Es war der nächste Morgen. Nach dem Frühstück saß ich auf meinem Bett. In der Hand hielt ich Horsts Brief. Ich wollte ihn Frau Freidung bringen. Ich schürzte überlegend die Lippen.
Wie sie wohl reagieren würde? Sollte ich allein gehen oder mit den anderen? Ich stand auf, riss die Seite mit dem Abschiedsbrief vorsichtig aus dem Heft und ging zu meinem Rucksack, um das Portmonee von Horst heraus zu nehmen. Danach ging ich aus meinem Zimmer in den Flur, um mir die Schuhe anzuziehen. Natürlich kam sofort meine Mutter aus dem Wohnzimmer zu mir. "Wohin willst du?", fragte sie mich. Ich richtete mich auf und versteckte den Zettel nur tiefer in meiner Hosentasche. "Kurz zu Manu." Ich log. Ich log zur Hälfte. Ich wollte Manuel mitnehmen, wenn er durfte. Das ich zu Frau Freidung gehen wollte und ihr berichten wollte, dass ich die Leiche ihres Sohnes gefunden hatte, musste Mama nicht wissen. "Zum Mittagessen, um Zwei, bist du aber zurück." Fordernd sah sie mich an, woraufhin ich nur grinsend nickte und an die Tür griff. "Ist gebongt."
Als ich vor Manuels Haustür stand und klingelte, öffnete er mir direkt. Sein Haar war verzaust und er trug eine blaue Schlafanzughose mit einem grauen Shirt. "Guten Morgen", grinste ich ihn an. Er rieb sich nur verschlafen sein eines Auge. "Was machst du hier so früh?" Während er mich das fragte, drehte er sich um und ging in sein Haus hinein. Ich folgte ihm und schloss die Haustür hinter mir. Er lehnte sich gegen die braune Kommode. "Kommst du mit zu Frau Freidung? Ich will ihr den Brief bringen." Ich klopfte auf mein Oberschenkel. Dorthin, wo sich, hinter dem Stoff, der Brief von Horst befand. Manuels Augen wanderten kurz zu meiner Hand. Doch anstatt zu lächeln, senkten sich seine Mundwinkel. "Ich darf nicht raus." Auch mein Mund glättete sich. Ich hätte ihn gerne dabei gehabt. "Aber Mama schläft noch." Nun grinste er frech. "Komm mit. Aber leise."
Ich setzte mich auf Manuels Bett. Das Polaroid Foto von Manuel, Michael, Maurice und mir klebte an der Wand neben seinem Bett. Neben den Postern einiger Bands, einer Lichterkette und der Eintrittskarte vom Schwimmbad, wo wir letztes Jahr im Sommer zu besuch waren. Ich lächelte sanft bei der Erinnerung. Es war einer dieser Tage im Sommer gewesen, die ich vermutlich in meinem ganzen Leben niemals vergessen würde. So wie dieses Abenteuer mit meinen Freunden. Unser letztes.
Manuel warf mir die Bürste zu. "Wir können." Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er sich eine kurze Hose angezogen hatte. Ebenso ein T-shirt. "Gut." Ich stand auf und ging zur Tür, um in den Flur und somit durch die Haustür gehen zu können. Doch Manuel hielt mich am Arm fest. Verwirrt schaute ich ihn an. "Bekomme ich keinen guten morgen Kuss?" Er grinste. Ich musste kurz auflachen, trat aber zu ihm ran und legte meine Hände an seine Hüfte. Er legte währenddessen seine Arme um meinen Hals. Und dann küssten wir uns. Ich schloss genüsslich meine Augen. Es schien, als würde die Zeit kurz stehenbleiben.
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Sommer 1983 / Kürbistumor&Zomdado
FanfictionEs waren bald Sommerferien. Endlich war Zeit für Patrick und seine Freunde, um im Dorf Abenteuer erleben können. Nur leider war es der letzte Sommer, den Patrick mit seinen Freunden verbringen konnte. Sein Vater hatte einen Job in der Stadt angenomm...