Vergangenheit

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Es war bereits nach Mitternacht, als Sebastian und Robin wieder in Pelican Town waren. Robin ging sofort zu Bett, doch Basti wollte noch eine rauchen gehen. Gesagt, getan, mit einer glühenden Zigarette zwischen den Fingern ging der 20-jährige in Richtung Fluss. Es war echt seltsam, Pelican mal bei Nacht zu sehen. Die Straßenlaternen, die eher spärlich Licht spendeten, verliehen dem Dorf ein gewisses, gruseliges Feeling. Hoffentlich würde Pennywise nicht gleich auftauchen...

Als Sebastian schließlich an einem ruhigen und dunklen Ort ankam, erstarrte er: wer saß denn da? War das etwa-

"Calum?", murmelte Sebastian verwirrt und trat näher an die Person heran. Die Person zuckte zusammen und drehte sich rasch zu Sebastian um.

"Oh, Sebastian, du bist es", atmete Calum erleichtert aus und fasste sich ans Herz. "Verdammt, hast du mich erschreckt!"

"Sorry", murmelte Sebastian. "Darf ich?" Basti deutete neben Calum. Der türkishaarige nickte lächelnd und drehte sich weider in Richtung Fluss.

"Wie wars denn heute in Beyu City?", fragte Calum und zog an seiner Zigarette. Sofort musste Sebastian lächeln.

"Es war verdammt cool, ich hab die Tochter von Guiseppe kennengelernt", grinste Sebastian. "Sienna ist echt cool drauf, ihr würdet euch bestimmt gut verstehen." Für ein paar Sekunden war es komplett leise. In Calums Kopf ratterte es, bis er schließlich seinen Kopf zu Sebastian umdrehte.

"Sienna Moreaux?"

"Was?"

"Heißt sie Moreaux mit Nachnamen?", fragte Calum nun etwas lauter und sah Sebastian ungeduldig an.

"Ja, warum fragst du?"

Stöhnend rieb sich Calum über den Nasenrücken. Dass sich Sebastian AUSGERECHNET mit Sienna anfreunden musste, das setzte dem Ganzen doch die Krone auf!

"Calum, was ist los?", fragte Sebastian verwirrt und zog an seiner Zigarette. "Kennst du sie oder...?"

"Ja, naja, mein Manager wollte, dass ich mit ihr eine Scheinbeziehung aufstelle, um mein Image zu pushen", erklärte Calum sofort und seufzte frustriert auf. "Wie ich ihn kenne, werde ich das auch noch machen müssen."

"Oh", kam es lediglich von Sebastian. "Kann er dich denn dazu zwingen?"

"Es ist kompliziert", murmelte Calum und drückte seinen Stummel aus. "Ich bin Filipé eine Menge schuldig und müsste diese Beziehung eigentlich eingehen. Wäre ich nur irgendjemand, würde er keine Gnade walten lassen, wie momentan."

"Wie meinst du das?"

"Was?"

"Das mit dem Gnade walten lassen."

"Naja, ich bin mehr als nur der Junge, für den er im Management zuständig bin. Ich bin so etwas wie ein Sohn für ihn, das sagt er mir auch oft. Die Geschichte ist ziemlich lang, ich will dich nicht langweilen."

"Ich hab Zeit, Calum, sonst hätte ich mich nicht zu dir gesetzt", murmelte Basti zurück und zerdrückte seinen Zigarettenstummel auf dem sandigen Boden. Fordernd sah er den jüngeren an.

Calum atmete tief ein und aus und begann, zu erzählen:

"Ich bin das Sandwichkind in meiner Familie gewesen, mein kleiner Bruder Manuel hat alles in den Arsch geschoben bekommen und meine große Schwester, Patricia, hat mich wie ihren persönlichen Sklaven behandelt. Mein Vater war meistens auf irgendwelchen Dienstreisen, meine Mutter begnügte sich mit dem Nachbarn. Naja, meine Eltern haben mich einfach nicht wahr genommen, eben das Sandwichkind, ich war non-existent. Als ich 13 war bin ich schließlich abgehauen und bin durch Zufall nach Zuzu City gekommen. Filipé fand mich schließlich halb erfroren im Königsblau-Park und nahm mich mit. Er bat mir an, dass er sich um mich kümmert, so lange ich für seine Modelagentur arbeite. Ich meine, was hätte ich denn machen sollen? Es war meine einzige Möglichkeit, also nahm ich sie an."

"Und was ist dann passiert? Also, hat dich deine Familie gesucht, oder so?"

"Nein, haben sie nicht. Sollen sie auch nicht. Ich will mit denen nichts mehr zutun haben", antwortete Calum. "Naja, jedenfalls modele ich jetzt seit fünf Jahren für verschiedene Modelabels und bin auf YouSocial unterwegs. Hauptsächlich machen Carly, meine beste Freundin, und ich Bilder mit optischen Täuschungen."

"Das klingt cool", murmelte Sebastian.

"Und was ist mit dir?", wechselte Calum das Thema. "Hast du auch eine tragische Backgroundstory?"

"Hm, vielleicht", antwortete Sebastian und fuhr sich durch die Haare. "Ich hab meinen Vater nie richtig kennengelernt, zählt das?"

Nachdem Calum bejahend nickte, fuhr Sebastian fort:

"Also, wie gesagt: Ich habe meinen Vater nie wirklich kennengelernt, er und meine Mum trennten sich kurz nach meiner Geburt. Sie wollte nicht, dass ich Kontakt zu ihm habe. Kurze Zeit später lernte sie Demetrius kennen, als ich zwei Jahre alt war zogen wir zusammen. Es kam, wie es kommen musste, kurz vor meinem vierten Geburtstag war Maru auf einmal da. Ich kann dir sagen, es war ja schon schrecklich, mir fast drei Jahre lang mit Maru ein Zimmer teilen zu müssen, weil die Wohnung sonst zu klein war, aber dass Mum eiskalt vergessen hat, mir im neuen Haus ein Zimmer zu geben, war die Höhe! Letzten Endes habe ich mein 'Zimmer' im Keller und Maru ziemlich viel Aufmerksamkeit bekommen. Die Leute dachten wahrscheinlich, dass es nur eine dreiköpfige Familie ist."

Kurz war es still, die beiden sahen einfach nur auf den Fluss hinab.

"Das tut mir leid für dich", flüsterte Calum irgendwann. Sebastian schmunzelte, wank mit der einen Hand ab, mit der anderen wischte er sich über die Augen.

"Schon okay."

Auf einmal tat Calum etwas, das äußerst seltsam war.

Denn ohne irgendeinen Grund, drehte er sich zu Sebastian, drehte den Jungen zu sich und küsste ihn.

Erschrocken riss Sebastian die Augen auf. Was war das denn jetzt?

Langsam löste sich Calum wieder von Basti und lächelte ihn an.

"Und warum hast du mich jetzt geküsst?" Sebastian zog die Augenbrauen hoch und sah zu Calum. Dieser fuhr sich nervös lachend durch die Haare und sah auf den Fluss.

"Ich habe die schlechte Angewohnheit, Leute zu küssen, wenn sie traurig sind."

"Gefällt mir", wisperte Sebastian und sah ebenfalls auf den Fluss.

"Willst du noch mit zu mir? Mir wird langsam kalt", fragte Calum schließlich. Sofort nickte Sebastian und richtete sich auf. Calum tat es ihm gleich, nahm die Hand des älteren und ging mit ihm zur Farm.

Das sollte noch eine lange Nacht werden.

Sebastian | SDV FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt