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,,Alles klar..." nuschelte er schnell und versank dann wieder zurück in seine Gedanken.

. . .

Seit einigen Minuten saßen wir schon dort. Schweigend, mitten auf dem Sofa, ohne uns auch nur ein mal angesehen zu haben. Er wusste, dass ich es weiß. Und ich wusste auch, dass er immer mehr wusste, als ich es tun würde. Und das bescherte mir Unbehagen. Denn woher wusste er es? Waren wir richtige Brüder? Halbbrüder? Stiefbrüder? Fragen die er bestimmt beantworten konnte. Doch warum konnte er es?

Gerade bevor ich zu einem Satz ansetzen wollte brach Jungkook das Schweigen. ,,Ich weiß, dass Yoongi mich nie verraten würde. Also... Seokjin?" fragte er mich, obwohl er die Antwort schon kannte.

Ich nickte.

Zerschlagen fuhr er sich durch die Haare.

,,Jungkook... woher weisst du es?"

Er blickte zu mir auf,  doch seinen Blick konnte ich nicht deuten.

,, . . . Unsere Eltern haben mich zur Adoption freigegeben... eigentlich... war ich noch in der Familie, aber unsere Großeltern haben sich um mich gekümmert."

,,Aber wieso?  und warum habe ich dich nie gesehen? Warum hat mir nie jemand was erzählt, wenn sie dir alles gesagt haben?" entgeistert sah ich ihn an. Ich verstand überhaupt nicht mehr, was in dieser Welt vor sich ging. Alles was ich je dachte gewusst zu haben, wurde in nur ein paar Tagen zerstört. Familie? Nette Menschen? Anscheinen alles eine Sache der Illusion.

,,Ich... ich weiß nicht genau, unsere Eltern hatten kein Geld... aber warum du nichts von mir wissen durftest, weiß ich nicht... und wenn Familientreffen anstanden, dann wurde ich zu Freunden gegeben. ... Mit 18 haben sie mich dann raus geschmissen und ich brauchte dringend Geld... also bin ich ... naja, den Rest kennst du ja..."

Wieder spürte ich das mir alt vertraute flaue Gefühl in der Magengrube. Nicht, dass es eine Entschuldigung wäre, jedoch Verstand ich das eine, dass sie ihn weg gaben, weil sie nicht für ihn sorgen konnten. Doch, wenn er die ganze Zeit bei meinen Großeltern war, warum durfte ich ihn nicht kennen?

,,Ich denke... sie wollten einfach nicht, dass du weisst, dass sie eines ihrer Kinder weg gaben..." murmelte Jungkook leise.

Gedankenverloren stimmte ich ihm mit einem Nicken zu. Nicht, dass ich seine Aussage zustimmte, doch gerade war ich viel zu sehr in Gedanken versunken, als, dass ich etwas richtiges darauf erwidern könnte.

,,Bist du sauer?"

Fragend blickte ich zu ihm hoch. ,,Auf unsere Eltern? Ja."

Ein leichtes Nicken durchfuhr ihn. ,,Und auf mich?"

,,Dich?"

,,Dass ich es dir nicht gleich gesagt habe..."

Meine Lippen formten sich zu einem sanften Lächeln. Ich schüttelte den Kopf. ,,Nein... ich hätte es nicht anders gemacht... denke ich."

Wieder nickte er leicht, während auch er  ein leichtes Lächeln nicht unterdrücken konnte.

Dann umarmte er mich ruckartig und ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, erwiderte ich diese. Er war warm, ich fühlte mich wohl, sicher und seit langem wieder geborgen.

Denn auch, wenn es noch all die offenen Fragen gab, auf deren Antworten ich noch einige Zeit warten müsste, freute ich mich vorerst über die Tatsache, dass ich einen solch tollen Bruder hatte, den ich noch in meinem Leben treffen durfte.

wealth addiction  | yoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt