Ein Kapitel unter Monas Matratze

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Ein Kapitel unter Monas Matratze

*Sichtwechsel zu Mona*

"Ich krieg die Vollkriese!" Nervös tippte ich mit dem Fuß immer wieder auf den Holzboden. "Du darfst dich nicht so verrückt machen! Deine Note ist jetzt schon gut genug für fast alles!" Taddl lachte und bei dem Klang seiner Stimme fiel ein Teil seiner Nervosität sofort von mir ab. "Ich vermisse dich!" "Ich dich auch." "Leute, es ist gerade mal eine Woche her, dass sie hier war!" Hörte ich Dners Stimme aus dem Hintergrund. Ich musste grinsen. "Bist du oben bei Felix?" "Nein, wir sind grad alle essen. Alleine sind wir zu faul zum kochen!" "Brudi, krieg ich mal dein Handy?" hörte ich Ardy fragen "Vergiss es! Du redest sowieso nur wieder scheiße!" "Mona, hörst du mich? Ich vermisse dich auch! Wir sterben ohne dich an schlechtem Essen!" Alle lachten. "Sag ihn, dass ich ihn gehört habe..." "Nein, das sag ich ihm sicher nicht! Der Hurensohn soll nicht einfach so in mein Ohr schreien!" Ein Luftzug, der kälter war, als erwartet huschte durch die stillen Gänge und ich fröstelte. Sehnlichste wünschte ich mir Taddl herbei, der mir jetzt den Arm um meine Schulter legen würde, doch er war nicht da und ich schlang einfach nur einen Arm um die Brust. "Und was machst du gerade?" "Ich warte in der Schule, bis ich loslaufen muss um meinen Bus zu kriegen. Das Wetter ist einfach nur schrecklich!" "Wie lange jetzt noch, bis du mit der Schule fertig bist?" Ich wurde wieder ernst. "Weniger als zwei Wochen. Momentan suche ich nach einer Stelle für ein FSJ in Köln... Es wird eng, aber ich denke ich hab gute Chancen." Ich konnte sein strahlendes Gesicht beinahe sehen. Das schönste, das ich mir vorstellen konnte war zu ihm zu ziehen. Mein Herz schlug schneller bei dem Gedanken nicht mehr permanent durch eine 4 Stunden Barriere von ihm getrennt zu sein. Ich sah auf die Uhr. "Muss auflegen. Mein Bus kommt gleich..." 

Die Hausaufgaben waren gemacht, das Abendessen gegessen und das Licht war aus. Eine der schönsten Zeiten des Tages. Keine Verpflichtungen, nur die Aufgabe ruhig zu werden, sich zu entspannen und zu schlafen. Alles war still, dunkel und niemand bemerkte es, wenn der Schimmer meiner Nachttischlampe unter der Tür hindurch sickerte. In den letzten Monaten hatten sich immer mehr Fotos angesammelt. Die meisten waren von Taddl und mir, gemacht von Simon, Felix, Ardy und allen anderen mit denen wir so unterwegs waren. Weil wir die ganze Nacht mit dem Longboard unterwegs gewesen waren sind Taddl und ich Arm in Arm am nächsten Tag auf der Couch eingeschlafen. Das war schon einige Zeit her, doch Ardy freute sich immer noch diebisch über das Foto, was er gemacht hatte. Er hatte uns mit den Worten geweckt: "Ich hab eben das süßeste Foto der Welt gemacht! Katzenbabys sind nichts dagegen!" Ich musste lächeln, als ich daran dachte. Natürlich hatte ich auch das Bild, was Ardy damals auf Insta gepostet hatte. Taddl und ich im freien Fall... Von der Wunde an meinem Bein war eine Narbe übrig geblieben, die allerdings niemand aufgefallen war, außer natürlich Taddl, Ardy und jedem anderen, dem sie es erzählt hatten. Ob genäht oder nicht ich hatte mich davon nicht abhalten lassen Longboardfahren zu lernen. Die nächsten Fotos hatte Felix gemacht. Taddl und ich auf dem Longboard. Händchenhaltend, etwas ältere auf denen er mich noch stützten musste und schließlich das gewagteste von allen, auf das auch einige Verletzungen folgten. Es war schon ziemlich dunkel gewesen. Felix, Izzi, Ardy, Taddl und ich waren gerade auf dem Weg zurück nach Hause, als Felix die Idee hatte eine Abkürzung an einer größeren Straße entlang zu fahren. Niemand von uns wollte die Ruhe der kleinen Seitenstraße gegen eine große, vielbefahrene Straße tauschen, aber wie Felix eben so war musste er natürlich seinen Plan durchsetzten. So kam es schließlich dazu, dass wir durch das grelle, gelbe Licht der Straßenlaterne auf einer großen Brücke über den Rhein fuhren. "Na, das war doch eine gute Idee!" rief Felix hinter uns "Und jetzt geht es bergab!" Mir wurde etwas mulmig zumute und ich zog scharf die Luft ein, als die Brücke immer steiler wurde. Taddl bemerkte meinen angespannten Gesichtsausdruck und nahm meine Hand. "Du darfst keine Angst haben. Genieße es einfach." Mit aller Kraft Widerstand ich dem Drang vom Longboard abzuspringen, aber meine Muskeln verkrampften sich immer mehr. Felix hatte uns mittlerweile überholt und zog sein Handy heraus, um ein Foto zu machen. In diesem Moment beschloss ich Taddls Hand loszulassen und zu bremsen. Die Fäden an meinem Knie waren zu diesem Zeitpunkt gerade erst gezogen worden. Plötzlich beugte Taddl sich zu mir herüber und küsste mich mitten im fahren. Ich sah nicht, wie Felix sich mit offenem Mund zu uns umdrehte und schnell ein Foto machte, doch was ich hörte war, wie Felix mit vollem Schwung gegen die nächste Straßenlaterne fuhr. Ich sagte ja dieses Foto hatte verletzte gefordert. Das allerbeste Foto war jedoch ein anderes. Simon hatte sich dafür ein Bild von Facebook als Vorbild und dann das komplette YouTuberhaus fast ein Wochenende lang genervt, bis alle mitmachten. Im Hintergrund Taddl und ich, wie wir uns küssten, davor Felix Hand, wie seine Finger um uns ein Herz formten und Simon an der Kamera. Das lustigste an dem Bild war allerdings die Erinnerung daran, wie Simon und Felix sich immer wieder wie zwei kleine Mädchen angezickt hatten, bis ihrer Meinung nach das Foto perfekt war. Müde lächelte ich in mich hinein und blätterte die Bilder weiter durch, bis ich gähnen musste. Vielleicht sollte ich doch besser schlafen gehen. Ich packte sämtliche Fotos zurück in den kleinen Umschlag, in dem ich sie aufbewahrte und verstaute diesen wieder unter meiner Matratze. Eigentlich lief es für mich im Moment wirklich gut. Mein Abi würde einen guten Schnitt haben, ich hatte einen Freund, den ich liebte und es sah aus, als würde ich die Stelle für das FSJ in Köln bekommen. Nach diesem Jahr würde ich dann Kunst studieren. Bei dem Gedanken wurde mir noch etwas mulmig, vor allem da mein Vater noch nichts davon wusste. Irgendwie hoffte ich, dass er mir nicht den Rest seines Lebens böse wäre. Wie gesagt er war immer noch mein Vater.... Schnell schaltete ich das Licht aus und vertrieb diesen Gedanken. Es würde nichts daran ändern, wenn ich mir jetzt den Kopf darüber zerbrechen würde und so schlief ich mit dem Gedanken ein, dass ich mir aus den Fotos ein Fotoalbum machen musste.

Ein Sturz entferntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt