Wie immer

53 4 0
                                    

Wie immer.

Es war wie immer, wenn Sebastian nach Hause kam.

Robin saß an ihrem Schreibtisch, drehte sich auf ihrem Stuhl hin und her und telefonierte mit irgendwelchen Kunden. Demetrius und Maru waren im Labor und experimentierten an irgendwelchen Proben aus dem Wald herum.

Und niemanden interessierte es, dass Sebastian die ganze Nacht weg war.

Wie immer.

Als Sebastian die Tür zu seinem Zimmer aufstieß, erstarrte er sofort. Auf seinem Bett saßen Abigail und Sam, welche sogleich aufsprangen und Sebastian umklammerten.

"Scheiße, Sebastian, wo bist du gewesen?", wimmerte Abigail und drückte ihr Gesicht in den Pullover des älteren. Sam verschränkte seine Arme vor der Burst und sah seinen besten Freund abwartend an.

"Also, junger Mann? Du bist uns eine Erklärung schuldig", brummte der Blondschopf. Sebastian seufzte und schob vorsichtig seine beste Freundin von sich.

"Ich bin gestern kurz aus dem Club gegangen, weil ich frische Luft brauchte. Die wollten mich dann aber nicht reinlassen, also hat Calum mir geholfen. Im Gegenzug musste ich etwas mit ihm trinken. Ich weiß nur noch, dass ich mit zu ihm nach Hause gegangen bin, dann ist alles weg", brummte Sebastian, ging währenddessen zu seinem Bett rüber, um sich dann wohlig seufzend auf dieses zu werfen.

"Weg?" Sam zog die Augenbrauen hoch. "Dein Ernst?"

"Jeder hat mal nen Filmriss", murmelte Sebastian. "Als du dich wegen dem Musikfest in Grampleton zwei Tage lang an nichts erinnern konntest, habe ich doch auch nicht gemeckert." Abigail kicherte auf, als Sam sie aber mit einem warnenden Blick ansah, verstummte sie.

"Er hat schon recht", sagte sie und ließ sich neben Sebastian nieder.

"Sebastian, du verstehst mich falsch", seufzte Sam und kniete sich neben das Gesicht seines besten Freundes. "Ich will nicht, dass dir auch so etwas passiert, ja? Du merkst es doch, wenn du keine Ahnung hast, was passiert ist, das ist beunruhigend. Dieser- Wie hieß er noch gleich?"

"Calum Miller", flüsterte Sebastian einige Sekunden später.

"Genau, Calum", murmelte Sam, hob dann wieder die Stimme. "Dieser Calum hätte alles Mögliche mit dir anstellen können! Er könnte ein Mafiaboss sein, hätte dich in seine Geschäfte reinziehen können. Dich entführen können, dich-"

Sam stockte. Angsterfüllt sah er Sebastian an, dann ließ er sich auf den Boden fallen.

"Versteh mich nicht falsch, Sebastian, aber so ziemlich jeder ist stärker als du. Er hätte dich, naja-"

"Du hast keine Ahnung!" Mit einem Mal war Sebastian aufgestanden und hatte sich vor seinem besten Freund aufgebaut. "Calum geht voll klar! Während ihr irgendwo im Club verschwunden wart, hat er mir Drinks ausgegeben, mich zum Lachen gebracht!"

"Du hättest uns doch suchen können, Sebastian", sagte Abigail und legte eine Hand auf die Schulter ihres Freundes. "Wir waren einfach so vertieft in das Alles, wir haben nicht bemerkt, dass es dir nicht gut ging. Es tut mir leid."

Sebastian wollte noch etwas erwidern, ließ sich dann jedoch seufzend zurück auf sein Bett fallen. Wie immer. Er alleine gegen die beiden.

"Es ist okay. Ich hätte Calum sonst nie kennengelernt. Für den Moment war alles gut. Es war schön, mit ihm zu saufen", schmunzelte der schwarzhaarige. "Letzten Endes habe ich euch ja vergessen."

"Damit wären wir wohl quitt", murmelte Sam. "Denk immer dran, Sebastian-"

"Wir haben dich lieb, okay?", unterbrach Abigail den Blondschopf, nahm Sebastians Hand in ihre. "Bitte vergiss das nicht."

"Ich hab euch doch auch lieb."

Und, wie immer, wenn Sebastian das hörte und sagte, schloss er die Augen.

---------------------

"Calum, eine Beziehung würde dir gut tun", sagte Filipé und ließ den Ordner galant über den Tisch sliden. Perfekt kam dieser vor dem Jungen mit den türkisen Haaren an.

"Filipé, eine Scheinbeziehung ist nicht das selbe", murmelte er und sah dann das Mädchen entschuldigend an, das wenige Plätze weiter weg saß. "Du weißt doch, dass ich- naja. Nicht hetero bin."

Filipé seufzte tief und massierte sich die Nasenwurzel. Viviane, seine Sekretärin, stellte den dritten Sherry vor ihm ab.

"Cal, natürlich weiß ich das. Aber ich weiß auch, dass viele deiner Fans nur darauf warten, dass du einen Partner oder eine Partnerin findest."

"Verdammt, du verstehst es auch nicht, oder?!"

"Calum, wage es nicht, laut zu werden!"

Filipé merkte man den Alkohol deutlich an. Der Portugiese hatte noch mehr Temperament als sonst, seine Augen wurden dunkler, das erkannte selbst Calum, der knapp fünf Meter von seinem Manager entfernt saß.

"Es ist wie immer wenn du mich verkuppeln willst! Versteh doch endlich, dass ich nicht so wie die anderen bin! Es geht nicht gegen dich, Sienna, du bist bestimmt cool und alles, aber ich liebe keine Frauen, keine Mädchen! Das habe ich noch nie, ich tue es nicht und werde es auch nie. Verstehs doch endlich, Filipé."

"Okay", sagte der Portugiese nach ein paar Sekunden. "Dann mach was du willst, verdammter Teenie." Filipé wusste scheinbar nicht, was er da gerade sagte, und den letzten Teil des Satzes murmelte er auch eher zu sich selbst, doch das war Calum egal.

"Gerne doch", lächelte Calum süffisant, stand auf und verschwand aus dem Büro. "Man sieht sich!" Bei der Garderobe schnappte er sich seinen Parka und wenige Minuten stand er vor dem Gebäude des Bright Star Entertainments. Sein Wagen stand noch immer dort, wo er ihn gelassen hatte: nur wenige Meter von dem Club entfernt, bei dem er Sebastian kennengelernt hatte. Die Vorkommnisse waren schon eine ganze Woche her, doch Calum kam es vor, als wären sie erst vor wenigen Stunden passiert. Noch immer sah er Sebastians dunkle Haare vor sich, den genervten Blick, als sie vor dem Club standen, und noch immer spürte er die Lippen des kleineren auf seinen.

Der Junge schüttelte den Kopf und stieg in seinen dunklen Sportwagen. Er startete das Auto und fuhr zu seinem Apartement, das gefühlt am anderen Ende der Stadt lag. Aus dem Radio dudelte 'Last Christmas' zum siebenunddrölfzigsten Mal an diesem Tag und genervt schaltete Calum auf seine CD um. 'Paper Airplanes' von Highway 89 wurde angestimmt und nach wenigen Sekunden erklang die Stimme des Sängers. Momentan schrie in Calum nichts sehnlicher danach, als Sebastian wiederzusehen. Ihn in die Arme zu schließen, an sich zu drücken, ihn zu küssen.

"Jetzt fahr doch endlich!", knurrte er, bemerkte dann, dass der Typ im Auto vor ihm das wohl nicht hören konnte. Ungeduldig hupte der 19-Jährige, bis sein Vordermann endlich mal losfuhr. Der Verkehr in Zuzu City war einfach die Hölle.

Wie immer.

Calum wusste, er konnte hier keine Minute länger bleiben.

Und er wusste, dass er jegliche Sachen packen würde, wenn er erst einmal zuhause war. Ganz egal, ob das Haus schon fertig war oder nicht.

Sebastian | SDV FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt