KAPITEL 46

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*Namjoon P.o.V*

Als ich die Augen aufschlage, ist meine Kehle trocken und meine Augen tun weh, was wohl vom ganzen Weinen kommt. Außerdem ist mir kalt. Ich fühle mich zurückversetzt in den heutigen Morgen, als ich allein wach geworden bin.

Vorsichtig und mit zitternden Händen drehe ich meinen Kopf zur Seite.

Und sehe ein leeres Bett. Mein Magen verkrampft sich. Ist sie wieder weg? Was sie gar nicht hier? War das alles nur ein dummer Traum?

Ich setze mich auf. Auf dem kleinen Nachtkästchen steht ein Glas Wasser, dass ich gierig runterstürze.

Dann spitze ich die Ohren und höre, dass die Dusche rauscht. Mein Herz wird leichter. Ich dachte schon, sie wäre wieder gegangen.

Seufzend sinke ich zurück in die Kissen. Das mit meinem Erzeuger macht mich irgendwie runter. Ich habe es so lange geschafft, jeglichen Gedanken an ihn zu verdrängen. Und jetzt kommt das alles wieder hoch.

Als...als wäre eine Mauer eingestürzt, ohne das ich es gemerkt habe. Eine Mauer, die ich über Jahre hinweg aufgebaut und ausgebessert habe. Eine Mauer, die nicht mal (y/n) einreißen konnte, obwohl...

Ich mich bei ihr am Sichersten fühle.

Genau das Gleiche hat sie auch gesagt.

War das wirklich erst gestern? Es kommt mir so viel länger vor. Als wären schon wieder Tage vergangen.

Ich rufe mir das Gespräch ins Gedächtnis. Und als ich es Revue passieren lasse, fallen mir einige Dinge auf, die zu akzeptieren und zu verstehen ich gestern noch nicht bereit war.

Im Prinzip ist das mit ihren Zweifeln genau das Gleiche wie mit meinem Verschweigen von Tatsachen. Wir beide haben über Jahre hinweg Mauern aufgezogen, die nicht so leicht zu zerstören sind.

Wir wurden beide verletzt und haben daraufhin Sachen getan, auf die wir nicht stolz sind. Und wir haben beide ein Problem, über gewisse Sachen zu reden. Das ist doch nichts verwerfliches. Das ist etwas, was man wieder lernen kann.

Es ist nur anstrengend und oft auch belastend. Aber die Liebe ist es doch wert, oder? Bedeutet Liebe nicht, Risiken und oft auch Schmerz auf sich zu nehmen, um den oder die Geliebte zu schützen?

Ja, genau das bedeutet Liebe. Es sollte mir also nicht so schwer fallen, einzusehen, dass auch (y/n) Zweifel hat. Schließlich weiß ich auch nicht, ob ich ihr schon von der Sache mit meinem Erzeuger erzählen soll. Sicher, ein paar Sachen weiß sie schon, aber der Großteil...ist noch geheim.

Ich fühle mich einfach noch nicht bereit, ihr das zu erzählen. Will die Liebe in ihrem Blick nicht durch Mitleid ersetzt werden sehen.

Aber andererseits... Belastet es unsere Beziehung doch nur noch mehr, wenn ich nicht sage. Das macht doch immer alles nur noch schlimmer.

Ich bin immer noch nicht sicher, ob ich etwas sagen soll, als (y/n) aus dem Bad kommt. Sie trägt ein zu großes Shirt von mir und eine schwarze Jeans. Die Haare fallen ihr nass über den Rücken.

Ich verliere mich darin, sie anzuschmachten. Sie ist so wunderschön...wie habe ich sie nur verdient? Und dazu kommt noch ihre Intelligenz, ihr Verständnis und ihre ganze Art. Sie ist einfach...perfekt. In meinen Augen. Warum sie das nicht verstehen kann ist mir ein Rätsel.

"Namjoonie..." flüstert sie leise meinen Namen. Mein Herz macht einen Hüpfer bei der Art wie sie meinen Namen ausspricht. So voller Wärme, Liebe und Sorge.

"Hey, Prinzessin." begrüße ich sie mit rauer, kratziger Stimme. Obwohl ich das ganze Glas Wasser hinter gekippt habe, habe ich schon wieder Durst. Aber das ist jetzt erst mal Nebensache.

Wichtig ist, dass wir klären, was gestern Abend passiert ist. Das weiß ich nämlich immer noch nicht und langsam brennt mir diese Frage ein Loch in den Kopf.

Wir sehen uns beide einfach nur an. Minuten vergehen und keiner von uns bewegt sich oder gibt einen Ton von sich.

Als das Schweigen unerträglich wird, klopfe ich mit der Handfläche auf die Matratze. (y/n) kommt zu mir und setzt sich neben mich. Wir sehen beide aus dem Fenster, von dem aus man das Meer sehen kann.

Ich schließe kurz die Augen, suche nach einem Anfang für das Gespräch. Es ist so viel schwerer als ich dachte. Ich weiß nicht mal, ob ich wissen will, was gestern passiert ist. Oder wo sie war. Aber was ich will, spielt gerade keine Rolle. Ich muss es wissen.

Trotzdem sage ich kein Wort, weil mir nichts einfallen will.

"Das gestern...das tut mir leid." fängt (y/n) plötzlich an.

Ich seufze. "Ich weiß ja nicht einmal mehr, was passiert ist."

"Wirklich?" fragt sie erstaunt. Dann kichert sie. "Wow, du warst so betrunken..."

Ich grinse. "Ja, meine Kopfschmerzen bestätigen diese Aussage." scherze ich.

"Brauchst du eine Tablette? Oder sonst was?" versucht sie vom Thema abzulenken. Allerdings klingt sie aufrichtig besorgt, deshalb fällt es mir schwer, sauer zu sein.

"Nein, ich brauche keine Tablette. Ich brauche die Wahrheit. Was ist gestern passiert?" frage ich und starre auf meine nervös zitternden Hände. Ja, die Antwort macht mir Angst. Aber gleichzeitig macht es mir auch Angst, nicht zu wissen, was ich vielleicht getan habe oder auch nicht.

(y/n) räuspert sich. "Wie viel weißt du denn noch?" fragt sie ernst.

"Nichts mehr ab dem Zeitpunkt als wir noch zusammen getanzt haben. Was war danach?"

"Okay...Naja, wir sind halt in den Club und du warst vorher schon...komisch. Geistig nicht ganz da. Versteh mich nicht falsch, aber es hat mich angekotzt." fängt sie an.

"Was hat dich angekotzt?" grätsche ich dazwischen.

Sie seufzt tief. "Du...naja, du hast die ganze Zeit nur am Handy gehangen. Und mit irgendwem geschrieben. Irgendwie hat dich alles andere nicht interessiert."

Mein Blick schießt zu meinem Handy. Aber bevor mein Hirn auch nur die Chance zu einem weiteren Gedanken hat, knallt sie mir sozusagen schon den nächsten Satz vor den Latz.

"Ich bin irgendwann zu Bar und dort...habe ich Yoongi getroffen."

Save me? [Namjoon x Reader]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt