𝒞𝒽𝒶𝓅𝓉𝑒𝓇 ② ✰ 𝒯𝒶𝑒𝒽𝓎𝓊𝓃𝑔 ✰

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Grinsend schaue ich auf mein Smartphone, während ich durch die Tweets meines besten Freundes scrolle. Er hat innerhalb von ein paar Stunden 500 neue Follower mehr bekommen und es steigt weiterhin. Der Arme, er ist bestimmt mega überfordert. Wie hätte er auch damit rechnen können, dass auf einen seiner Tweets mit dem #fanboy so viele neue Menschen auf ihn aufmerksam werden?

Die Bahn in welcher ich mich befinde bewegt sich sanft hin und her, während wir einen weiteren Bahnhof passieren. Ich bin auf dem Weg zu Seouls bestem Krankenhaus, um wie fast jeden Tag meinen Großvater zu besuchen.

Leider bin ich der Einzige aus meiner Familie, der ihn noch nicht aufgegeben hat, was mich ziemlich traurig stimmt. Er hat Alzheimer und wird mit jedem Tag vergesslicher, aber jedes Mal wenn ich ihn besuchen komme, bildet sich auf seinem fahlen, altem Gesicht ein breites Lächeln. Auch wenn ich ihm jedes Mal aufs Neue erklären muss, wer ich denn nun sei, freut es mich, ihn weiterhin sehen und mit ihm reden zu können.

Letztes Jahr allerdings kam eine weitere Diagnose hinzu, welche sich im Vergleich zum Alzheimer als ein ganz anderes, schwierigeres Niveau heraustellte; Brustkrebs.

Keiner kann sagen, wie lange er noch zu Leben hat, die Ärzte meinten es liege an ihm und dem Krebs, ob es sich dabei um 3 Jahre oder nur noch wenige Monate, Tage oder Stunden handeln würde.

Dennoch schreckt mich auch das nicht davon ab, ihn weiterhin zu besuchen. Mein Großvater ist ein sehr schlauer Mann und erzählt mir teilweise Dinge, von welchen ich noch nie zuvor gehört habe. Manchmal weiß ich nicht, ob er sich diese Geschichten nur ausgedacht hat, oder ob sie nun wirklich wahr sind, aber es stört mich nicht im geringsten. Hauptsache er ist glücklich.

Die robotor-ähnliche Stimme einer Frau verkündet, dass wir nun in dem Bahnhof einfahren, bei welchem ich aussteigen muss. Ich nehme also meinen Rucksack auf den Schoss und warte.

Einige Minuten später betrete ich schon das große Krankenhaus und mache mich sofort auf den Weg zu dem Zimmer meines Großvaters. Es befindet sich im obersten Stock, doch anders als viele andere bevorzuge ich es die Treppen, anstatt des Fahrstuhls zu nehmen. Ich habe zwei gesunde Beine, also wieso sollte ich diese nicht auch nutzen?

In kürzester Zeit bin ich oben angekommen und steuere geradewegs das Zimmer meines Opas an, grüße im vorbeigehen einige Krankenschwestern, welchen ich schon längst bekannt bin und bleibe vor der weiß gestrichenen Tür meines Ziels stehen. Ich atme noch einmal tief ein, klopfe vorsichtig und öffne anschließend langsam die Tür, um meinen Kopf durch den Spalt zu drücken.

Mein Großvater sitzt auf seinem Bett und scheint vertieft in eines seiner Bücher zu sein. Was für eines kann ich von meinem Standpunkt aus nicht benennen. Anscheinend hat er mich noch nicht bemerkt, weshalb ich nun vollständig das Einzelzimmer betrete und die Tür hinter mir schließe, wobei sie ein kaum hörbares Klick-Geräusch von sich gibt. Mein Opa mag zwar einige Sachen vergessen und mit einem bösartigen Krebs einen Kampf führen, aber seine Ohren und Augen sind besser, als die aller anderen, älteren Menschen hier zusammen.

"Oh..Besuch!", ruft er erfreut und mustert mich lächelnd. "Ich bin es, Taehyung, dein Enkel." "Taehyung, mein guter Junge. Sag, wo hast du dich gestern rumgetrieben? Es war so öde und keine der Schwestern war auf einen Plausch aus. Frauen, sage ich dir, komplizierte Wesen." Ich muss lachen, woraufhin er ebenfalls breit grinst und fordernd neben sich auf einen Plastikstuhl klopft. "Setzt dich doch."

Das lasse ich mir nicht zwei mal sagen und lasse mich auf den doch etwas unbequemen Stuhl plumpsen. Innerhalb kürzester Zeit vertiefen wir uns in ein Gespräch und bemerken gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht...

"Oh, schon so spät? Tut mir Leid Grandpa, aber ich sollte langsam los. Mom wartet zu Hause auf mich und ich muss noch einige Hausaufgaben erledigen. Aber ich komme morgen wieder, das verspreche ich." "Mach nur Junge und versprech mir lieber, nie deinen alten Großvater zu vergessen. Selbst wenn ich gehen sollte, behalte mich immer in deinem Herzen." Ich lächele und nehme seinen kalte, faltige Hand in meine Warme.

"Ich verspreche es dir."

Wir verweilen einige Minuten in dieser Position, bis ich irgendwann ein leises Schnarchen vernehme. Er ist eingeschlafen.

Ich stehe leise von meinem Stuhl auf, sammele meine Tasche vom Boden auf und verlasse anschließend genauso leise das Zimmer.

Draußen schaue ich mich kurz um, laufe dann durch den ruhigen Gang und möchte gerade die Treppen hinunter gehen, als mir etwas auffällt. Besser gesagt jemand.

Vor dem großen Fenster mit einem wundervollen Ausblick auf Seoul sind zwei Bänke platziert, auf welchen man sich niederlassen und das Geschehen draußen beobachten kann. Jedoch ist keine der beiden Bänke besetzt.

Lediglich ein Rollstuhl steht zwischen ihnen und ich muss meine Augen zusammen kneifen, um zu erkennen, wer der Besitzer dieses Rollstuhls ist.

Als ich endlich ausmachen kann, dass es sich um einen Jungen in meinem Alter handelt, überkommt mich ein seltsames Gefühl. Ich schaue an mir herunter, auf meine gesunden Beine, welche ich vorhin noch so gelobt habe und dann wieder zu dem Jungen, welcher seine Beine augenscheinlich mehr oder weniger verloren hat.

Ich kann nicht beschreiben, was mich in diesem Moment dazu antreibt die wenigen Stufen wieder hochzugehen und langsame, aber sichere Schritte auf den Jungen zu zu machen, aber meine Neugierde übertrifft gerade jegliche Gefühle von Scham oder Unsicherheit und ich bin selbstbewusster denn jeh.

Bei ihm angekommen lasse ich mich neben ihm auf der Bank nieder und räuspere mich kurz. Damit erhalte ich seine Aufmerksamkeit und für einen kurzen Augenblick dreht er seinen Kopf zu mir, sodass mir beinahe die Augen aus dem Kopf fallen, als ich direkt in sein Gesicht blicke. Doch der Anblick dieser Schönheit wird mir nicht lange verwehrt, da er sich schnell wieder von mir abwendet.

Ich habe selten so einen schönen Menschen gesehen...

In mir drin, spüre ich plötzlich ein großes Verlangen, ihn noch einmal betrachten zu dürfen.

"Ein wirklich schöner Sonnenuntergang, nicht?", höre ich mich sagen und weite überrascht meine Augen, da ich nicht geplant hatte, so schnell ein Gespräch anzufangen. Da ich nicht komisch rüber kommen möchte, lehne mich etwas zurück und stütze meine Arme hinter meinem Rücken auf der Bank ab, um meine Nervösität zu überspielen.

Ich erhasche ein kleines Lächeln auf den Lippen des Anderen, welches jedoch genauso schnell wieder verschwindet, wie es gekommen ist. Daher wende ich meinen Blick für einen Moment ab und schaue stattdessen auf den beinahe magischen Sonneuntergang, welcher sich vor uns erstreckt und die Flure des Krankhauses in ein warmes Farbspiel aus Orange und Gelb taucht.

Nach ein paar Minuten betretenen Schweigens wird es mir dann doch zu ruhig, weshalb ich mich erneut räuspere und mich dem fremden, schönen Jungen nun ganz zuwende.

"Ich heiße Taehyung, aber meine Freunde nennen mich auch Taetae oder einfach Tae. Und du?"

Er scheint mit sich zu kämpfen, ob er mir nun wirklich seinen wahrscheinlich wundervollen Namen verraten soll, doch als ich wieder das kleine Lächeln auf seinen Lippen erkenne, macht sich eine angenehme Wärme in meinem Körper breit.

"Jungkook. I-Ich heiße Jungkook, oder Kookie, wie du möchtest."

Unsicher spielt er mit seinen Händen und hat den Kopf nach unten gerichtet, aber das kleine, glückliche Lächeln, welches stets seinen Lippen ziert, lässt mich alle Sorgen und Zweifel vergessen und bereitet mir vor Glücklichkeit funkelnde Augen.

"Du bist süß, Kookie.", rutscht es mir dann raus, woraufhin sich seine Wangen rot färben und er sein Gesicht in den langen Ärmeln seines Oversize-Pullis zu verstecken versucht, was die ganze Situation nur noch niedlicher macht.

✰ ✰ ✰

Naaw, diese Vorstellung ist schon echt purer Zucker. Was Kookie wohl in diesem Moment empfunden hat... Mhmm vielleicht werden wir das ja im nächsten Kapitel erfahren, who knows 😉☺️

𝐇𝐎𝐒𝐏𝐈𝐓𝐀𝐋 𝐁𝐎𝐘 - ᵗᵏ.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt