Acht

946 37 3
                                    

„Oh, ähm... das esse ich nicht.", schnell schob ich das Tablett mit dem Frühstück, welches mir eine grimmig dreinschauende Krankenschwester auf den Tisch stellte, zurück. Ein Brötchen, eine Hälfte mit Käse, eine mit Marmelade, ein Ei und einen Schokopudding. Ich war vielleicht im Krankenhaus, aber ich musste noch lange nicht meinen Ernährungsplan ignorieren. Da konnte ich ja gleich meine Ballettschuhe in die Tonne schmeißen.

„Das hier ist die Station für Krebspatienten und nicht für Essgestörte.", grummelte die Krankenschwester und verließ das Zimmer wieder.

Anna sah mich verwirrt an: „Das schmeckt gar nicht schlecht. Warum willst du es nicht essen?".

„Ich tanze.", gab ich zu „Und ich habe von meiner Trainerin einen Ernährungsplan bekommen, an den ich mich halten muss.".

„Oh.", sagte Anna nur und biss in ihr Brötchen „Bekomme ich dann deinen Pudding?".

Ich nahm das Ei von meinem Teller und schob ihr mein übriges Tablett hin: „Bedien dich."

„Danke!", grinsend griff sie nach meinem Pudding und zeigte fragend auf das Ei, das ich gerade köpfte: „Eier isst du?".

Ich nickte: „Ja, sie bestehen aus Proteinen, die sind wichtig für die Muskeln.".

„Möchtest du mein Ei noch haben? Ich esse die eh nicht so gerne.".

„Gerne.", dankbar nahm ich das Ei, was sie mir entgegenhielt und schälte die Schale ab.

„Was tanzt du denn?".

„Ballett.", antwortete ich. 

„Das ist cool.".

„Und was machst du sonst noch?", fragte ich interessiert.

Sie stand auf und holte ein Foto, welches sie mir in die Hand drückte: „Das ist Filou.".

Auf dem Foto war ein junges Pferd zu sehen, mit dunklem Fell und einer wellenden Mähne. „Ist das dein Pferd?".

„Ja, also... es war mein Pferd.".

„Wieso? Was ist passiert?".

„Mein Krebs ist passiert.", antwortete sie emotionslos „Als ich die Diagnose bekam stand fest, dass ich eine ganze Weile lang nicht mehr reiten werden kann. Und Filou muss jeden Tag ausgeritten werden, deshalb haben wir in zuerst zur Reitbeteiligung freigegeben. Ein Mädchen zahlte dafür, dass es sich jeden Tag um Filou kümmern und ihn ausreiten darf. Er blieb aber in unserem Besitz und wir mussten weiterhin die Unterhaltskosten und das Futter zahlen. Irgendwann wurde es einfach zu viel. Meinen Eltern fehlte das Geld und sie verkauften Filou an das Mädchen.".

„Das tut mir leid.".

„Schon gut. Es ist das beste für ihn. Ich konnte mich eh nicht mehr um ihn kümmern. Seine neue Besitzerin ist nett. Er hat es sicher gut bei ihr.".

Ich dachte nach. Bei den Gedanken daran, vielleicht eine sehr lange Zeit nicht mehr tanzen zu können, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken.

Mein Handy klingelte. Es war Zayn. Schon wieder.

Er hatte mich seit gestern Abend schon viermal angerufen.

Ich ging wieder nicht ran. Anna sagte nichts, sondern warf mir nur einen ermahnenden Blick zu.

„Was ist?", fragte ich.

„Du musst mit ihm reden.".

„Ich weiß. Ich kann nicht. Noch nicht.".

„Wann dann?".

„Nach meinem CT-Termin heute.".

„Wann hast du den?".

SunriseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt