Für die Liebe, das Lachen, das ich in deinen Armen fühle

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Fast vier Wochen lebten wir nun schon bei Manuel. Jeden Tag hier in dem Haus. Wir hatten jede Ecke gesehen und langweilten uns. Manuel spielte mir häufig am Klavier was vor und hatte mir sogar ein kurzes Stück beigebracht.

Nun lagen wir in unserem Bett gegenüber und sahen uns in die Augen. Meine Hand strich zärtlich über die weiche Haut von Manuels Wange. Nur sein drei tage Bart kratzte leicht an meinen Fingern.
Seine leicht rosa Lippen hatten sich zu einem verliebten und glücklichen Lächeln geformt. Und diese lächelnden Lippen positionierten sich ab und zu auf meinen. Ich war glücklicher den je. Wir hatten hier unseren Frieden gefunden. Unser Leben war ruhig. Keine Aufgaben, kein Stress und kein Kampf oder gar Krieg. So etwas würde ich auch nie mehr wollen. Nur wäre es schön, wenn man eine Aufgabe hatte. Manuel half ab und an in der Küche. Doch ich war zu schwach dafür. Noch. Ich kämpfte weiterhin um jeden Muskeln in meinem Körper. Um jedes Gelenk und um jede Sehne. Ich wollte mein altes Ich wiederhaben.

(...)

Manuel hielt mich grinsend im Arm. "Vor, zurück, drehen." Kichernd fiel ich zurück in seine Arme. "Ich liebe das Lied", hauchte ich gegen seine Lippen und setzte sie dann auf seine. "Ist von Sufjan Stevens." Manuel grinste mich verschmitzt an. "I have touched you for the last time. Is it a video? Is it a video? For the love, for laughter, I flew up to your arms. Is it a video?" Leise sang er den Text mit, sah mir tief in die Augen und küsste mich anschließend. Ich liebte seine Stimme. Und ich liebte die liebe, das Lachen, das ich in seinen Armen fühlte.

Wir machten unsere leichten Tanzschritte, während ich meinen Kopf gegen seine Schulter lehnte. Manuel atmete tief durch. "Bist du glücklich hier?" Seine Stimme klang so Ernst. "Du nicht?", fragte ich verwirrt. Meinen Kopf nahm ich nicht weg. Ebenso beendeten wir nicht unseren Tanz. Wir nannten ihn "Kuscheltanz". "Ich wäre gerne unabhängig von Papa." Manuel seufzte und strich mir über meinen Hinterkopf. "Und was willst du machen? Wir können hier nicht weg. Wir sind nirgends erwünscht, weil wir Unbestimmte sind." Ich brachte es damit auf den Punkt. Und das wusste er. "Ich weiß. Wir werden unser Leben lang hierbleiben müssen", sagte Manuel in gekränkter Stimme. Ich hob meine Hand und strich ihm sein Haar zurück. "Vielleicht nicht für immer."

(...)

Manuel und ich waren alleine zuhause. Nur die Angestellten waren unten. Ich lief die Treppe auf und ab. Trainierte mich somit. Manuel saß oben auf der letzten Stufe, hatte seine Brille auf der Nase, die er in ein Buch steckte. "Wusstest du, dass es schwule Pinguine gibt?", fragte er mich verwundert, als ich wieder oben ankam. "Nein." Ich musste auflachen. "Haben die eigentlich Knie?" Manuel hob die Augenbrauen, lachte kurz und blätterte dann in seinem Buch herum. Ich machte mich währenddessen wieder auf dem Weg, die Treppe runter zu gehen und wieder hoch. "Sie haben Knie. Nur sieht man es nicht, weil der Oberschenkel nur Zehn Zentimeter lang ist." Manuel strahlte. Ich kam oben an und setzte mich keuchend neben ihn auf die Treppenstufe. "In deinem Buch steht echt alles, oder?" Lachend klappte er es zu. "Wohl kaum." Dann legte er es neben ihn. "Ich habe noch nie einen Pinguin gesehen." "Ich auch nicht." Wir sahen uns an. "Nur im Film und Fernsehen", murmelte er dann.

(...)

Die Tage verstrichen. Wochen, bis es ein ganzes Jahr war. Mittlerweile ging das Laufen fast problemlos. Und Manuels Vater kämpfte um unsere Aufnahme in Blau. Er kam gut damit durch. Denn das Argument wirkte wunder. Manuel war ein Schlaukopf, was er in Reden unter beweis stellte. Mittlerweile ging er, auch wenn er noch Unbestimmt war, mit seinem Vater mit zur Arbeit. Ich wusste aber auch, dass Manuel auf den Nachfolgeposten von seinem Vater aus war. Auch, wenn das noch Jahre dauern würde, bis Manuel seinen Platz einnahm. Aber vielleicht konnte er dann bewirken, dass sich vieles ändern würde.

Und so war es. Fast Zehn Jahre später starb sein Vater an Krebs. Manuel fasste sehr schnell wieder Fuß und stellte sich auf. Der Krieg hatte die Regierung vor sieben Jahren beendet. Verloren. Doch es war nicht schlimm, so einen Verlust einzustecken. Besser ein Verlust von Land, als noch mehr Verluste in der Bevölkerung. Nun stand Manuel am Rednerpult, in seinem blauen Hemd. Die Leute klatschten, als er zum Bürgermeister von Blau gewählt wurde. Ich war noch nie so Stolz gewesen, auf meinen Mann. 

Erst spät am Abend, als die große Feier um ihn vorbei war, konnte ich allein mit ihm sprechen. Er entkleidete sich gerade bis auf die Unterwäsche, als ich ihn von hinten Umarmte und sein Schulterblatt küsste. "Wie gehts dir?", fragte ich ihn. Er drehte sich in meinem Arm um und legte seine Arme um meine Schultern. "Müde, beschwipst und gierig auf dich." Er hob mich mit Leichtigkeit an, trug mich zum Sofa und legte mich auf es. Manuel küsste mich liebevoll aber dennoch gierig. Das kleine Kaminfeuer ließ schöne Lichter in den Raum flackern. Ebenso auf uns, als wir uns auf dem Sofa liebten.

(...)

"Bringst du mir mal ein neues Spucktuch?", rief Manuel mich aus dem Kinderzimmer. Ich stand auf, lief zum Wäscheständer, griff ein Tuch und ging dann schnell zu Manuel. Als ich ihn sah, musste ich lachen. "Jetzt ist auch zu spät", grinste Manuel. Auf seiner Schulter konnte ich die Flecken erkennen. "Warum hast du denn keins mitgenommen?", fragte ich ihn und reichte ihm das Tuch, welches er sich über die saubere Schulter warf. "Ich bin vergesslich." Er nahm unseren Sohn vom Wickeltisch. Der kleine Oliver sah mich mit seinen eisblauen Kinderaugen an, machte ein quengelndes Geräusch und streckte seine kleinen Wurstfinger nach mir aus. "Gib mir ihn", lächelte ich Manu an und nahm dann unseren Sohn auf den Arm. Leicht wippte ich auf und ab. Oliver schloss seine Augen und quiekte vergnügt. Seine Hände zappelten süß hin und her. Lächelnd stellte Manu sich neben mich. "Ich liebe dich." Ein Kuss auf meinen Kopf folgte. Ich lächelte und küsste meinen Mann dann auf die Lippen. "Ich liebe unsere kleine Familie." Manuel strich unserem Sohn über den Kopf, beugte sich herab, küsste seine Stirn und flüsterte: Für die Liebe, das Lachen, das ich fühle, wenn ich dich in meinen Armen halte.



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Und wieder ging eine Geschichte vorbei, die mir mega viel Spaß gemacht hat zu schreiben. Aber ich wusste irgendwann nicht mehr, wie ich die Geschichte fortführen sollte. Man hätte bestimmt noch was rausholen können, jedoch denke ich, das ein Abschluss ganz gut passt.

Ich hoffe euch gefällt das Ende von Patrick, Manuel und Oliver.

Danke auch an jedes nette Kommentar, was ihr hinterlässt. <3 Das ist wirklich immer voll ermutigend, wenn ich das lese. Und wenn ihr noch mehr Lesen wollt, schaut gerne bei meinen anderen Geschichten vorbei. Bald (am 01.12.2018) kommt auch eine Geschichte, die ich nur mit eurer Hilfe schreiben kann. (Infos bei meinem Anmerkungsbuch, das Kapitel "Adventskalender") Mich würde es freuen, wenn der ein oder andere dadran teilnimmt. 

Und nun, schönen Tag euch noch <3

Beyond/KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt