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24. Dezember 3026

Sie packt meine Haare und zieht mich aus Yoongis Zimmer. Der Schmerz wird immer schlimmer, es fühlt sich an, als würde sie mir meine Kopfhaut abreißen.

"Lass ihn gefälligst los Mom!", höre ich Yoongi schreien, welcher uns hinterher rennt, aber wie zu erwarten bringen seine Einwände rein garnichts.

"Du bist jetzt mal ganz still! Zu so einer sündhaften Schande gehören immer zwei! SO HABE ICH DICH VERDAMMT NOCHMAL NICHT ERZOGEN!"

Ihr Geschrei tut in meinen Ohren weh und die ganze Situation überfordert mich. Ich weiß nicht was ich machen soll, mein Kopf will nicht die Tatsache akzeptieren, dass es jetzt vorbei ist. Das ich jetzt rausgeschmissen werde. Das ich verhungern werde. Das ich Yoongi nie wieder sehen werde.

Die Tränen laufen mir wie Wasserfälle übers Gesicht, aber es sind stumme Tränen. Aus meinem Mund kommt kein Mucks. Mein Hals ist wie zugeschnürt.

Ich werde in mein Zimmer geschubst und falle auf den Boden. Als ich aufschaue, blicke ich in die hasserfüllten und angewiderten Augen von Mrs Min.

"Du bist wiederwertig Jimin. Deine Aufgabe war es, für Yoongi eine Art Freund zu werden. Damit er sich nicht mehr langweilen muss. Nicht mehr und nicht weniger. Das was ihr da gemacht habt, ist eine Totsünde. Du hast Glück, dass du deine Arbeit im vergangenem Jahr so gut gemacht hast und ich schmeiße dich jetzt nicht raus."

Mein Herz macht einen Sprung und ich hätte vor Freude fast angefangen zu lächeln.

Zu voreilig.

"Sobald es morgen früh hell ist, verlässt du unsere Wohnung."

Mein imaginäres Lächeln, fällt mir aus dem Gesicht und zerbricht in Tausend Teile.

"Ich werde zuerst mal bei der Vermittlungszentrale anrufen. Ich will, dass mir sofortiger Ersatz zur Verfügung gestellt wird. Schließlich gibt es auf euch ein Jahr Garantie."

Mit diesen Worten verlässt sie das Zimmer und schließt hinter sich die Tür ab.

[...]

25. Dezember 3026

Ich sitze kerzengerade und warte darauf, dass die Sonne aufgeht.

Ich sollte vielleicht versuchen zu schlafen, oder mich wenigstens ausruhen, schließlich wird das hier der letzte Augenblick meines Lebens sein, dass ich ein Bett zu meiner Verfügung habe.

Doch an Schlaf ist nicht zu denken. Gleich nachdem Mrs Min mich in meinem Zimmer eingesperrt hat, habe ich Tae angerufen. Er musste auch weinen...

Nach dem Telefonat wollte ich dann meine Sachen packen, da ist mir aufgefallen, dass ich so gut wie keine Eigentümer besitze.

Ich bin nochmal duschen gegangen, habe mir die Zähne geputzt und so viele Tshirts unter meinen Pulli gezogen wie es nur geht. Durch meinen oversized Pulli, sieht man zum Glück nicht, dass ich einen fünf-Laken-Look trage. Mein Handy nehme ich auch mit. Davon weiß Mrs Min zum Glück nichts.

Und noch etwas stecke ich mir in die Hosentasche. Den Liedtext von
I need u.

Dann ist es so weit. Ich sehe wie sich der Himmel rot färbt und ca eine halbe Stunde später höre ich den Schlüssel im Schloss.

"Es geht los Jimin.", sagt sie kalt und ich trete aus der Tür.

"Wo ist Yoongi?"

Sie lacht auf. "Du wirst meinen Sohn sicher nicht nochmal sehen."

Ich muss schlucken um nicht direkt wieder in Tränen auszubrechen.

Als wir durch den Flur der oberen Etage gehen und an Yoongis Zimmertür vorbeikommen, höre ich leises Schluchzen und mein Herz krampft sich schmerzhaft zusammen.

"Ich liebe dich!", schreie ich, in der Hoffnung er hört es.

Das ich mir wegen dieser Aktion eine Backpfeife von Mrs Min einfange, ist mir herzlich egal.

"Gott, ich hoffe der neue ist bald da. Es ist schon um acht, er sollte schon vor einer viertel Stunde geliefert werden.", spricht sie mit sich selbst.

Sie schleift mich aus der Wohnung in den Fahrstuhl und gemeinsam fahren wir runter bis ins Foyer.

Als der Fahrstuh hält, steigen wir aus und laufen Richtung Ausgang.

Ich habe Kopfschmerzen.

Und ich habe Angst. Viel zu große Angst.

Mein Kopf realisiert das ganze noch nicht richtig, weshalb mein Körper so ruhig bleibt. Ich fühle mich wie in einem schlechten Traum. Als könnte ich aufwachen, wenn es zu schlimm wird. Doch das kann ich nicht.

Ich gucke auf den Boden, während ich Yoongis Mutter hinterher laufe. Ich sollte mir langsam mal einen groben Plan machen, was ich jetzt tun werde. Sollte ich mich mit Tae treffen? Oder vielleicht mit Namjoon? Gibt es nicht doch eine Möglichkeit für mich zu überleben?

Eins steht fest, ich kann den ganzen Tag laufen, aber wenn ich nichts halbwegs warmes für die Nacht finde, erfriere ich.

Das Problem ist, dass ich nicht nur eine Unterkunft eine Nacht brauche.

Umso näher wir der großen Tür kommen, die mich so gut wie in den sicheren Tot entlässt, desto mehr Panik bekomme ich. Ich bin hilflos. Die Situation in der ich mich befinde ist Aussichtslos.

Am besten ich lege mich irgendwo hin und warte bis ich erfriere.

Doch bevor ich weiter über mein fast beendetes Leben nachdenken kann, bleibt Mrs Min plötzlich stehen.

"Ah, das ist ja meine Lieferung!", ruf sie erfreut.

Wahrscheinlich ist ihr neuer Sklave angekommen. Ich könnte heulen. Ich will wieder zu Yoongi. Der Gedanke, dass nun ein neuer Junge in seinem Leben sein wird... Wenn auch nicht freiwillig.

Ich hebe den Kopf, um die Person zu begutachten, die jetzt meinen Platz einnehmen wird.

Doch sobald ich sehe wer dort steht, fühlt es sich an, als hätte sich die Welt aufgehört zu drehen.

"Hoseok.", flüstere ich und starre in die geweiteten Augen meines ehemaligen besten Freundes.

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Bonne nuit

Future Life  ʸᵒᵒᶰᵐᶤᶰWo Geschichten leben. Entdecke jetzt