Ein anderer Epilog

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Ein anderer Epilog

8 Jahre später

Ardy hatte Tränen in den Augen gehabt, als die Anklage gegen meinen Vater aus Mangel an Beweisen fallen gelassen wurde. Simon saß einfach nur starr da, als hätte er es noch immer nicht realisiert, dass Taddl tot war. "Hätte er sich nur nicht auf sie eingelassen... " hörte ich sein Vorwurfsvolles Flüstern. Es fraß sich in meinen Schädel, bis der Schmerz unerträglich wurde... Und mein Vater hatte zurückhaltend gelächelt. Ich schreckte hoch. Das dünne Top, genauso wie die Shorts, die ich im Sommer zum schlafen trug waren verschwitzt. "Mona, Schatz, alles in Ordnung? " Eine Hand legte sich beruhigend auf meine Schulter, doch ich zuckte zusammen, krabbelte in der Dunkelheit, mit zitternden Händen von ihm weg und fiel über den Rand des Bettes auf senden weichen Teppich. "Fass mich nicht an!" Vor Angst und, Panik hatte sich meine Stimme eine Oktave höher geschraubt. "Fass mich einfach nicht an, Dorian! " Auf der anderen Seite des Bettes schaltete mein Verlobter seufzend das Licht ein, stand auf und wollte gerade um das Bett herum zu dem zitternden, kleinen Häuflein Elend gehen, das er bald heiraten würde, doch ich kämpfte mich auf meine Beine und rannte aus der Tür des Schlafzimmers. Das Haus war groß. Mein Vater hatte es uns zur Verlobung geschenkt. Wären ich und Dorian allein gewesen hätte ich wahrscheinlich nein gesagt und hätte ihn gebeten meinem Vater nichts davon zu sagen, doch Dorian war nicht dumm. Und so hatte er mich zufällig in dem Moment gefragt, als mein Vater in den Raum gekommen war. Dorian war Mitinhaber der Kanzlei und wenn es nach Laurent ging würden Dorian und ich sein Geschäft übernehmen, wenn er in den Ruhestand ging. Als Ehepaar. Diese Erinnerung war es aber nicht, die mich jagte, während ich durch die oberste Etage des Hauses stolperte und mir nicht einmal die Zeit nahm das Licht einzuschalten. Dann hastete ich durch die Tür, die ich mittlerweile schon besser kannte, als die meines Arbeitszimmers und zog das weiß lackierte Holz hinter mir zu, ohne auf Dorians Ruf zu achten und schloss ab. "Mona, warte!" Ich zitterte immer noch am ganzen Körper, schaffte es noch zwei Schritte zu gehen und fiel dann schluchzend auf die Knie. Es, gab 3 Dinge, die ich immer bei mir trug. 2, den Verlobungsring und das Medaillon mit dem Hochzeitsfoto meiner Eltern, weil ich es musste, weil es von mir erwarte wurde. Doch seit 8 Jahren trug ich noch eine zweite, dünne Silberkette, an der ein kleiner Schlüssel hing. Egal, wie lange es jetzt her war, die Tränen wurden nicht weniger. Schluchzend zog ich mir den goldenen Verlobungsring mit den schon fast unverschämt großen Diamanten vom Finger und warf ihn so weit weg von mir, wie ich konnte. Für eine Sekunde mischte sich ein leises Klimpern in mein Wimmern, als das Schmuckstück, das den geschätzten Wert eines Kleinwagens besaß auf die weißen Badfliesen fiel. Ich kniete vor einer Kommode mit 3 großen Schubladen. In den oberen zwei lagen ordentlich gefaltete Handtücher, Waschlappen, eine Ersatzseife, die noch unangetastet in der Pappverpackung lag und den Duft nach Flieder verbreitete. Normale Dinge für ein Badezimmer. Aber die dritte, unterste war jedoch immer abgeschlossen. Die Bewegung, mit der ich den Schlüssel unter meinem Top hervor zog, die unterste Schublade aufschloss und aufzog war schon fast routiniert. Nur eine Sache lag dort. Ich griff hinein und zog ein T-shirt heraus, das einmal weiß gewesen war. Es war über und über mit bunten Flecken bedeckt. Pastellkreide, Acrylfarben... Es war das Shirt von Taddl, das ich immer zum Zeichnen getragen hatte. Irgendwie hatte ich geschafft es vor meinem Vater zu verstecken, sonst wäre es bereits vor 8 Jahren im Kamin gelandet. Es roch schon längst nicht mehr nach ihm, doch ich hatte mir krampfhaft das letzte Stück von einer Zeit bewahrt, in der ich glücklich gewesen war. Niemals würde ich aufhören Taddl zu lieben. Niemals. Doch am nächsten Morgen würde ich aufstehen müssen, den Ring wieder anziehen, mir ein Lächeln aufs Gesicht schminken und mit Dorian zur Kanzlei gehen müssen. Den Rest meines Lebens und Taddl würde mich kein zweites Mal retten können.

Ein Sturz entferntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt