja, eine schwierige Wahl."
Da das offenbar noch etwas länger dauern würde, überschlug Shi die Beine, stützte die Arme hinter sich auf den Stuhl und wippte gelassen mit dem Fuß.
Lass dir Zeit, ich hab's bequem! stichelte sie in Gedanken und erneut ertönte dieses Kichern.
Fast ganze fünf Minuten saß sie dort auf dem Stuhl und wartete, während der Hut in ihrem Kopf Selbstgespräche führte. Sie konnte spüren, wie die Schüler in der Halle langsam unruhig wurden. Schließlich seufzte der Hut. Tief und schwer. „Gryffindor!" rief er laut in die Halle und Applaus brandete auf.
In aller Ruhe hinterließ Shi dem Sprechenden Hut noch einen letzten, frechen Gedanken, bevor sie ihn zurück auf den Stuhl legte und zum Gryffindor-Tisch hinüber schlenderte. Kaum hatte sie sich auf der Bank niedergelassen, stand Professor Dumbledore auf und breitete die Arme aus.
Professor Albus Percival Wulfric Brian Dumbledore, gegenwärtiger Schulleiter von Hogwarts, ehemaliger Professor des Lernfachs Verwandlung, Entdecker der zwölf Anwendungen von Drachenblut, vergangener Partner des Alchemisten Nicolas Flamel, Hersteller des Steins der Weisen, Ganz hohes Tier der Internationalen Vereinigung von Zauberern, langjähriger Großmeister Zaubergamot, dem obersten Gericht der britischen Zauberergemeinschaft, im Besitz der Auszeichnung Der Orden Des Merlin 1. Klasse, besiegte 1945 den dunklen Zauberer Grindelwald in einem Duell, Anführer des Orden Des Phönix, der damalige Widerstand gegen Lord Voldemort,...
Shi schloss kurz die Augen und stoppte den Informationenfluss. Mit zusammengebissenen Zähnen konzentrierte sie sich auf den alten Schulleiter mit dem langen, silbernen Bart.
„Ich habe nur zwei Wort zu sagen", verkündet er und seine Stimme hallt in der Großen Halle wider. „Haut rein!"
Shi musste ein Lächeln unterdrücken. Na das war ja mal eine Ansage.
Etwas weiter vorne am Tisch hörte sie Ronald Weasley und Harry Potter laut „Hört, hört!" rufen, bevor sie sich auf das Essen stürzten, das urplötzlich und einfach so auf den zuvor noch leeren Platten auf dem Tisch auftauchte.
Shi hielt sich nicht zurück und haute genauso rein, wie alle anderen. Gerade als sie sich eine Gabel Bratkartoffeln in den Mund schob, stupste sie jemand mit der Schulter an und mit der Gabel immer noch im Mund drehte sie sich zu demjenigen um, der ihre Aufmerksamkeit wollte. Rotes, verwuscheltes Haar, braune, frech blitzende Augen und eine Unmenge an Sommersprossen.
Shi grinste um die Gabel herum.
Ein Weasley.
Das gleiche Gesicht tauchte hinter diesem auf. Shi schluckte die heißen Kartoffeln herunter und sagte: „Die berühmten Weasley-Zwillinge" im selben Moment, als die beiden die Münder aufmachten, um sich vorzustellen. Überrascht blinzelten sie sie an und Shi deutet mit den Zinken ihrer Gabel auf den, der ihr am nähsten saß. „Fred", die Gabel wanderte weiter. „und George Weasley."
Die Zwillinge wechselten Blicke und sagten unisono: „Kennen wir uns?"
Shi zuckte die Schultern. „Hab euch im Zug gesehen."
George lehnte sich zu ihr hinüber. „Im Zug gesehen?"
Shi tippte sich grinsend mit den Zinken an die Schläfe. „Photographisches Gedächtnis. Einmal gesehen oder gehört und für immer hier oben drin."
„Voll krass!" riefen die Zwillinge gleichzeitig. Keine fünf Minuten später waren die drei in eine wilde Unterhaltung über Hogwarts, die Lehrer, den Unterrichtsstoff und was auch immer noch versunken.
Lee Jordan stieg schnell in die Unterhaltung ein und die drei Jungen speisten Shi mit allen möglichen Informationen und fragten immer mal wieder zwischendurch, worüber sie vor ein paar Minuten noch gesprochen hätten.
Schließlich, als der Nachtisch wieder verschwunden und die Teller wieder so blitzblank, wie zu Beginn des Festmals waren, erhob Professor Dumbledore sich ein weiteres Mal. Sofort verstummte das Geschnatter der Schüler.
„So", sagte Dumbledore und lächelte in die Runde. „Nun, da wir alle gefüttert und gewässert sind, muss ich noch einmal um eure Aufmerksamkeit bitten und euch einige Dinge mitteilen.
Mr Filch, der Hausmeister, hat mich gebeten, euch zu sagen, dass die Liste der verbotenen Gegenstände in den Mauern dieses Schlosses für dieses Jahr erweitert wurde..."
„Aber natürlich!" flüsterten die Zwillinge mit verschlagenem Grinsen. Shis Mundwinkel hob sich zu einem spöttischen Lächeln.
„...und nun auch Jaulende Jo-Jos, Fangzähnige Frisbees und Bissige Bumerangs enthält. Die vollständige Liste zählt, soviel ich weiß, etwa 437 Gegenstände auf und kann in Mr Filchs Büro eingesehen werde, falls jemand sie zu Rate ziehen will." Dumbledores Mundwinkel zuckten leicht und Shi stieg diesmal in das geflüsterte „Aber natürlich!" der Zwillinge mit ein. Sie warfen sich grinsend Blicke zu.
„Wie immer", fuhr Dambeldore fort. „möchte ich euch daran erinnern, dass der Wald auf dem Schlossgelände für alle Schüler verboten ist...", Dumbledores blaue Augen zuckten kurz zu den Weasley-Zwillingen hinüber, die sich grinsend noch weiter aufrichteten.
„...wie auch das Dorf Hogsmeade für alle Schüler der ersten und zweiten Klasse.
Ich habe zudem die schmerzliche Pflicht, euch mitzuteilen, dass der Quidditch-Wettbewerb zwischen den Häusern dieses Jahr nicht stattfinden wird."
Erschrockenes Aufkeuchen und Blickwechsel.
„Der Grund ist eine Veranstaltung, die im Oktober beginnt", sprach Dambeldore ungerührt weiter. „und den Lehrern das ganze restliche Schuljahr viel Zeit und Kraft abverlangen wird, doch ich bin sicher, ihr werdet alle viel Spaß dabei haben. Mit dem größten Vergnügen möchte ich ankündigen, dass dieses Jahr in Hogwarts..."
Dumbledores Rede wurde abrupt unterbrochen, als ein ohrenbetäubender Donner grollte und mit einem lauten Knall die Flügeltüren zur Großen Halle aufgestoßen wurden. In der Doppeltür stand ein Mann, auf einen langen Stock gestützt und in einen schwarzen Reiseumhang gehüllt.
Shi kniff kaum merklich die Augen zusammen. Ein weiterer Blitz am Himmel tauchte den Mann in jähes Licht und Shis Augenbrauen wanderten fast bis zum Haaransatz. Was für eine Überraschung und sie hasste Überraschungen!
Der Mann nahm seine Kappe ab und langes, grauweißes Haar fiel ihm über die mächtigen Schultern. Er musste auch keinen Schritt machen und Shi wusste, dass er ein Holzbein hatte. Das Gesicht von unzähligen Narben überzogen genauso wie der Rest seines Körpers, ein großer Teil seiner Nase fehlte, ebenso wie sein linkes Auge, an dessen Stelle ein leuchtend blaues, magisches Auge getreten war, das sich in alle Richtungen drehte und durch Gegenstände aller Art, als auch seinen Hinterkopf gucken konnte. Diesem Auge verdankte der Mann auch seinen Namen.
Alastor Mad Eye Moody!
Eigentlich war der Auror im Ruhestand, doch Shi konnte sich denken, was der alte Haudegen hier tat. Dumbledore hatte seine Beziehungen spielen lassen, um an einen neuen Lehrer für Verteidigung Gegen Die Dunklen Künste zu bekommen. Und wer war dafür besser geeignet als ein alter Auroren-Freund? Na das würde ein lustiges Jahr werden!
Alastor Moody hatte den Lehrertisch erreicht, ging zielstrebig zu Dumbledore und schüttelte ihm leise murmelnd die Hand.
Mit wachsamem Blick beobachtete Shi das ganze. Alastor Moody war damals der einzige Freund den ihre Tante Yuki hatte und der ihnen geholfen hatte, sich in der kurzen Zeit vor den Todessern und Voldemort zu verstecken, bis sich dessen tödliche Aufmerksamkeit auf Harry Potter gerichtet hatte. Der alte Auror ließ sich auf den leeren Platz neben Dumbledore sinken, zog einen Teller mit Würstchen heran und beschnüffelte das Fleisch, was Shi ein kurzes Mundwinkelzucken entlockte. Immer noch so misstrauisch wie eh und je, der alte Hund.
Als die Würste seine Prüfung bestanden, begann er unverzüglich zu essen. Sein normales Auge, war auf sein Essen gerichtet, während das andere wild umherzuckte und die Halle und die Schüler musterte.
Shi runzelte kaum merklich die Stirn, als das Auge nur kurz über sie hinweg glitt und dann weiter wanderte. Erkannte der Auror sie nicht mehr? Hatte er sie vergessen? Nein! Dieser Mann vergas nie irgendetwas!
Shi beeilte sich ihr Gesicht mit einer ausdruckslosen Maske zu versehen. Entweder reagierte sie übertrieben, oder etwas stimmte hier nicht. Als Dumbledore wieder zu sprechen begann, zwang Shi sich ihre Augen wieder auf den Schulleiter zu richten.
„Ich möchte euch euren neuen Lehrer für Verteidigung Gegen Die Dunklen Künste vorstellen", Dumbledore strahlte über das ganze Gesicht. „Professor Moody."
Wahrscheinlich sollten sie jetzt applaudieren, doch alle schienen zu gebannt von Moody zu sein, dass sich keiner rührte. Außer Dambeldore und Hagrid. Und Shi, doch sie hörte nach dreimal Klatschen wieder auf, als das blaue Auge sich auf die richtete. Shi sah nicht weg, sondern erwiderte kühl diesen Blick. Ihr Gefühl sagte ihr, dass hier etwas wirklich faul war, aber Shi war nicht dämlich. Die Mortem-Familie war mit vielen Eigenschaften gesegnet worden, aber Dummheit gehörte nicht dazu.
Das Auge zuckte nach ein paar Sekunden weiter und Dambeldore räusperte sich. „Wie ich eben erwähnte werden wir in den kommenden Monaten die Ehre haben, Gastgeber einer sehr spannenden Veranstaltung zu sein, eines Ereignisses, das seit über einem Jahrhundert nicht mehr stattgefunden hat. Mit allergrößtem Vergnügen teile ich euch mit, dass dieses Jahr in Hogwarts das Trimagische Turnier stattfinden wird."
„Sie machen Witze!" rief Fred laut neben Shi, das Gesicht vor Ungläubigkeit verzogen. Shi kicherte sich beinahe in Fäustchen so sehr erfreute sie sich an den verdatterten Gesichtern ihrer neuen Freunde. Die vorige Spannung war mit einem Schlag dahin und alle brachen in Gelächter aus und Dumbledore gluckste amüsiert. „Ich mache keine Witze, Mr Weasley", kicherte Dambeldore vergnügt. „obwohl, da fällt mir ein, im Sommer habe ich einen köstlichen Witz gehört. Ein Troll, eine Vettel und ein irischer Kobold gehen zusammen in die Kneipe..."
Doch die Schüler erfuhren nicht mehr, was das für ein köstlicher Witz war, denn Professor McGonagall räusperte sich laut.
„Ähm... aber vielleicht ein andermal... nein...", meinte Dambeldore und sah kurz furchbar enttäuscht aus. „Wo war ich stehen geblieben? Ah ja, das Trimagische Turnier... nun, einige von euch werden nicht wissen, worum es bei diesem Turnier geht und ich hoffe, dass die anderen es mir verzeihen, wenn ich es kurz erkläre, sie können ja inzwischen weg hören.
Das Trimagische Turnier fand erstmals vor etwa siebenhundert Jahren statt, als freundlicher Wettstreit zwischen den drei größten europäischen Zaubererschulen. Hogwarts, Beauxbatons und Durmstrang. Jede Schule wählte einen Champion aus, der sie vertrat und diese drei mussten in Wettbewerben drei magische Aufgaben lösen. Diese Schulen wechselten sich alle fünf Jahre als Gastgeber des Turniers ab und alle fanden, dies sei der beste Weg, persönliche Bande zwischen jungen Hexen und Magiern verschiedener Länder zu knüpfen. Bis allerdings die Todesrate so stark zunahm, dass das Turnier eingestellt wurde."
Shi grinste bei dem letzten Satz und verbarg es schnell hinter ihrer Faust. Geflüster brach aus und breitete sich über die vier Tische in der ganzen Halle aus.
„Es gab im Laufe der Jahrhunderte mehrere Versuche, das Turnier wieder einzuführen, doch keiner davon war sehr erfolgreich", erklärte Dambeldore weiter. „Nun allerdings haben unsere Abteilungen für Internationale Magische Zusammenarbeit und für Magische Spiele Und Sportarten beschlossen, dass die Zeit reif ist für einen neuen Versuch. Den ganzen Sommer über haben wir uns alle Mühe gegeben, dafür zu sorgen, dass diesmal kein Champion in tödliche Gefahr geraten kann.
Die Schulleiter von Beauxbatons und Durmstrang werden mit ihren Kandidaten engerer Wahl im Oktober hier eintreffen und die Ausscheidung für die drei Champions wird an Halloween stattfinden. Ein unparteiischer Richter wird entscheiden, welche Schüler geeignet sind, im Trimagischen Turnier für den Ruhm ihrer Schule anzutreten und das ausgesetzte Preisgeld von tausend Galleonen zu gewinnen."
„Ich mach mit!" flüsterte Fred neben Shi so laut, dass es alle am Tisch hören konnten und grinste bis über beide Ohren. Shi grinste in sich hinein und legte einen Finger auf die Lippen. „Na na", schnurrte sie verschlagen. „Professor Dambeldore ist noch nicht fertig."
Fred schüttelte nur grinsend den Kopf und wandte sich wieder Dambeldore zu, als dieser wieder die Stimme erhob. „Zwar weiß ich, wie begierig ihr alle seid, den Trimagischen Pokal für Hogwarts zu holen, doch die Leiter der teilnehmenden Schulen haben gemeinsam mit dem Zaubereiministerium beschlossen, in diesem Jahr eine Altersbegrenzung für die Bewerber fest zusetzten. Nur Schüler, die volljährig sind, das heißt siebzehn Jahre oder älter, erhalten die Erlaubnis sich am Wettbewerb zu beteiligen."
Shi biss sich in die Faust um ihr schallendes Gelächter zu unterdrücken, das angesichts Freds entsetzter Miene in ihr hochblubberte.
„Das ist ein Schritt", Dumbledores Stimme nahm an Lautstärke zu, da jetzt einige Schüler empört aufschrien und das Entsetzten auf den Gesichtern der Weasley-Zwillinge verwandelte sich in Zorn, während Shi sich vor unterdrücktem Gelächter den Bauch halten musste.
„Dies ist ein Schritt, den wir für notwendig halten, denn die Turnieraufgaben sind schwierig und trotz aller Vorkehrungen nur unter Gefahr zu lösen und es ist höchst unwahrscheinlich, das Schüler unterhalb der sechsten Klassenstufe damit zurechtkommen. Ich persönlich werde dafür sorgen, dass kein minderjähriger Schüler unseren unparteiischen Schiedsrichter hinters Licht führt, um Hogwarts-Champion zu werden." Blaue Augen richten sich kurz funkelnd auf die Weasley-Zwillinge, die die Gesichter rebellisch verzogen hatte, während Shi halb über dem Tisch lag.
„Ich bitte euch daher, eure Zeit nicht mit einer Bewerbung zu verschwenden, wenn ihr noch nicht siebzehn seid.
Die Abordnungen aus Beauxbatons und Durmstrang werden im Oktober eintreffen und den größten Teil des Jahres bei uns bleiben. Ich weiß, dass ihr unsere ausländischen Gäste mit größter Herzlichkeit empfangen und den Hogwarts-Champion mit Leib und Seele unterstützen werde, sobald er oder sie ausgewählt ist."
Shi hatte aufgehört zu lachen und verzog leicht das Gesicht. Größter Herzlichkeit! Aber sicher doch!
„Und nun ist es spät und ich weiß, wie wichtig es ist, dass ihr alle wach und ausgeruht seid, wenn ihr morgen in die Klassen geht. Schlafenszeit! Husch, husch!"
Shi fasste Fred und George am Umhang und zog leicht daran, da keiner der Zwillinge Anstalten machte, sich zu bewegen. Stattdessen funkelten sie Dumbledore wutentbrannt an.
„Das können sie nicht mache!" beschwerte George sich. „Im April werden wir siebzehn, warum dürfen wir es nicht ausprobieren?"
Harry Potter, Ron Weasley und Hermione Granger stießen zu ihnen.
„Ich trete jedenfalls an, daran werden die mich nicht hindern", knurrte Fred mit finsterer Miene, während Shi wieder einen Lachkrampf unterdrücken musste.
„Der Champion darf sicher alles Mögliche anstellen, was wir sonst nie tun dürfen. Und tausend Galleonen Preisgeld!"
Shi verdreht grinsend die Augen und zog ruckartig an den Umhängen der Zwillinge, sodass sie keine andere Wahl hatten, als ihr zu folgen. „Sicher werdet ihr das", trällerte sie gut gelaunt. Hermione und Shis Blicke kreuzten sich kurz und sie verdrehten beide leicht die Augen.
„Ich sag's dir...", setzte Fred an und starrte böse auf sie hinab. Shi lachte nur laut auf und klinkte sich aus der Unterhaltung aus. Natürlich speicherte ihr Kopf alles ab, aber sie konzentrierte sich nicht mehr darauf.
Schließlich gelangten sie alle zum Eingang des Gryffindor-Turms, der hinter dem großen Porträt einer fetten Dame in einem rosa Seidenkleid verborgen war. Auf halben Weg war Neville Longbottom zu ihnen gestoßen und obwohl Shi ganz neu in Hogwarts war, behandelten sie sie alle, als wäre sie schon immer da gewesen.
„Passwort?" quakte die fette Dame.
„Quatsch", antwortete George. „hat mir der Vertrauensschüler verraten", erklärte er sich den fragenden Blicke und hoch gezogenen Augenbrauen von Shi. Das Gemälde schwang zur Seite auf und gab den Blick auf ein großes Loch in der Wand frei.
Der Eingang zum Gryffindor-Gemeinschaftsraum.
Nacheinander kletterten sie durch das Loch und wurden von einem knisternden Feuer empfangen, das fröhlich im Kamien des Gemeinschaftsraums flackerte. Im Raum waren Tische und weiche Sofas und Sessel verteilt. Ziemlich gemütlich, genau wie ihre Tante es ihr prophezeit hatte.
Gemeinsam mit Hermione verabschiedete Shi sich von den Jungs und sie stiegen die gewundene Treppe zu den Mädchenschlafsälen hoch. Plötzlich wandte Hermione sich ihr zu. „Warum hast du eigentlich nach Hogwarts gewechselt?"
Diese Frage hatte Shi bis jetzt noch niemand gestellt und ihr Lächeln hatte etwas leicht Verkniffenes. „Es war nur eine sehr kleine Schule und ich wollte mehr aus meiner Schulbildung heraus holen, als nur das, was sie mir da bieten konnten", erklärte Shi schließlich einen Teil der Wahrheit. Hermione nickte verstehend. „Das ist sehr vernünftig!"
Shi musste sich ein breites Grinsen verkneifen. Natürlich! Für die wissbegierige Hermione Granger klang das wirklich sehr vernünftig. Shi konnte nicht anders. „Aber ich weiß nicht, ob mir das hier reichen wird."
Hermione zog überrascht die Augenbrauen hoch und blieb vor dem Schlafsaal der Mädchen der sechsten Klasse stehen. „Nicht?" quickte sie fast schon und Shi tippte sich breit lächelnd an die Schläfe. „Ich besitze ein photographisches Gedächtnis."
Hermione verzog leicht das Gesicht. „Beneidenswert!"
Shi lachte leise und griff nach der Türklinke. „Jetzt sollte ich aber aus diesen Sachen raus, sonst bin ich morgen noch krank und das will ich auf keinem Fall."
Verstehend nickte Hermione und Shi verschwand in ihrem Schlafsaal.

Times Das Mädchen, das den Tod siehtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt