Burg Neuenberg

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Mit einem Ruck fiel ich nach hinten und landete, mit dem Kopf, auf dem Waldboden. "Aufstehen!" Manuel klatschte grinsend in seine Hände und weckte somit auch die anderen beiden. Grummelnd rieb ich mir den Hinterkopf und richtete mich wieder auf. Maurice hob seinen Arm von Michaels Körper und blinzelte verwirrt drein. "Sind wir eingeschlafen?" Michaels Stimme klang heiser. Manuel sah auf seine Armbanduhr. "Naja, es ist bald drei Uhr Nachmittag." Sofort saßen Maurice und Michael kerzengerade. "Was?" Michael sah fassungslos aus. Auch ich war überrascht, dass wir so lange geschlafen hatten. In meinem Kopf ging ich durch. Das mussten gute fünf Stunden gewesen sein. "So kommen wir nie pünktlich zurück", jammerte Maurice und rieb sich über sein Gesicht. "Dann stehen wir jetzt auf und beeilen uns ein bisschen." Schnell sprang ich auf die Beine und rollte gleich darauf meinen Schlafsack zusammen, auf den Manuel und ich geschlafen hatten.

Als wir alles zusammengepackt hatten, suchte Maurice nach unserem Weg. Ohne ein Wort zu sagen, marschierte der große blonde Junge los. Wir drei tauschten einen verwirrten Blick aus, liefen dann aber hinter Maurice her. Er führte uns aus dem Wald heraus, bis wir auf eine freien Fläche kamen. Die Sonne stand über uns. Es war wie ein Tal, was sich vor uns erstreckte. Mit den Wiesen und Feldern und ihren kleinen Feldinseln. Ein Gefühl von Freiheit breitete sich in mir aus. "Ich wusste gar nicht, dass es hier so schön ist." Michael stemmte seine Hände in die Hüften und grinste in die Ferne hinein. "Dahinten ist die Ruine. Da, in dem Wald." Maurice zeigte in das Tal. "Wie machst du das nur?" Neugierig sah Manuel ihn an. "Ich mag Erdkunde." Mit den Worten, faltete Maurice die Karte wieder zusammen und lächelte Manuel freundlich an. "Du bist echt Weltklasse." Er klopfte Maurice auf die Schulter. Dann drehte er sich wieder von ihm weg. "Bin ich gespannt, was uns dort erwartet."

Wir liefen die restlichen Kilometer über Stock und Stein, bis wir den Wald erreichten, wo sich Burg Neuenberg befand. "Ich bin ja so aufgeregt", kicherte Manuel, der hinter Maurice herdackelte. "Nach was suchen wir eigentlich?", fragte Michael dann. Wir alle sahen Manuel an, der stehen blieb. "Nach Hinweisen." Er zuckte mit den Achseln. "Welche?" Maurice schob seine Augenbrauen zusammen. "Das ist doch Jahre her, dass Horst hier lang gegangen ist. Vermutlich ist er ins Ausland abgehauen." "Oder tot", fügte ich hinzu. Manuel verschränkte seine Arme. "Selbst wenn wir nichts finden, hatten wir doch einen tollen Auslug." Damit hatte er recht. Lächelnd trat ich zu Manuel vor und legte ihm meine Hand auf die Schulter. "Und den Ausflug werde ich nie vergessen." Auch er lächelte leicht, legte seine Hand auf meine und strich mit dem Daumen über meine Finger. Wenn meine Freunde nur wüssten, wieso ich so verweichlicht bin, wenn es um dieses Abenteuer ging.  "Es sind nur noch wenige hundert Meter, wenn ich mich nicht vertue." Maurice hatte seinen Kopf wieder in die Karte gesteckt. Auch Michael sah in sie hinein. "Wenn wir ankommen, teilen wir uns am besten auf. Ihr beide und wir beide. Dann finden wir eher irgendwas. Vielleicht hatte Horst einen Unterschlupf gefunden und dort sind noch Überreste, wie zum Beispiel Dosen oder Flaschen oder so." Manuel nahm meine Hand von seiner Schulter und ging zu Maurice. Ich schürzte die Lippen. Von Minute zu Minute wurde mir klar, dass wir wohl wirklich nichts finden würden, außer die Burg selbst.

Und dann sahen wir sie. Zwischen den Bäumen ragten alte Mauern empor. Mehr aber auch nicht. "Wow." Manuel sah mehr als Enttäuscht aus. Es waren nur ein paar alte Mauerwände. "Hier finden wir nichts", sagte Michael frustriert. "Wir können uns ja bei der Burg Eibach nochmal umsehen. Die ist nicht weit weg." Maurice versuchte wirklich das Beste aus der Situation zu machen. Drei Freunde, die frustriert waren und er, der es zum guten Wenden wollte. "Dann geht ihr zwei mal zu der anderen Burg. Patrick und ich sehen uns hier um. Treffen wir uns in einer Stunde wieder, oder braucht ihr länger dahin?" Wieder übernahm Manuel das Ruder. "Ungefähr eine Stunde. Gut." Lächelnd sah Maurice in seine Karte. "Komm." Manuel zupfte mir am Saum meines T-Shirts.  Zähneknirschend folgte ich ihm, um die Mauer herum, die von Efeu und anderen Pflanzen überwuchert war.

Sommer 1983 / Kürbistumor&ZomdadoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt