Das 2-Tage-Bild

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Das 2-Tage-Bild

Mona war mit ihren Auftragszeichnungen wirklich gut ausgelastet. Es war Taddl ein Rätsel, wie sie es schaffte nebenher noch eigene Bilder zu zeichnen. Damals, als Taddl und Ardy in die Wohnung eingezogen waren hatten sie die Wände schlicht weiß gelassen. Jetzt hingen überall Zeichnungen und Gemälde. Es gab Tage, wenn sie keine Vorlesung hatte, an denen sie einfach in ihrem Arbeitszimmer verschwand und erst Abends wieder heraus kam. Heute, etwa eine Woche nach ihrem Geburtstag war wieder so ein Tag. Um 9 Uhr baute sie ihre Kamera aus, legte ein paar Ersatzakkus daneben und schloss die Tür. Taddl störte das nicht. Immer wieder beeindruckte es ihn Abends das Zimmer zu betreten und ein Kunstwerk da stand, wo vor 12 Stunden nur weiße Leinwand gewesen war. Er nahm den ganzen Tag mit Manuel auf, dann noch ein paar Runden Hide n' Seek mit Ardy und Cengiz. "Kann ich nachher nicht zu euch hoch kommen? Hab keinen Bock hier alleine herumzusitzen. Ich helfe auch kochen!" "Kommen kannst du gerne, aber Mona hat heute wieder ihren kreativen Tag, also weiß ich nicht, ob das mit kochen noch was wird." "Ach, is schon ok. Bin gleich da." Um 22 Uhr beschlossen sie schließlich sich eine Pizza in den Ofen zu schieben. Mona hatte ihr Arbeitszimmer immer noch nicht verlassen. "Ist es ihre eigene, oder ne Auftragsarbeit?" fragte Ardy zwischen zwei Bissen. "Ihre Eigene. Sonst hat sie nie so lange gebraucht..." Nervös sah Taddl zu der geschlossenen Tür und strich immer wieder nervös über den Stoff des Sofas. Sein Kumpel sah auf, musterte ihn kurz und lachte dann. "Brudi, wie schnulzig ist das denn? Du vermisst sie!" "Laber keinen Scheiß!" Schwungvoll stand Taddl auf und zog Ardy den großen Pizzateller vom Schoß. Er konnte gerade noch das letzte Stück packen, bevor Taddl den Teller wegräumte. "Man sieht das doch daran, wie du immer wieder zu der Tür starrst! Wie macht Simon das dann, wenn du dich jetzt schon benimmst, wie ein liebeskranker Hund!" "Junge, du hast doch gar keine Ahnung, wie sich ein liebeskranker Hund benimmt!" Taddl knallte den Teller in die Spülmaschine. Vielleicht hatte Ardy ja Recht, aber zugeben würde er das auf gar keinen Fall! "Stimmt, du kennst dich ja eher mit norddeutschen, liebeskranken Kühen aus!" Ardy grinste. "Komm, lass uns gucken, ob Manu noch im Ts ist. Ich brauch noch ne Folge Endergames."

Es war spät, selbst für LetsPlayer Verhältnisse, als Taddl beschloss ins Bett zu gehen. Eigentlich hatte er erwartet Mona draußen auf der Couch zu finden. Wenn er Nachts aufnahm legte sie sich immer auf das riesige Sofa, um ihn nicht zu stören, aber da war sie nicht. Es war schon weit nach Mitternacht und sie zeichnete noch? Tatsache! Unter der Tür ihres Arbeitszimmers sickerte Licht hindurch. "Schatz?" Taddl wollte die Tür öffnen, doch sie war abgeschlossen. "Tut mir Leid, ich muss mich konzentrieren." rief Mona. Taddl hätte wetten können, dass sie nicht mal zur Tür sah. "Geh ruhig schon mal ins Bett. Ich komme nach!" "Mona, du hast den ganzen Tag noch nichts gegessen. Ich mach mir Sorgen um dich!" Hinter der Tür regte sich etwas, das Schloss klickte und Mona schob sich durch den Türspalt. Zum zeichnen trug sie immer ein ehemals weißes T-Shirt von ihm. Es war schon über und über mit bunten Flecken bedeckt, die man einfach nicht heraus waschen konnte, wodurch Mona selbst aussah, wie eine kleine Leinwand, der die dunkelbraunen Haarsträhnen ins Gesicht hingen, doch ihr Lächeln ließ Taddls Knie sofort wieder weich werden. "Du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen." Sie legte ihre Arme um seinen Nacken. "Da drinnen werde ich schon nicht verhungern..." "Und wann willst du schlafen?" Unterbrach Taddl sie und strich eine braune Strähne aus ihrem wunderschönen Gesicht. "Wenn ich fertig bin, Taddl. Das weißt du doch! Geh ins Bett. Du musst morgen aufnehmen. Ich nicht. Glaub mir, ich komme schon, wenn ich fertig bin." Schwer seufzte Taddl. "Unter anderem deshalb liebe ich dich, aber Sorgen mache ich mit trotzdem!" "Geh einfach ins Bett. Wenn du morgen aufwachst liege ich neben dir!" Sie küsste ihn schnell und noch bevor Taddl auch nur ein weiteres Mal reagieren konnte waren seine Arme leer und die Tür vor ihm war zu. Bevor Taddl am nächsten Morgen seine Augen öffnete tastete er mit seiner linken Hand nach Mona, doch die Betthälfte neben ihm war leer.

*Sichtwechsel zu Mona*

Ich vergaß die Zeit und ich vergaß die komplette Umgebung um mich. Da war nur ich, die Leinwand und die Farben. Nicht einmal, wie die Sonne zweimal unter und ein mal aufging übersah ich. Für mich war es eher nebensächlich, das die Zeit verging, während ich das Bild, das in meinen Gedanken entstanden war, mit Farbe in die normale Welt holte. Ab und an überprüfte ich, ob die Kamera noch lief und legte einen neuen Akku ein. Mehr tat ich nicht. Ich zeichnete einfach. Schließlich machte ich einen Schritt zurück und ließ die Schultern sinken "Fertig" Die Kamera schaltete ich aus, ging in die Küche, trank eine ein-literflasche in einem Zug leer, hörte wie Taddl aufnahm, legte mich auf das riesige Sofa und schlief ein.

Ein Sturz entferntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt