KAPITEL 43

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"Hey, ich bin wieder da!" ruft Yoongi durch die Wohnung, kaum, dass er die Tür aufgeschlossen hat.

Ich bleibe hinter ihm stehen und weiß nicht so recht, was ich machen soll.

"Yoongi?" höre ich eine Stimme rufen und im nächsten Moment steht ein Junge in meinen Alter im Flur. Er trägt eine schwarze Hose und einen oversized Hoodie in hellblau, der ihm bis zur Mitte der Oberschenkel geht. Seine Haare sind fluffig und stehen in alle Richtungen ab.

"Warum bist du so spät?" fragt der Junge. Erst jetzt sieht er mich, wie ich halb versteckt hinter Yoongi stehe. Seine Augen werden groß und sein Mund weitet sich. Einen Moment lang kann ich Entsetzten und Schuldgefühle in seinem Blick aufblitzen, aber er reißt sich schnell zusammen und lächelt mich an. "H-hallo. Ich bin...Jimin." bringt er stockend hervor.

Ich lächle ihm freundlich entgegen und will meine Hand nach ihm ausstrecken. Aber auf halbem Weg bleibt sie in der Luft hängen. Entsetzen packt mich. Yoongi. Jimin. Die Wette... Mir entfährt ein verängstigter und geschockter Laut. Deswegen kam mir Yoongis Stimme von Anfang an so bekannt vor. Er war mit in der Bar.

"I-ihr seid...oh mein Gott." stammle ich, dann weiche ich zurück, plötzlich darauf bedacht, so viel Abstand zwischen mich und Yoongi zu bringen wie möglich. Das muss ein Traum sein. Ein Albtraum. Ein grässlicher, dummer Albtraum.

"Was ist mit dir los?" fragt Yoongi besorgt und macht einen Schritt in meine Richtung, aber ich weiche noch einen Schritt weiter nach hinten aus.

"Was mit mir los ist?" flüstere ich entsetzt. Er erkennt mich nicht einmal, dabei ist er mitverantwortlich für mein Leid. "Wohl eher, was wegen euch mit mit mir los war." korrigiere ich ihn dann.

Yoongi runzelt die Brauen und öffnet den Mund, um etwas zu sagen, aber Jimin kommt ihm zuvor. "(y/n), was damals passier ist, tut uns unglaublich leid. Wir waren-"

Yoongi starrt ihn verwirrt an. "Woher kennst du sie?" fragt er an ihn gewandt.

"Wie kannst du sie nicht erkennen?" fragt er zurück.

"Was meinst du damit?"

"Sie ist es, Yoongi. Sie ist...das Mädchen von damals. Die Bar. Die Wette. Jungkook. Vor der Vergangenheit kann man nicht fliehen. Und jetzt hat sie uns auch eingeholt. Es tut mir so leid..." flüstert er.

Ich wimmere verstört auf. Von allen Barkeepern, die man hätte treffen können; von allen Leuten hier mussten es ausgerechnet die Beiden sein? Warum? Ich habe doch gerade angefangen, damit abzuschließen. Für Namjoon. Für uns.

"Oh Gott. Das...Es tut mir so leid was damals passiert ist. Wir hätten das nicht tun sollen. Das war so unverantwortlich von uns." stammelt Yoongi.

Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich fühle mich zwiegespalten. Bevor ich wusste, wer er ist, habe ich Yoongi noch gemocht, konnte mir sogar vorstellen, mit ihm gut befreundet zu sein. Aber jetzt, wo ich weiß, wer er ist? Will ich da noch etwas mit ihm zu tun haben? Obwohl die Frage eher ist, ob ich es aushalte, mit ihm etwas zu tun zu haben.

Aber wäre das nicht der erste Schritt zur Besserung? Weg von dem, was mich und Namjoon auseinander treibt? Wäre es nicht der erste Schritt in die richtige Richtung, zu vergeben und zu vergessen, was war und nach vorne zu schauen? Heute erst habe ich mich richtig mit Jungkook ausgesprochen, auch ihm habe ich eine Chance gegeben. Warum sollte ich Yoongi also keine Chance geben? Und Jimin kenne ich ja nicht einmal. Vielleicht haben die beiden sich ja wirklich geändert, wer weiß?

Und außerdem bin es nicht ich, die mit den Beiden auf Kriegsfuß steht, sondern Jungkook. Und eventuell noch Namjoon, aber er hat auch Jin und Hobi vergeben, warum also nicht Yoongi und Jimin? Ich mag Yoongi wirklich und für mich ist er sehr freundlich rüber gekommen.

Es kostet mich Überwindungskraft, aber ich mache einen Schritt in den Raum hinein, dann noch einen und noch einen, bis ich wieder neben Yoongi stehe. Vorsichtig strecke ich ihm meine Hand entgegen. "Vergeben und vergessen, okay?" frage ich zögernd.

Yoongi beißt sich auf die Lippe und wirft einen Blick auf Jimin. Auch er kommt zu uns. Sie ergreifen beide meine Hand und erwidern mit einem zaghaften Lächeln im Gesicht: "Vergeben und vergessen."

Der Wandel ist bemerkenswert.

Plötzlich ist die Stimmung ganz gelassen, als hätte jemand die Fenster geöffnet und die ganze schlechte Stimmung wäre mit der schlechten Luft nach draußen verschwunden. Die Anspannung ist plötzlicher Gelassenheit gewichen.

[...]

Wie sich herausstellte, komme ich mit Jimin wirklich gut klar. Er ist an sich eine unkomplizierte und umgängliche Person. Ich verstehe mich prima mit ihm und kann auch irgendwie gar nicht verstehen, was Jungkook gegen die Beiden hat. Immerhin hat Yoongi mich wie selbstverständlich zu sich nach Hause mitgenommen und Jimin schafft es immer und immer wieder, die Stimmung mit Witzen aufzulockern und er ist echt richtig gastfreundlich.

Während wir einen Film schauen, stecke ich mein Handy an das Ladekabel, das Jimin mir gegeben hat. Es versetzt mir einen Stich, dass weder Jungkook, Tae noch Namjoon mir geschrieben oder mich angerufen haben. Aber sicher schlafen sie alle schon.

Ich verdränge den Stich in meinem Herzen und meine Schuldgefühle und konzentriere mich wieder auf den Film, was mir mit eher mäßigem Erfolg gelingt. Ständig schwirrt der Gedanke in meinem Kopf rum, was Namjoon wohl denken muss, wenn er Morgen allein aufwacht und wie er reagieren wird, wenn ich ihm erzähle, bei wem ich die Nacht verbracht habe.

Eigentlich würde ich gern zurück zu ihm gehen, aber schon aus Prinzip verwerfe ich den Gedanken sofort. Ich habe damit angefangen, jetzt ziehe ich es auch durch.

"Alles okay mit dir?" fragt Jimin und stupst mich vorsichtig an. Ich beeile mich zu lächeln und nicke hastig. Schuldgefühle hin oder her, ich muss die Beiden damit ja nicht auch noch belasten...

Save me? [Namjoon x Reader]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt