POV Aiden
War das ein Fehler gewesen? Hätte ich sie nicht darauf ansprechen sollen? Ich war mir immer unsicherer, ob ich die richtige Entscheidung getroffen hatte und dass sie mich nach einer Woche immer noch nicht angeschrieben hatte, ließ mich noch mehr zweifeln. Seitdem ich mit Kaya geredet hatte, konnte ich nur noch an sie denken und wie es ihr mit der ganzen Sache gehen musste. Erst verlor sie ihre Eltern, dann ihre Schwester... obwohl es mir ähnlich ergangen war, konnte ich mir nicht vorstellen wie es ihr erging, vor allem da es schien als hätte sie nicht wirklich viele Freunde. Ich wusste nicht wieso, aber ich hatte immer weniger Bock mit Tyler und den anderen abzuhängen und wollte Ihr stattdessen Gesellschaft leisten und mehr über sie herausfinden. Sie war nicht so wie die anderen Mädchen die ich kannte, sie war genau wie das Mädchen, in das mich verliebt hatte... Und genau das störte mich so sehr. Obwohl sich alles in mir dagegen sträubte, verglich mein Kopf sie immer noch mit Mina. Ich musste damit aufhören, sie hatte mir selbst klar und deutlich gesagt, dass sie nicht an ihre Schwester erinnert und schon gar nicht mit ihr verglichen werden will.
Ty machte mir seit letztem Dienstag das Leben zur Hölle und wiederholte immer wieder, dass ich ein totales Weichei geworden bin seitdem ich mit Kaya zusammengestoßen bin und dass sie einen schlechten Einfluss auf mich hätte. Man, wie der abfuckte. Er kannte mich überhaupt nicht, er wusste nichts von meiner Vergangenheit und was ich schon alles durchstehen musste. Manchmal wollte ich ihm einfach nen Kinnhaken verpassen, damit er merkt was er da für eine Scheisse von sich gibt. Genau wie jetzt in diesem Moment.
Wir saßen friedlich an unserem Stammtisch in der Kantine bis er sein dummes Maul mal wieder zu weit Aufriss und mich davon abhielt, Kaya zu beobachten, die am anderen Ende der Kantine alleine an einem Tisch saß und in ihrem Kartoffelpüree rumstocherte.
„Alter, meinst du nicht deine Weichei-Nummer reicht langsam mal? Hör auf diesen Freak die ganze Zeit zu stalken, was findest du überhaupt an der?" sagte er genervt als er mich mal wieder beim Starren erwischte. Ich zeigte keine Reaktion, weswegen er einfach weiter auf mich einredete. „Naja, ich werde dich schon auf andere Gedanken bringen. Ich denke, es wird mal wieder Zeit für uns ein paar Bitches flachzulegen, oder? Der letzte Raubzug ist schon ne Woche her, Jungs." Oh man, dieser Typ. Kommt er sich nicht peinlich vor wenn er sowas sagt? Ich meine, ‚Raubzug'? Come on, das geht besser. „Wie wärs mit ner Party bei mir am Samstag?" Jay grinste in die Runde. Irgendwie konnte ich ihn am meisten leiden, da er der Einzige war der was im Kopf hatte, mit dem man über normale Sachen reden konnte und seinen Ruf nicht ausnutzte um sich über alles und jeden lustig zu machen. Außer über Mädchen, denn er machte wirklich jeder schöne Augen und ließ sie nach ner Nacht wieder fallen. Naja, ist ja nicht so als wären wir alle anders aber... Jay war wohl der größte Playboy von uns allen. Seine Eltern waren CEOs eines großen südkoreanischen Unternehmens und damit reich und meistens auf Geschäftsreisen. Die meisten Partys liefen bei ihm, weil er zuhause Angestellte hatte die die ganze Scheisse nach uns aufräumten. „Von mir aus." sagte Raven, wie immer desinteressiert. Dieser Typ war mir nach knapp 1,5 Jahren immer noch ein Rätsel, er zeigte nie auch nur den Hauch einer Emotion. „Wer kommt denn alles?" mischte sich nun auch Harry ein. Egal wie sehr ich es versuchte, ich konnte ihn einfach nicht ausstehen. Sein englischer Akzent war einfach nur fucking ekelhaft und ich fragte mich echt jedes Mal wie überhaupt jemand auf ihn abfahren konnte. An seiner Persönlichkeit und seinem Aussehen lag es jedenfalls nicht. „Schätze mal die selben Hoes wie immer?" erwiderte Ty, sichtlich erfreut über Jays Vorschlag. „Ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich hab keine Lust auf ne große Party." erhob ich auf einmal das Wort. Stille. Niemand hätte erwartet, dass ich etwas sagen würde. „Ich stimme Aiden zu" sagte Jason nach einer gefühlten Ewigkeit. „Solche Partys sind zwar ganz cool, aber man muss ja nicht immer übertreiben so wie letztes Mal." Er sagte das nur zu meiner Verteidigung, da war ich mir sicher. Das rechnete ich ihm allerdings hoch an, er hatte mich in ner kritischen Situation unterstützt, ich war ihm echt etwas schuldig. „Wie alt seid ihr, 80?!" Tyler gefiel mein Einwand überhaupt nicht. „Hey, was haltet ihr davon wenn jeder von uns 5 Leute einlädt? Wär doch mal ne Abwechslung." schlug Jay vor, wahrscheinlich hatte er auch kein Bock mehr auf Tys ständige Ausraster. „Die Idee ist gar nicht mal so scheisse, wer ist dafür?" meldete sich Harry mal wieder zu Wort. Jeder stimmte zu, nur Ty musste kurz überlegen, bevor er auch mit einstimmte. „Ihr seid solche Spießer" murmelte er augenrollend als es auch schon zum Pausenende klingelte und wir uns alle aus der Mensa verpissten.Heute blieb ich sogar bis Ende des Tages in der Schule, obwohl es Donnerstag war und ich bis 5 Uhr Unterricht hatte. Normalerweise schwänzte ich oft, ich wusste auch nicht woher auf einmal dieser Anstand kam. Nach dem Unterricht machte ich mich auf den Weg aus dem Klassenzimmer nach Hause und überlegte die ganze Zeit, ob ich überhaupt zur Party hingehen oder zuhause bleiben sollte. Die Party letzte Woche war... anders als die davor und irgendwie fühlte es sich falsch an. Ich dröhnte mich zwar mit allen möglichen Drogen zu und mischte Whiskey mit Cognac und Vodka, jedoch konnte das meine Gedanken nicht übertönen. Selbst meinen One-night-stand konnte ich nicht genießen und ließ sie direkt nachdem sie eingeschlafen war wieder allein. Der Kater am nächsten Morgen brachte mich zwar physikalisch um, jedoch nicht so sehr wie meine Schuldgefühle mich mental umbrachten. Mina hätte das nicht gewollt, sie wäre so enttäuscht von mir. Ich war ein fucking Arschloch und ich wusste es. Mittlerweile verstand ich auch warum Kaya sagte dass sie nichts mit ‚Typen wie mir' zu tun haben will. Ich wusste ja nicht mal selbst warum ich mich so verhielt, aber solange ich mich auch nur für ein paar Stunden ablenken konnte war mir alles egal und ich blendete meine Außenwelt komplett aus. Mein Egoismus ist seit Minas Tod so sehr gestiegen, dass mir die Mädchen nicht einmal leidtaten. Alle weinten und versuchten Kontakt mit mir aufzubauen, manche gingen sogar auf die Knie vor mir und bettelten mich an, sie nicht zu verlassen und dass sie alles für mich tun würden, wenn ich nur bei Ihnen bleiben würde, aber alles ließ mich kalt. Ich benutzte sie nur und würde nie etwas für irgendeine von ihnen empfinden. Manchmal dachte ich darüber nach, was Mina über mich denken würde wenn sie noch hier wäre. Im nächsten Moment fiel mir jedoch immer wieder ein, dass ich so etwas nie tun würde, wenn sie noch hier wäre und dass wir jetzt zusammen sein und ein schönes Leben führen könnten. Aber nein, ich dummes Stück Scheisse konnte sie ja nicht mal vor meinem eigenen Bruder beschützen, obwohl ich wusste was er für Absichten hatte. Fuck, ich hasste mich selbst so sehr.
Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen als ich beim Hintereingang der Schule vorbeilief und Geräusche hörte. Normalerweise war hier nie jemand und ich war neugierig geworden, weswegen ich näher an den Ort des Geschehens trat und mich letztendlich hinter einer breiten Säule versteckte. Ich hörte ein mir nur allzu bekanntes dreckiges Lachen und... Moment mal... Kayas Stimme?!

YOU ARE READING
Please (don't) Save me.
Teen Fiction17 Jahre alt, durchschnittliche Schülerin, nicht gerade beliebt, äußerlich ein unscheinbares Mädchen, innerlich von Depressionen und Schuldgefühlen zerfressen. Dieser Satz beschreibt Kaya wohl am Besten. Ärzte und Psychiater kommen für sie nicht in...