Schmerzhafte Erinnerung

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Ace blickt mich verwirrt an und ich kann Marco aus dem Augenwinkel sehen, der sich auf die Lippen beisst um nicht lachen zu müssen! Selbst Whitebeard entkommt ein Schmunzeln! Fenrir bellt zustimmend und ich gehe zu dem großen Käpt'n. "Guten morgen Whitebeard!" begrüße ich ihn lächelnd und er nickt. "Guten morgen kleine!" erwiedert er mit seiner tiefen Stimme und ich höre ein klappern. Als ich mich umdrehe sehe ich Marco, der das Tablett in den Händen hält und schnurstracks unter Deck geht! "Marco!" rufe ich und renne ihm hinterher. Er bleibt stehen und ich schließe zu ihm auf. "Das ist mein Geschirr! Lass mich das nehmen und abwaschen!" der blondhaarige zieht nur eine Augenbraue hoch. "Du bist hier Gast, auch wenn dir Ace vielleicht nicht das Gefühl gibt einer zu sein. Und als Gastgeber und von Vater persönlich engagierter Aufpasser, trage ich die Verantwortung, dass es dir gut geht!" Seufzend lasse ich den Kopf hängen und trete einen Schritt beiseite, damit der blondhaarige Pirat an mir vorbei unter Deck gehen kann. Fenrir ist die ganze Zeit still neben mir gewesen. Leicht Kopfschüttelnd sehe ich Marco noch kurz hinterher, bis ich mich umdrehe und zurück zu den anderen beiden Herren gehe.

Whitebeard hat sich in eine ihm extra gebrachte Liege gesetzt und redet mit Ace gerade über irgend was. Als ich dazu stoße, werden beide sofort still und Ace's Blick verfinstert sich. "Du vertraust mir immer noch nicht oder?" frage ich, eher als rethorische Frage gesehen als als normale. "Ich werde dir nicht vertrauen, solange du in Vater's nähe bist! Du hast ihn damals angegriffen! Und was sollte mich dazu veranlassen, dir trotz deiner Lage auch nur im kleinsten Teil zu trauen?" Auch wenn es mir klar ist, dass diese Antwort kommen MUSSTE, so bin ich doch ein wenig gekränkt! Ich verschränke die Arme und starre nun genau so finster zurück. "Es war mein verfickter Job! Das ist das gleiche, als wenn plötzlich bei dir jemand auftauchen und dich zusammenscheißen würdest, weil du einen Marineadmiral verletzt oder sogar getötet hast! Würde es dich interessieren?" Ich gehe langsam auf Ace zu. Er wechselt in eine Kampfstellung und ich kann leichte Flämmchen erkennen. Doch trotz dem, gehe ich unbeirrt weiter. "Würde es dich auch nur minimalst interessieren? Die Marine ist für dich Abschaum! Und das wart ihr Piraten nunmal früher für mich! Ich hätte meine Wut vielleicht nicht auf alle Piraten auf der gesamten Welt richten sollen, aber schließlich wusste ich nicht, wer-" Erschrocken unterbreche ich mich selbst. Meinen halb offenen Mund schließe ich und presse die Lippen so stark aufeinander, sodass sie nur noch als dünner strich zu erkennen sind. Einen kurzen Augenblick starre ich den überraschten Ace an, drehe dann den Kopf von ihm weg und schließe vor seelischem schmerz die Augen. Alles kommt wieder hoch... Ohne groß nach zu denken drehe ich mich komplett um und gehe zur Reling. Dort stütze ich mich mit den unterarmen auf das weiße Holz und lasse meinen Blick über das Meer schweifen. Die blauen wellen, die sich auftürmen und dann mit weißer Gischt in sich zusammenfallen. Die Möwen, die schreiend neben dem fahrenden Schiff fliegen. Die Morgensonne, die- WARTE! Verdutzt sehe ich nach unten und dann nach links und rechts. Wir fahren?! Seit wann? Wo sind wir? Wie lange geht's zur nächsten Insel? Leicht verwirrt sehe ich hoch in den Himmel und dann wieder auf das Meer. Seufzend lege ich meinen Kopf auf meine Unterarme und beobachte die Wellen, wie sie auf und ab gehen. Silbern glänzende Tiere, die sich knapp unter der Meeresoberfläche bewegen. Dunkle schatten die auftauchen und dann wieder in der tiefe verschwinden.

"Ähm... Ja..." meint plötzlich eine Stimme neben mir und Fenrir bellt freudig. Ich drehe nur leicht meinen Kopf und sehe Ace, der den kleinen Welpen nun auf dem Arm trägt und ihm mit einen leichten lächeln am Bauch krault. "Ähm ja was?" brumme ich und drehe dann meinen Kopf wieder nach vorn. Der schwarzhaarige lässt Fenrir wieder auf den Boden und stellt sich neben mich. Stützt ebenfalls seine Unterarme auf der Reling ab und sieht auf das Meer. "Ich habe zwar keine Ahnung WAS für eine alte Wunde ich da aufgerissen habe. Aber ich wollte mich dafür entschuldigen. Du sahst auf einmal ziemlich verstört und traurig aus! Und ich-" Ich stoße mich von der Reling ab und unterbreche so den Redefluss des Piraten. "Es ist schon gut." sage ich emotionslos und gehe von ihm weg. Ich habe keine Ahnung WO ich hingehe, hauptsache weg von ihm, Whiteard oder Marco, der nun wieder an Deck gekommen ist und uns beziehungsweise MICH mit Adleraugen beobachtet! Mit einem kleinen Pfiff hole ich den kleinen Welpen an meine Seite und gehe dann zum Bug des Schiffes, der wie der Kopf eines Wales geformt ist. Um jedoch dort hin zu gelangen muss ich erst ein paar Treppenstufen hoch und am vorderen Mast der drei Segel vorbei. Still schwinge ich mich darauf und hole Fenrir nach mir hoch. Dann setze ich mich im Scheidersitz auf den gebogenen Kopf und starre nach vorn. Der Wind kommt von hinten und bläht die Segel voll auf. Diese knattern dann und bringen das Schiff so vorwärts.

Ich atme tief durch und plötzlich ist alles wieder da. Das Feuer. Die Schreie. Das brechen von Knochen. Das schluchzen. Das viele Blut. Tränen der trauer und der Wut steigen in mir auf und kullern meine Wange hinunter! Fenrir legt seinen Kopf tröstend auf meinen Oberschenkel und sieht mich aus seinen Augen an, die mir tief in meine Seele blicken. Mit zitternden Händen streiche ich durch sein Fell. Die salzige flüssigkeit tropft auf meine Blutverkrustete Hose. Schniefend wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht und atme tief durch. "Und das nur, weil ich draussen geschlafen habe!" murmle ich und ein schiefes Lächeln erscheint auf meinen Lippen. "Was, 'nur weil du draussen geschlafen hast'?" fragt plötzlich eine bekannte Stimme und ich erstarre. Doch schnell entspanne ich mich wieder und sehe mich nicht einmal um. "Geht dich nichts an." brumme ich und bemerke, wie er sich neben mich setzt. "Es geht mich was an. Schließlich bist du hier auf dem schiff MEINES Vaters und es ist MEINE schuld, dass das alles wieder hoch gekommen ist. Was auch immer es ist!" Still sitze neben ihn. Sage kein einziges Wort. Behalte meine Geschichte für mich. Wieder blitzen die Bilder meiner Familie in meinen Gedanken auf. Lächelnd. Voller Freude. Ohne Leid und schmerzen! Und schon laufen mir die Tränen wieder die Wangen hinunter. Tropfen entweder von meinem Kinn auf meine Hose oder laufen an meinem Hals weiter. Weichen die vertrocknete Blutkruste von gestern wieder auf. Als Ace seinen Kopf zu mir dreht, erstarrt er für einen kurzen Augenblick und sieht dann etwas verzweifelt aus! Aus meinem Augenwinkeln beobachte ich ihn, wie er über irgend etwas nachdenkt. Seine Stirn legt sich in Falten und er kneift seine Augen ein wenig zusammen. Seine Nase rümpft sich ein bischen. Ich sehe wieder nach vorn. Ziehe meine Knie nun an meinen Oberkörper und lege meine Arme darum. Plötzlich spüre ich, wie sich eine Hand auf meine Schulter legt und ich sehe überrascht zu Ace! Dieser blickt mich entschlossen an. Seine Hand ist groß und ausgesprochen Warm. Wenn nicht sogar gemütlich warm! Verwirrt lege ich den Kopf schief. Meine Tränen versiegen und ich blicke ihm in seine Augen. Dann öffnet seinen Mund. "Es ist alles in Ordnung. Ich weiss, dass ich vielleicht nicht sehr nett gewesen bin. Aber als ich von deiner... 'Aktion' gehört habe, bin ich etwas..." er sucht nach einem passenden Wort und ich schlucke kurz. "Ausgeflippt? Durchgedreht? Komplett wahnsinnig geworden? Am-" "Ist ja schon gut!" unterbricht Ace mich lachend und nimmt seine Hand von meiner Schulter. Ein kleines lächeln zeigt sich auf meinen Lippen und er nickt zufrieden. "Das ist doch schon besser! Eine Frau wie du sollte lachen und nicht weinen!" meint er vergnügt und ich ziehe eine Augenbraue hoch. Mein rechtes Bein strecke ich aus und lege meinen linken Arm auf mein linkes Knie. So drehe ich mich ein wenig zu ihm. "Eine Frau wie ich?" wiederhole ich und Ace nickt. "Eine starke Frau. Eine, die von heute auf morgen in Isolation gelebt hat. Jemand, der sich alles selbst beigebracht hat..."

AceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt