Kapitel 49 - Ich bin es nicht

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Eine Woche musste sie im Krankenflügel verbringen. Eine ganze Woche in der so ziemlich jede Person der Schule bei ihr war, um nach ihr zu sehen. Alle, bis auf einer. 

Draco hatte sich kein einziges Mal blicken lassen und Hermione konnte einfach nicht verstehen warum. Nun vielleicht konnte sie es doch. Er war wütend auf sie. Er hatte sie so oft vor dem Drachen gewarnt, hatte versucht ihr zu erklären wie gefährlich er ist und obwohl sie es irgendwann begriffen hatte, war sie trotzdem nicht stark genug um sich gegen seinen Einfluss zu wehren. Sie hätte es besser machen müssen. 

Trotzdem versetzte es ihr einen tiefen Stich dass er nicht kam. Jedes Mal wenn sich die große Türe zum Krankenflügel geöffnet hatte, fing ihr Herz plötzlich an schneller zu schlagen, in der Hoffnung den blonden Slytherin zu sehen. Doch es war vergebens. Er kreuzte nicht auf. Warum kreuzte er nicht auf? Immerhin war sie gerade so mit dem Leben davon gekommen! Wenn Ron sie nicht aufgefangen hätte, wäre sie jetzt nicht mehr hier. 

Sie verstand es nicht. Sie hatte dem Rothaarigen so viel angetan, hatte sein Herz gebrochen und darauf rumgetrampelt und trotzdem schaffte er es sie jeden Tag zu besuchen. Zwei mal. Er war morgens an ihrem Bett wenn sie aufwachte, kurz bevor der Unterricht beginnt und er war Abends bei ihr und wartete bis sie eingeschlafen war. Das hätte eigentlich Draco tun müssen. Wieso also tat er es nicht?

In ihrer letzten Nacht im Krankenflügel kam Ron etwas später als sonst. Er hatte ein strahlendes Lächeln aufgesetzt und hatte ihr sogar Blumen mitgebracht. Hermione grinste. "Na jetzt hast dus ja bald geschafft und darfst hier raus." sagte der Gryffindor. 

"Ja dank dir. Ohne dich wäre ich jetzt wohl nichts weiter als ein verkohlter Haufen Knochen. Habe ich dir schon einmal gesagt wie dankbar ich dir dafür bin?" sagte das Mädchen ehrlich und nahm lächelnd die Blumen entgegen. Es waren einfache pinke Geranien die herrlich dufteten und den strengen Desinfektionsgeruch des Krankenflügels verscheuchten. "Die sind wunderschön."

"Genau wie du." schmeichelte ihr der Rothaarige und setzte sich lächelnd auf dem Stuhl neben ihr Bett. Hermione errötete leicht. "Übrigens finde ich dass dir die kurzen Haare echt super stehen." Nun wurden ihre Wangen tomatenrot. 

Es war ungewohnt für die Gryffindor in den Spiegel zu sehen. Sie hatte immer lange Haare gehabt. Lange, braune, buschige Haare, doch dank des Feuers wurde ein beachtlicher Teil davon verkohlt und musste abgeschnitten werden. Nun waren sie gerade noch schulterlang und Hermione konnte sich einfach nicht daran gewöhnen. Dabei sollte das das letzte sein worüber sie nachdenkt. Haare können wachsen. 

"Danke Ronald." erwiderte sie lächelnd und legte die Blumen zur Seite. Verlegen schaute sich Ron in dem Raum um. Es war deutlich dass er etwas sagen wollte, doch er traute sich nicht. Wahrscheinlich würde Hermione gleich eine schreckliche Nachricht hören. 

"Hermione... ich... ähm..." stammelte er vor sich hin, doch er schien nicht die richtigen Worte zu finden. Aufmunternd blickte die Gryffindor ihn an. Ronald kratzte sich unschlüssig am Kopf und atmete einmal tief aus. "Okay... also Hermione ich ähm... muss dir etwas sagen." brachte er dann endlich hervor und Hermiones Herz klopfte wie verrückt. Hoffentlich war nichts passiert. 

"Ich liebe dich." 

Drei Worte. Mehr hatte es nicht gebraucht um das Mädchen in Panik zu versetzen. Sie hatte mit allem gerechnet, hatte sich bereits ausgemalt dass der Drache nicht tot war und nun auf Hogwarts zu fliegt, oder das Draco von seinem Vater persönlich nach Askaban gebracht wurde nachdem er von ihnen erfahren hatte, doch nicht damit. 

"Sag doch was." bat Ron sie nachdem sie wohl mehrere Minuten einfach geschwiegen hatte. Sie starrte ihn noch eine Weile an, dann räusperte sie sich kurz und fragte schockiert: "Du liebst mich?" 

"Hermione... das war doch offensichtlich? Ich meine wir waren ziemlich lange zusammen und... ich hab dich in letzter Zeit jeden Tag besucht, ich hab dir Blumen gebracht und Komplimente gemacht... naja und... also ich dachte... weil... als du aufgewacht bist hast du meinen Namen gesagt... ich hab dein Leben gerettet und wir haben uns so gut verstanden... ich dachte dir geht es genauso..." erklärte er der Hexe notgedrungen. 

"Ron." unterbrach sie ihn schnell und griff ihm mit aufmunternden Blick an die Schulter. "Ron ich bin dir so dankbar für alles, wirklich! Und ich kann dir gar nicht sagen wie glücklich es mich gemacht hat dass du mich besuchen gekommen bist. Dass du so für mich da warst. Und ich stimme dir zu wir sind uns wirklich wieder näher gekommen, aber ich dachte das wäre alles freundschaftlich. Ich dachte du willst dahin zurück wo wir waren bevor wir zusammen waren und bevor das alles mit Draco passiert ist. Ich hab dich wirklich gern. Sehr gern und ich bin mir sicher irgendwann findest du die richtige Frau für dich, aber glaub mir bitte wenn ich dir sage dass ich das nicht bin." 

Ron wirkte traurig und schaute gedrückt zu Boden. "Das weißt du nicht Hermione. Du warst es schon immer für mich und du wirst es auch immer sein." flüsterte er den Tränen nahe. Wie konnte sie behaupten dass sie es nicht war. Sie hatte keine Ahnung von seinen Gefühlen, sie wusste nicht was sie in ihm auslöste. 

"Und ich wünschte mir das mit uns wäre genug. Aber vertrau mir, das ist nicht das höchste aller Gefühle. Du musst es nur zulassen und dann, wahrscheinlich wenn du es am wenigsten erwartest, kommt jemand der dich überwältigt. Jemand, in dessen Augen du schaust und du einfach gar nicht anders kannst als zu grinsen. Jemand, mit dem du dich stundenlang unterhalten kannst, über alle möglichen Themen und Bücher. Jemand, in dessen Nähe du es nicht aushältst ihn nicht zu berühren, weil die Luft so unerträglich knistert. Jemand, mit dem du streiten kannst bis die Fetzen fliegen und du doch weißt, dass er immer zu dir hält. Jemanden der dich liebt und immer lieben wird ganz egal was kommen mag. Und dieser jemand bin nicht ich. Es tut mir so leid dass ich es nicht bin, aber so ist es nun mal. Aber das merkst du erst wenn derjenige in dein Leben tritt." 

"Es ist also immer noch Malfoy?" fragte Ron und Hermione erkannte die glitzernde Träne die sich in seinem Augenwinkel gebildet hat. Sie wusste dass er sie liebte und es ernst meinte, aber genauso sehr wusste sie dass sie recht hatte. Wenn es Ron wäre, wäre ihr Leben vermutlich um einiges leichter. Sie hätte Schwiegereltern die sie lieben, sie hätte vermutlich weniger Auseinandersetzungen und Ärger, sie würde nach Hause kommen und er wäre da, würde für sie sorgen und wenn sie Draco nie kennengelernt hätte, wäre das die schönste Vorstellung der Welt gewesen. Doch sie kannte ihn.

"Es ist immer noch Malfoy." bestätigte sie seine Frage und lächelte aufmunternd. Ron atmete einmal tief ein und wieder aus. Dann stützte er die Hände auf die Oberschenkel und erhob sich enttäuscht von seinem Stuhl. "Tja dann. Vielleicht können wir die Sache einfach vergessen? Ich meine, ich vermisse dich. Du hast mir weh getan... zwei mal aber ich denke trotzdem dass ich dir verzeihen kann. Wir waren doch ziemlich gute Freunde oder?" er lächelte leicht doch Hermione erkannte den Schmerz darin. Sie nickte und Ron wandte sich zur Tür. 

"Ron?" sagte sie kurz bevor er ging. Ein letztes Mal drehte er sich zu ihr um. "Ich wünsche dir alles Gute, ich bin mir sicher sie wird bald kommen. Ich liebe dich." und dann ging er ohne ihr noch eine Antwort zu geben. 

Hermione wusste dass es schwierig werden würde, aber sie war sich sicher dass sie es schaffen würden zu der Zeit zurück zu kehren als sie nur befreundet waren. Es würde dauern, vermutlich sehr lange, aber sie würden es schaffen. 

Erschöpft lehnte sich das Mädchen auf dem Krankenbett zurück. Es war die letzte Nacht die sie hier verbringen musste und sie freute sich sehr darauf, endlich diesen Raum verlassen zu können. Gleichzeitig machte es ihr Angst. Sie würde Draco sehen und sie würde ihn fragen müssen warum er sie nicht besuchen kam. Was wenn seine Antwort ihr nicht gefallen würde? Was würde sie tun wenn Draco sie verlässt? 

Doch fürs erste sollte sie sich darüber nicht zu lange den Kopf zerbrechen. Sie würde es erfahren und wenn es soweit war, konnte sie sowieso nichts an seiner Entscheidung ändern. Sie müsste es akzeptieren. 

Dramione - Walk into shadow Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt