Blaues Hemd

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Der Sessel auf dem ich saß, war in einem braunen Leder gehalten. Vor mir auf dem Tisch standen Getränke. In dem Raum waren noch weitere meines Alters. Keiner redete. Jeder ging seine eigenen Gedanken nach. Immer, wenn jemand neues hinein kam, sahen alle kurz zur Tür, doch senkten ihren Blick sofort. Es war unangenehm. Und mein neues Zuhause.

Wir alle werden später eingewiesen und durften danach ein letztes Mal nach Hause und unsere Wertsachen holen. Und das letzte Mal unsere Familien sehen.

Es war streng verboten, dass man Menschen aus anderen Distrikten traf. Erlaubt war es nur, wenn es mit dem Job zutun hatte. Wie zum Beispiel die Ärzte oder Bauern.
Frustriert goss ich mir in ein Glas etwas Wasser ein. Ich würde meine Familie nie wieder sehen. Das brach mir mein Herz. Ich hasste mein neues Leben jetzt schon.

Als das nächste Mal die Tür aufschlug und ein Junge hinein kam, sahen wieder alle auf. Er sah sich unsicher im Raum um, als würde er jemanden suchen, den er kannte. Er trug ein blaues Hemd und über seine Schultern hing sein braunes Haar. Als sich unsere Blicke trafen, sah ich schnell beschämt weg. Es war vermutlich einer aus dem blauen Distrikt. Das würde auch erklären, wieso ich ihn nicht kannte.

Nach einer Weile, hörte man von draußen die Trompeten, die das Ende der Bestimmung hieß. Meine abgeschwächte Nervosität kam nun wieder. Kurze Zeit später wurde eine Doppeltür aufgemacht. Die Neuen stellten sich alle hin, mit dem Blick zur Tür. Ich machte es ihnen nach. Dann kamen auch schon zwei Männer mit Gewehren der Hand durch die Tür und stellten sich daneben, gefolgt von einem älteren Mann. Das musste der Leiter des Distriktes sein. Er blieb im Raum stehen und sah in die Runde. "Willkommen bei Rot!", sagte er mit einer Armbewegung, die uns willkommen heißen sollte. Keiner sagte was. "Ich freue mich, dass ihr hier seid. Gleich werdet ihr auf eure Zimmer gebracht, wo ihr die nächste Zeit zuhause sein werdet. Dann kommt ihr bitte um ein Uhr zur großen Halle unseres Hauses. Ein willkommensessen wird für euch vorbereitet. Am Abend werdet ihr eure Pläne erhalten, wo eure Trainingszeiten drauf stehen. Ich hoffe, ihr werdet gute Krieger für unser Land und für die Sicherheit aller!"

(...)

Wir wurden in Busse gesetzt. Männer hatten uns von diesem Ort zu ihnen geleitet. Wir fuhren ein ganzen Stück. Ich wusste, das Rot abseits der Stadt lag. Aber selbst gesehen, hatte ich es noch nie.

Als wir ankamen, folgten wir den Männern, die den Leiter von Rot begleitet hatten. Eine riesige Mauer versperrte uns den Blick ins Innere von Rot. Eine geschützte Anlage. Eine Kleinstadt vielleicht. "Mitkommen!", meldete sich einer der Soldaten. Wir gingen durch ein großes Tor hindurch, in ein Gebäude, gar nicht so weit weg vom Eingang. Die Häuser erinnerten mich an Bilder aus Büchern, die Länder vorstellten. Spanien vielleicht. Oder Griechenland. Eher Italien.

Die Gänge durch die wir gingen, waren aus Stein. Dran hingen Waffen oder Gemälde aus vergangenen Schlachten. Es sah so brutal aus und vermutlich musste ich das alles auch mal mitmachen. Ich war doch gar nicht dafür geschaffen. Ich verstand nicht, wieso mein Stein sich Rot gefärbt hatte. War das ein Fehler? Gab es sowas? Aber die Steine hatten immer ihre Richtigkeit. Mein Körper, meine Seele, ich war dafür bestimmt ein Krieger zu sein.

"Sascha Bohm und Christoph Rothen, das ist euer Zimmer." Der eine Mann klopfte gegen eine Tür aus dunklem Holz. Die beiden Jungs traten nach vorne. "Schaut auf die Uhr. Pünktlich sein ist wichtig", sagte der Mann noch zu ihnen. Dann betraten sie ihr Zimmer.

Bei der nächsten Tür wurden wieder zwei Aufgerufen, ebenso bei der nächsten und übernächsten. Und dann wurde meiner Aufgerufen. "Patrick Mayer und Manuel Büttinghaus. Euer Zimmer." Ich trat nach vorne und sah meinem neuen Zimmergenossen zu, wie er von ganz hinten nach vorne kam. Es war der Junge mit dem blauen Hemd. "Pünktlich sein", erinnerte der Mann auch uns. Dann öffnete er die Tür und wir gingen hinein.

Beyond/KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt