Es ist nichts...

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Es ist nichts...

Ich saß auf der Couch, die ich teilweise schon besser kannte, als mein eigenes Bett und lernte Englisch für mein mündliches Abi. Lange würde es nicht mehr dauern, bis ich mit der Schule fertig war. Um genau zu sein weniger als einen Monat. "Na, meine Lieblings- Nudel?" Taddl legte mir von hinten die Arme um die Hüfte und küsste meinen Nacken. "Taddl... Ich muss lernen..." versuchte ich schwach zu widersprechen und doch schloss ich die Augen, genoss seine Zärtlichkeit und Nähe. "Wieso? Du bist doch gut genug..." murmelte er zwischen zwei Küssen und seine Hände begannen langsam höher zu wandern. "Gut genug... ist man nie..." versuchte ich zu sagen, doch es war schwierig genug Konzentration aufzubringen um auch nur einen zusammenhängenden Satz zu formulieren. Dann fanden sich unsere Lippen. Irgendwie verlor Taddl das Gleichgewicht, wurde über die Couch gezogen und landete schließlich auf mir. Wir mussten beide lachen, hörten aber trotzdem nicht auf uns zu küssen. "Ich sollte wirklich lernen!" kicherte ich und langsam ließ Taddl von mir ab. Er sah mir einfach nur verträumt in die Augen. "Am liebsten würde ich dich nie wieder los lassen." flüsterte er mit seiner tiefen Stimme. "Und ich würde am liebsten nie wieder gehen." Ich schloss die Augen und vergrub mein Gesicht in seinem T-Shirt. Taddl legte den Arm um mich und streifte dabei ausersehen meine rechte Schulter. Unter seiner Berührung zuckte ich zusammen und zog vor Schmerz scharf die Luft ein. "Mona? Was ist?" Erschrocken rappelte Taddl sich auf und musterte mich besorgt. "Nein, es ist nichts..." unwillkürlich zupfte ich das T-Shirt über meiner Schulter zurecht, doch Taddl schob meine Hand zur Seite und zog den Stoff so weit herunter, dass der große, dunkelblaue Fleck zu sehen war. "Mona, oh Gott! Was ist da passiert?" "Nun komm schon, Taddl. So dramatisch sieht es gar nicht aus..." "Wenn ich wüsste, dass du zuhause Longboard fahren würdest, oder sonst irgendeinen gefährlichen Sport machen würdest, aber das tust du nicht und für einen normalen Sturz, oder einmal nachts am Türrahmen anrennen ist das zu heftig!" Hastig zog ich den Stoff meines T-Shirts wieder über den tiefblauen Fleck und hob das Buch wieder vom Boden auf, während Taddl mich weiter anstarrte. "Dann auch noch diese merkwürdige Form..." er erstarrte. "Mona, WER war das? Das ist die Form einer Hand!" Ich tat, als hätte ich ihn nicht gehört und schlug das Buch wieder auf. Ich konnte mich noch zu gut daran erinnern von wann dieser blaue Fleck war. Nachdem der erste Schock verschwunden war hatte ich den Schmerz sofort gespürt und obwohl das schon einige Zeit her war spürte ich seinen festen Griff immer noch an meiner Schulter. "Hey..." sanft zog Taddl mir das Buch aus der Hand. "Wenn du es mir nicht erzählen willst ist das in Ordnung, aber du kannst mir vertrauen..." "Das war mein Vater, Taddl. Da gibt es nichts sonst zu sagen." "Wann..." "Als ich ihm gesagt habe, dass ich Kunst studieren möchte." Ich biss mir auf die Unterlippe und konzentrierte mich weiter auf mein Buch.

*Sichtwechsel zu Taddl*

Taddl liebte Mona. Darüber war er sich sicher. Für kein Mädchen hatte er bis jetzt so viel empfunden, wie für sie. Er wollte sie bei sich haben, wollte sie küssen, wollte sie beschützen vor allem und jedem, doch sobald es um ihren Vater ging ließ Mona ihn nicht an sich heran. "Mona..." Taddl nahm ihre zarte Hand, doch sie sah nicht von ihrem Buch auf. "... du bedeutest mir mehr, als irgendjemand anderes auf dieser Welt. Du verdienst das Beste und nicht weniger! Ich will nur, dass es dir gut geht und, dass du glücklich bist." Mit ihrer freien Hand blätterte sie um und sagte dann leise. "Im Moment können weder du, noch ich etwas daran ändern und sonst ist er auch nicht so. Er ist immer noch mein Vater und ich hab ihn lieb. Du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen." Sie hob den Kopf und sah ihm direkt in die Augen. Dieser wunderschöne Blick von ihr traf sein Herz jedes Mal mit solcher Wucht, wie er es nie für möglich gehalten hätte. "Du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen, weil es kein nächstes Mal geben wird. Ich bin mir sicher er wollte mir nie so weh tun..." Mona schloss die Augen und schüttelte den Kopf. "Ist auch egal! Ich hab hunger, und du?" "Yo, ich auch. Ehrlich würde ich dir jetzt gerne anbieten zu kochen, aber du weißt bei mir kommt nicht mehr rum, als Tiefkühlpizza..." "Ach, hör auf das kann man doch nicht essen!" lächelnd drückte sie ihm das Buch in die Hand und stand auf. "Trommel alle zusammen, es gibt etwa in einer Stunde Abendessen!"

*Sichtwechsel zu Laurent*

Auch wenn es schwer zu glauben ist, Monas Vater war einer der Besten in seinem Beruf. Wenn er einen Gerichtssaal betrat entschied er den Fall für sich. Es gab keine Ausnahmen. Nie. Laurent wusste, wenn jemand in seinem Umfeld log. Was er mit diesem Wissen anfing war seine Sache. In diesem Fall waren es ein paar Telefonate, bis er bei einem kölner Krankenhaus landete. Wenige eingelöste Gefallen und einige gut formulierte Drohungen später redete der Arzt wie ein Singvogel. Das seine Tochter dort gewesen war, um eine Wunde am Knie versorgen zu lassen interessierte ihn nicht weiter. Das, was Laurent aufhorchen ließ war die Aussage, dass sie dort nicht alleine gewesen war.

Ein Sturz entferntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt