Regenschwall

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Ich saß auf meinem Bett und las, wie immer, in meinem Buch. Manuel war draußen mit irgendwelchen Leuten. Ich selbst konnte mich gar nicht auf den Inhalt des Buches konzentrieren. In meinem Kopf, vor jeder Zeile, lag Manuels Gesicht. Mich machte es irre, wie er in meinem Kopf rumschwirrte. Ich konnte es mir nicht erklären, wieso ich es gerne hätte, dass er hier im Raum war und mit mir sprach. Und nicht mit anderen Jungs Quatsch machte und sich vermutlich mit ihnen anfreundete und ich spätestens in einer Woche Geschichte war. Dann war ich nur noch der Mitbewohner.

Stöhnend klappte ich das Buch zu und warf es zur Seite. Wir hatten noch eine Stunde, bis wir zur nächsten Trainingseinheit mussten. Danach gab es Essen und dann war Freizeit. Sollte ich Manuel fragen, ob wir was zusammen machen wollen? Ich lehnte meinen Kopf gegen die Wand. Bestimmt hatte er keine Zeit.

(...)

Pascal stand neben mir in der Kabine und schoss geübt auf die Pappfigur, die sich am Ende des Ganges befand. Für mich war es das erste Mal, dass ich überhaupt eine Waffe in der Hand hielt. Wenn ich mir überlegte, dass ich womöglich in paar Monaten oder Jahren auf einen Menschen schießen müsse, lief es mir kalt den Rücken runter. Ich war dafür nicht gemacht. Rot war nichts für mich. Ich war zu feige. Ich traf nicht mal die Pappfigur in meinem Bereich.

Genervt sicherte ich die Waffe und legte sie auf den Tisch vor mir. Ich trat aus meiner Kabine und ging zu meinem Rucksack, um etwas aus meiner Flasche zu trinken. Dabei konnte ich einen Blick auf Manuels Gang setzen. Auch er schoss oft daneben. Aber ich sah, dass in seiner Pappfigur einige Löcher waren. In Brust, Bauch, Bein und einer direkt mittig der Stirn. Er war für Rot gemacht. Er gehörte hier hin.

(...)

Der Nieselregen, der schon den ganzen Tag über kam und ging, verwandelte sich in Sturzregen. "Man sieht sich", verabschiedete sich Pascal von mir, als wir vor dem Gebäude standen. Ich wartete unter der Überdachung auf Manuel. "Bis später", sagte ich zu Pascal, der mit einem grinsen zu seinem Gebäude lief.

Aus dem Gebäude, wo das Training war, kamen nach und nach die Leute raus. Fast zuletzt kam Manuel. "Manu", fing ich ihn ab. Er ging einfach weiter, warf nur einen kurzen Blick zu mir. "Was gibt's?", fragte er. Gleich darauf senkte er seinen Kopf, da wir die Überdachung verließen und der Regenschwall auf unsere Körper niederhämmerte. "Was machst du nach dem Essen?", fragte ich. Der Regen drückte mir mein Haar platt auf den Kopf. Vermutlich sah ich aus wie der letzte Idiot.

"Bis jetzt noch nichts." Manuel schmunzelte mich an. Erleichtert atmete ich aus. "Lust was zu machen?" Erwartungsvoll sah ich ihn an und wäre beinah gegen einen Steinpfosten gelaufen. Manuel lachte bei meinem Ausweich versuch laut los, da ich gegen ihn gehüpft war.
Er fing mich dennoch auf. "Idiot", kam es von ihm. Verlegen sah ich auf den Boden. "Aber, was willst du bei dem Wetter machen?" Er sah nach Oben. Auch seine langen Haare sahen aus wie beim Schwimmen. Strähnig und klebrig an seinem Kopf. "Ich weiß nicht." Ich zuckte mit den Schultern und ging voran. "Lass uns erstmal was Essen gehen und dann Duschen. Raus aus den nassen Klamotten." Manuel beschleunigte seinen Gang, bis wir lachend nebeneinander her rannten und ein kleines Wettrennen veranstalteten, bis wir keuchend vor der Gastronomie ankamen.

Beyond/KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt