Rettung in letzter Sekunde

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Sie sieht sich aufmerksam um. Diesen Raum kennt sie! Er befindet sich im Ministerium.
Um sie herum tobt ein Kampf. Ein ziemlich heftiger Kampf. Todesser und Orden-des-Phönix-Mitglieder lassen Flüche und Zauber durch den Raum schießen und duellieren sich gnadenlos.
Vor ihr auf den Stufen stehen zwei Jungen. Ihre Gesichter sind zwar verschwommen, doch sie erkennt sie auch so.
Harry Potter und Neville Longbottom!
Sie unterhalten sich ziemlich angeregt. Neville hat anscheinend wieder irgendwas Tollpatschiges angestellt und somit ist was zu Bruch gegangen.
Da schreit Neville plötzlich: "DUMBLEDORE!"
Offenbar hat der Arme kräftig was abbekommen. Sie folgt dem Blick der Jungen und beobachtet mit hochgezogenen Augenbrauen Albus Dumbledore. Sein Erscheinen wendet das Blatt sofort. Die Todesser versuchen augenblicklich zu fliehen, doch der alte Professor kennt kein Erbarmen.
Mit zusammen gekniffenen Augen verfolgt sie den Ablauf der Schlacht. Galant springt sie die Stufen hinab und schreitet durch den Kampf, als wäre es eine schöne Blumenwiese. Innerhalb weniger Sekunden nach dem Erscheinen des Professors, duellierte sich nur noch ein Paar. Sie bleibt neben ihnen stehen, auf einem Podium direkt vor einem uralten Torbogen, der anstatt einer Tür einen Schleier oder so was ähnliches vorzuweisen hat. Dieser wuschige Haarschopf und die irre Stimme können nur einer Person gehören. Bellatrix Lestrange und sie kämpft gegen ihren Cousin, Sirius Black. Ein eigenartiges Duellierpaar. So darauf versessen, sich gegenseitig zu Fall zu bringen. Die alten Familien, Black, Lestrange, Malfoy..., sie alle stehen eigentlich geschlossen hinter Voldemort, doch dieser Black und ein paar weitere Ausnahmen, haben sich gegen ihn gestellt.
Sie ahnt Übles! Einer dieser beiden wird gleich sterben und sie hat so eine Ahnung, wer das sein wird.
Sirius weicht einem Lichtblitz aus und lacht seine Cousine aus.
Komm schon, das kannst du doch besser!" Seine Stimme hallt von den Wänden. Ein weiterer Fluch. Und diesmal trifft er sein Ziel.
Der Lichtblitz schlägt in seine Brust ein und sie senkt ergeben den Blick, will es nicht mit ansehen müssen. Doch natürlich bleibt ihr nichts erspart. Sein Körper fällt und rollt zu ihr. Bevor er durch sie hindurch gleitet und hinter dem Bogen verschwindet, erhascht sie einen letzten Blick auf sein gezeichnetes Gesicht. Die Augen sind vor Entsetzen aufgerissen und das Lachen ist auf seinen Lippen erstarrt. Er verschwindet hinter dem Schleier. Der Triumphschrei der Todesserin hallt ihr in den Ohren. Harry schreit den Namen seines Paten. Seine Stimme trieft vor Schmerz und Entsetzten.
Sirius Black!
Tot!
Shi riss die Augen auf!

Monate später

Die Mortem-Frauen wechselten Blicke.
„Das ist eine schlechte Idee", seufzte Yuki und Shi kicherte. Doch es klang nicht so sorglos, wie es sollte. „War ja auch meine!"
Ihre Tante warf ihr einen bösen Blick zu. „Das wird folgendermaßen ablaufen", knurrte Yuki und drohte ihrer Nichte mit erhobenen Zeigefinger und Shis Mundwinkel hob sich zu einem lässigen Grinsen.
Der alte, gut bekannte Finger.
„Wir gehen da rein, mischen uns nirgends ein, retten Sirius den Arsch und verschwinden genauso schnell auch wieder."
„Auch kein kleines Schwätzchen zwischen alten Freunden?" stichelte Shi und ihre Tante wurde Rot. „Wir sind nur Freunde!" knurrte sie regelrecht und Shi lachte leise. „Ach wirklich?"
„Vielleicht hab ich was für schwarze Haar übrig, aber ich mag es eher..."
„Glatt und fettig?"
Yuki konnte ihre Nichte nur anstarren. „Wovon zur Hölle redest du da?"
„Das wissen wir beide, Tantchen!"
Statt einer Antwort knurrte Yuki und Shi lugte grinsend um die Ecke.
„Ich mag es lockig", murmelte Yuki noch so leise, dass Shi es eigentlich nicht hätte hören können, doch diese warf ihr über die Schulter nur ein schiefes Grinsen zu. Yuki verdrehte die Augen. „Du bist unausstehlich!"
„Ich habe von der Besten gelernt", schoss Shi sofort zurück. Yuki grinste. „Oh ja, das hast du!"
Ihrer Unterhaltung kam zu einem abrupten Ende, als sie Stimmen und Geschrei vernahmen. Kampfgeräusche.
„Na dann mal los", flüsterte Yuki und mit gezückten Zauberstäben sputeten die beiden los. Im Türrahmen zu dem Raum, in dem die Schlacht stattfand, stießen sie beinahe mit Dumbledore zusammen. Er schien sie gar nicht zu bemerken. Wutentbrannt stürmte der alte Mann in den Raum und die Mortem-Frauen tauschten Blicke aus. Sie verzogen beide gleichzeitig das Gesicht und mussten fast lachen. Doch schnell wurden sie wieder ernst und Shi sputete dem Professor hinterher in den Raum. Yuki wollte ihrer Nichte folgen, musste sich jedoch ducken, als ein Fluch über sie hinweg fegte und den Türrahmen sprengte.
Shi sprang über einen am Boden liegenden Körper und schoss wie der Blitz zwischen den Kämpfenden umher. Wich Flüchen, Kämpfenden und Flüchtenden aus.
„Komm schon, das kannst du doch besser!" erklang Sirius' Stimme und Shi riss den Kopf hoch. Ihr blieben nur noch wenige Sekunden. Sie rannte weiter. Zorn und Schreck kämpften in ihr um die Wette. Sie würde zu spät kommen!
Es ging ganz schnell.
In der einen Sekunde stand Sirius noch auf beiden Beinen und duellierte sich mit seiner Cousine und in der nächsten rollte er über den Boden. Anstatt durch den Bogen und hinter dem Schleier zu verschwinden, knallte er gegen den Stein und stöhnte vor Schmerz laut auf. Riesige schwarze Augen starren ihn an. Ein höhnisches Grinsen spielte um ein Paar wunderschöner Lippen.
„Hey, Black! Wie geht's denn so?"
„Mortem!" Er grinste. „Mir ging es noch nie besser!" Er schnurrte beinahe.
„Ich unterbreche euer herzzerreißendes Wiedersehen zwar nur ungern, aber sucht euch ein Zimmer!"
Sirius sah auf und erblickte eine kleinere, jüngere Version der Mortem, die auf ihm lag, vor ihren stehend. Mit erhobenen Zauberstab und seiner Cousine gegenüber, die die Zähne fletschte.
„Vorsicht Süße, oder ich muss dir einen Maulkorb verpassen und das willst du dich nicht", lachte die junge Mortem gehässig. Yuki grinste auf ihn hinab und sprang elegant auf die Beine. Lässig zog sie ihn mit sich hoch und deutete auf die schmale Kehrseite des langhaarigen Mädchens vor ihnen. „Darf ich vorstellen? Meine Nichte Shi!"
Shi winkte nur mit ihrer freien Hand ohne Bellatrix aus den Augen zu lassen. Die wirbelte fauchend auf dem Absatz herum und stürzte davon. Sie drehte sich zu ihnen um und das gleiche höhnische Lächeln, wie auf Yukis Lippen verzog die ihren. Doch es verblasste ziemlich schnell. Langsam neigte sie sich ein Stück zur Seite und schielte an den beiden vorbei. „DUMBLEDORE!" brüllte sie und der Zauberer wirbelte zu ihr herum. Shi deutete in Richtung Ausgang. „Dein Goldjunge ist gerade hinter der Lestrange-Schlampe her gerannt. Ich glaub, er denkt Sirius ist tot und will Rache."
Alle drehten sich zu ihnen um.
„Sirius?!" Lupin klang, als hätte man ihm gerade in die Eier getreten. Vollkommen vor den Kopf gestoßen, starrte er seinen Freund an. „Ich dachte... du..."
Shi verdrehte die Augen und starrte Dumbledore auffordernd an. Er starrte zurück, die Miene vor Überraschung verzerrt.
„Bewegen Sie ihren alten Arsch!" brüllte Shi und das schien ihn aufzurütteln. Er warf den Mortem-Frauen und Sirius einen letzten Blick zu, bevor er davonstürmte, hinter Harry her. Die beiden Frauen tauschen Blicke.
„Wir sollten verschwinden", verkündete Shi und Yuki nickte. „Das sollten wir!"
„Wir sollten einfach wieder untertauchen!"
„Das sollten wir!"
„Du solltest mit ihm hübsche Babys machen!"
„Das sollte ich..." Yuki brach ab und Shi lachte auf, streckte ihrer Tante die Zunge raus und rannte Dumbledore hinterher. Yuki starrte ihrer Nichte hinterher. Sie wusste sie sollte ihr nach laufen und wenn es einzig und allein deswegen war, um ihr den Hintern endlich zu versohlen.
„Wir sollten ihnen nach", murmelte Sirius neben ihr und Yuki schoss kurz die heiße Röte ins Gesicht, bevor sie sich wieder im Griff hatte. Sie seufzte und umfasste ihren Zauberstab fester. „Das sollten wir, immerhin ist er dein Junge und sie mein Mädchen!"
Sie rührten sich nicht.

Shi drückte auf den Knopf im Aufzug und war froh über ihre Selbstbeherrschung. In aller Ruhe stand sie in dem leeren Aufzug und wartete Geduldig darauf, anzukommen. Die Aufzugtür glitt auf und Shi konnte gerade noch sehen, wie Fawkes der Phönix herabstürzte und einen Todesfluch einfach verschluckte. Fast augenblicklich ging er in Flammen auf und Shi schoss geduckt hinter einer Säule in Deckung. Dann checkte sie die Lage. Harry wurde von einer goldenen Statue geschützt, die zuvor den Brunnen verzieht hatte, auf dem Voldemort stand. Bellatrix wurde von einer weiteren Statue am Boden festgehalten und Dumbledore lieferte sich ein beeindruckendes Duell mit Voldemort. Shi nahm sich vor den Professor nie wieder alt zu nennen. Aber sie würde ihr Vorhaben eh nie einhalten, dafür machte es ihr viel zu viel Spaß.
Dumbledore fing Voldemort in einer Kugel aus Wasser ein und für ein paar Sekunden konnte sie dessen Umrisse im Wasser erkennen, doch dann lösten sie sich auf. Das Wasser platschte zurück ins Becken und Shi wusste, dass in diesem Moment die Gefahr überall lauern konnte. Trotzdem gab sie ihre Deckung hinter der Säule auf und schritt fast schon gemächlich durch die Halle auf Harry zu. Sie würde nichts gegen das tun, wovon sie überzeugt war, dass es gleich passieren würde. Sie musste es wissen! Sie wollte es sehen!
Harrys Narbe glühte weiß auf und er brach zusammen. Shi näherte sich ihm weiterhin, während er sich unter unsagbaren Schmerzen auf dem Boden wand. Voldemort war in Harry!
Shi blieb neben ihm stehen und zog aus ihrer hinteren Jeanstasche eine Zigarettenpackung. Eine schlechte Angewohnheit ihrerseits, die sie seit ein paar Monaten hatte. Sie war nicht wirklich nikotinabhängig, aber es beruhigte sie, wenn ihre Finger etwas zu tun hatte. Wortlos klemmte sie sich einer der Selbstgedrehten zwischen die Lippen und zündete sie an. Dumbledore ging neben Harry in die Knie und beugte sich über ihn, während Shi den Rauch durch die Nase ausstieß.
Plötzlich füllte sich die Halle mit Zauberern, die apparierten. Angestellte aus dem Ministerium, Auroren und der Minister persönlich. Ihr rechtes Auge zuckte leicht. Der hatte ihr gerade noch gefehlt!
Harrys Narbe hörte auf zu glühen. Shi wusste augenblicklich wo Voldemort war. Ihre schwarzen Augen begegneten den roten, die sich bei ihrem Anblick kurz weiteten. Doch er vergeudete keine Zeit.
Er packte Bellatrix und im nächsten Wimpernschlag war er mit seiner treuen Anhängerin verschwunden. Das Stimmengewirr der Anwesenden wurde fast ohrenbetäubend. Shi verzog gereizt das Gesicht und beachtete keinen von ihnen, selbst Dumbledore nicht. Der musste sich nämlich mit Fudge beschäftigen und auf dieses Gespräch hatte sie wenig Lust. Sie sollte von hier verschwinden. Doch anstatt sich aus dem Staub zu machen, beugte Shi sich zu Harry hinunter und schob ihm sanft die Brille auf die Nase. Er blinzelte zu ihr hoch. Sie lächelte um ihre Zigarette herum auf ihn hinab. „Keine Bange, Harry", murmelte sie sanft und drückte seine Schulter. „Sirius lebt! Er ist unten bei meiner Tante und verdammt lebendig! Keine Sorge!" Shi richtete sich auf, nickte ihrem alten Lehrer zu und war verschwunden. Zurück blieb nur eine Rauchwolke, wo sie gerade gestanden hatte.

Times Das Mädchen, das den Tod siehtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt