Sunrise

Einundsechzig

Ich glaub ich hab noch nie in meinem Leben so lange am Stück gelächelt. Als der Fotograf endlich das letzte Foto schoss, hatte ich schon einen Krampf im Gesicht. Erst schoss er gefühlt tausend Jahrgangsfotos, im Stehen, im Sitzen, von der Seite, von vorne, mit Armen an der Seite, mit Armen unten, winkend, lachend und was weiß ich, welche Posen wir noch machen mussten. Dann schoss er Fotos von den Jungs, dann von den Mädchen und dann, wer wollte, auch noch von Pärchen. Und halleluja, das dauerte wirklich ewig. Zuletzt machten Kayla, Eric, Zayn und ich noch ein Foto zu viert, dann durften endlich auch unsere Familien in den Saal und der langweilige Teil des Balls begann. Die Schulleitung hielt eine ewig lange Rede, dann sprachen auch noch einige Lehrer, dann gab es einen Haufen Danksagungen, die Zeugnisse wurden verteilt, noch mehr Danksagungen und Glückwünsche ausgesprochen und dann endlich das Buffett und somit der freie Teil des Balls eröffnet. Während die meisten sofort zum Buffett oder zur Bar stürmten, lief ich schnell zu unserem Tisch und holte meine Turnschuhe aus meinem mitgenommenen Beutel. Mit schmerzerfülltem Gesicht zog ich die wunderschönen, aber leider absolut unbequemen, dunkelblauen HighHeels aus und tauschte sie gegen meine geliebten, bequemen Turnschuhe.

„Das ist jetzt nicht dein Ernst.".

Ich drehte mich um und sah in Kaylas ermahnendes Gesicht.

„Diese Schuhe bringen mich noch um.", jammerte ich und schnürte meine Turnschuhe fest.

„Sol, du kannst doch keine Turnschuhe zu diesem Kleid anziehen!", empörte sie sich.

„Doch. Außerdem sieht man die doch gar nicht, das Kleid ist lang genug.".

Kayla verdrehte die Augen „Du tanzt stundenlang auf Spitzenschuhen, bis deine Füße blutig sind, aber HighHeels hältst du keinen Abend aus?".

„Lass sie doch.", verteidigte mich Zayn, der hinter uns aufgetaucht ist. „Kommt, wir sollten uns etwas zu essen holen, bevor nichts mehr übrig ist.". Er nahm meine Hand und zog mich zum Buffett. Kayla hat bei ihren Schwärmereien nicht gelogen. Das Essen war fantastisch. Es gab verschiedene Suppen, viele Gemüsebeilagen, ein Salatbuffett, verschiedene Fleisch- und Fischgerichte und ein absolut gigantisches Dessert-Buffett, auf dem sich eine bunte Auswahl an Obst, Mousse au Chocolat, Parfait, Kuchen, Quarkcreme und viele andere, verlockend aussehende Speisen türmten. Ich nahm mir eine große Portion von dem Lachs mit den Rosmarinkartoffel, sowie etwas von dem unfassbar lecker riechendem Bärlauch-Hühnchen und lief zurück an den Tisch, an dem meine und Zayns Familie bereits saß.

„Mhhhh.... Das ist so gut!", schwärmte Zac mit vollem Mund, woraufhin ihn Mister Walthers streng ansah: „Nicht mit vollem Mund sprechen, Zac!".

Zac jedoch ignorierte ihn und steckte sich einen weiteren Löffel in den Mund: „Bei meinem Abschlussball gab es nicht so gutes Essen.".

„Das hast du nur vergessen, weil du betrunken warst.", Zayn kam zu uns und setzte sich neben mich. Sein Teller war so voll gefüllt, dass ich mich fragte, wie er es geschafft hat, ihn hierher zu tragen, ohne die Hälfte zu verlieren.

„Die Rede eurer Schulleitung war ganz toll.", lobte Melanie und sah strahlend in die Runde „Ich hab noch nie so eine schöne Rede auf einem Schulball gehört.".

Ich nickte lächelnd, allerdings hatte ich keine Ahnung, was an der Rede so toll gewesen sein soll, ich hab nicht einmal richtig zugehört.

„Julie, du isst bitte auch irgendetwas Richtiges, ja?", bat Mom und sah zweifelnd auf den Teller meiner Schwester, der nur mit verschiedenen Desserts gefüllt war.

„Mach ich doch.", nuschelte sie mit vollem Mund „Das ist so gut!", sie deutete mit ihrem Löffel auf die Himbeer-Mascarpone-Creme in ihrer Hand und leckte sich genüsslich über die Lippen.