𝟬𝟱 | Bewunderung

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standardsprachlich
Substantiv, f.
das Bewundern; große Anerkennung, Hochachtung

「✿」

Yuta kam auf sie zu, sobald er die Runde beendet (und ganz nebenbei gewonnen) hatte, und grinste froh. » Du ... Ihr seid ja wirklich gekommen «, seufzte er atemlos und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

Taeil dachte es ungern, aber Yuta sah gut aus mit seinem perfekten Körper und dem markanten Gesicht, gerade wenn er sein strahlendes Lächeln präsentierte. Es machte ihn zwar ein wenig neidisch, dennoch äußerte er ernsthafte Bewunderung für diese Tatsache ─ es war ja nicht so, als hätte Yuta sich nicht auch darum bemüht, immerhin war er komplett durchtrainiert ─, aber das hätte Taeil niemals zugegeben, geschweige denn laut ausgesprochen.

Sofort wollte er Sicheng zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange pressen, doch der drückte nur widerwillig seine Hand in Yutas Gesicht und fauchte: » Ich habe dir doch gesagt, dass ich das hasse. «

Taeil musste sich ein Lachen verkneifen und biss sich auf die Zunge.

» Mann, du bist so gemein «, jammerte Yuta.

» Du miefst. Versuch's nochmal nach dem Duschen. Oder geh nur duschen und lass mich dann in Ruhe «, ärgerte ihn Sicheng und lachte, als Yuta die Lippen zu einem Schmollmund verzog. Eine tiefe Frauenstimme rief nach ihm, weshalb er sich kurz umdrehte, dann eine Verabschiedung murmelte und ging.

» Er ist wirklich gut «, meinte Sicheng und sah zu, wie er bereits eine weitere Runde lief.

» Na ja, was man halt so gut findet «, erwiderte Taeil und verdrehte die Augen.

Yuta war nicht schlecht, aber außer Laufen konnte er ja nichts, oder? Taeil war intelligent, spielte mehrere Instrumente, hatte mal Gesangsunterricht gehabt, konnte Texte bis auf die letzte Zeile analysieren und interpretieren und war sogar fähig, simple Dinge wie Obst zu zeichnen ─ was war also so eindrucksvoll an einem Jungen, der vielleicht vier Kilometer pro Stunde schneller lief?

Wenn er sich ein paar Monate ernsthaft daran versuchen würde, käme er bestimmt auf denselben Stand wie Yuta, doch er hasste Sport nun einmal und hatte auch keine Zeit für so etwas. Wieso sollte er sich die Mühe und den Aufwand machen? Niemand an einer Universität würde jemals fragen, ob man denn auch Tischtennis spielen konnte, weil man sonst kein Jura studieren könnte ─ wofür also Sport? Es war ja auch nicht so, als verdiente man Unmengen an Geld als Läufer. Fußballer oder Basketballspieler könnten eventuell noch etwas erreichen, aber mit diesem dämlichen Sport würde Yuta nicht so schnell in buntem Papier schwimmen ─ und trotzdem bewunderten ihn alle!

Niemand feierte Taeil für seine außerordentlichen Leistungen, höchstens kam so etwas wie » Bestimmt hat der wieder die beste Klausur geschrieben « mit einem feindlichen Unterton, wenn der Notenspiegel angeschrieben wurde, das war es dann auch schon. Yuta hingegen bekam Anerkennung dafür, dass er auf Flash machte ─ nichts Besonderes!

Okay, er sah auch noch gut aus und dieser ganze Kram, den Jugendliche wahrnahmen, wenn ihre Hormone verrücktspielten, aber na und? Mittlerweile hatte Taeil das Gefühl, dass diese Welt keinen Wert auf Arbeit legte und viel zu sehr nach Imageaufbau und persönlichem Interesse ging.

» Sei nicht so, Tae. Sieh doch, er ist echt beeindruckend. «

» Er läuft doch nur «, stellte er ihm entgegen und zuckte mit den Schultern.

» Ja, aber ─ «

» Ich meine, es ist nicht so, als stecke irgendeine Magie dahinter. Das, was er macht, könnten du und ich auch, wenn wir uns nur die Zeit nehmen würden «, stellte Taeil fest und spielte entnervt mit seinen Pulliärmeln. » Es ist keine Kunst, nur Übung. «

» Alles braucht Übung. Gesang, Tanz, Malen, keine Ahnung. «

» Komischerweise hast du mir nie gesagt, dass irgendetwas beeindruckend an mir ist, egal wie viel ich geübt habe «, warf er ein und behielt den Blick auf dem eisblauen Saum seines Sweaters.

» Tae ─ «

» Schon okay «, nuschelte er und biss sich leicht auf die Unterlippe. Er mochte Yuta ganz sicher mehr. Am Ende würden sie vielleicht doch zusammenkommen und wer wäre Taeil dann? » Du bist nur Mitläufer. « Auf einmal spürte er den widerlichen Geschmack von Blut auf seinen Lippen. » Ich weiß «, hätte er sagen müssen. Immerzu hatte er diese spezielle Chemie zwischen Yuta und Sicheng gespürt, er war ja nicht blind, blöd schon gar nicht.

» Entschuldige, ich mache auch immer die gute Stimmung kaputt «, stellte er fest und presste die Lippen aufeinander, als ein stechender Schmerz begann, sich in seinem Hals breitzumachen. » Nein, Yuta ist wirklich gut. «

» Tae «, sagte er noch, klang fast schuldbewusst, jedoch bemühte Taeil sich bereits, einfach zu lächeln.

» Du weißt doch, wie wir uns immer anzicken. Ich weiß, wenn er nicht da ist, ist es nicht so lustig «, versuchte er weiterhin, seinen Gefühlsausbruch geradezubiegen, und wandte den Blick von seinen Ärmeln hin zum im Kreis rennenden Japaner.

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Taeil hätte am liebsten geheult, als Sicheng tatsächlich Yuta einen Kuss auf die Wange drückte, jetzt wo seine Haare süß nach Zuckerrohr (oder was auch immer das für eine seltsame Pflanze auf seinem Duschgel darstellen sollte) duftete.

» Unverdient «, zischte er leise und malte sich innerlich Yutas Hinrichtung aus, während der gerade die Arme ausbreitete und froh wie der Sonnenschein mit ihm Richtung Innenstadt tänzelte.

Irgendwann nahm er dann ein langsameres (und damit Taeils) Tempo an. » Hey, Nerd, was hörst du? «, fragte er ernsthaft neugierig und zerrte Taeil einen Kopfhörer aus dem Ohr. » Mozart? «

» Nein «, erwiderte er monoton und kaum hatte er sich das Teil wieder ins Ohr gestopft, entriss Yuta es ihm erneut.

» Keine klassische Musik? «, fuhr er fort und grinste schadenfroh. Daraufhin verdrehte Taeil nur entnervt die Augen und stellte die Lautstärke höher. Im selben Moment beanspruchte Yuta das Handy des Älteren für sich und sah aufs Display, wobei Taeil eifrig danach schnappte. » Hey, was soll das?! «

» Du hörst Eminem? Ist das nicht was für coole Leute? «, fragte er und reckte das Smartphone bewusst in die Höhe, während er das Display inspizierte.

» Lass das! «, befahl Taeil und versuchte weiterhin, es zu erreichen.

» Donghyuck schreibt: › Du schaffst das ‹ mit einem Herzemoji. Wie süß, hast du endlich einen Freund? «, spottete Yuta und las ungestört weiter. » Hoffentlich lässt du jetzt Sicheng in Ruhe. «

» Wir kennen uns nur flüchtig «, behauptete er und schaffte es endlich, seinen Besitz zurückzuerobern.

» Mh, ich habe auch nicht gerade erwartet, dass du tatsächlich jemanden abbekommst «, fügte er hinzu und zuckte mit den Schultern. » Aber guck, dir schreibt mal jemand, das ist ein Anfang. «

» Behalte deine perfiden Bemerkungen zu meinen zwischenmenschlichen Beziehungen für dich «, wies er ihn an, weswegen Yuta ihm einen Schlag gegen die Schulter verpasste, was Taeil mit einem schmerzverzerrten Laut quittierte.

» Red nicht, als hätte dir Newton eine übergezogen «, entgegnete er und zeigte ihm eine wegwerfende Geste. » So bleibst du ewig Jungfrau. «

» Isaac Newton war ein Naturforscher, insofern macht deine Aussage keinen Sinn ─ «, begann er, unterbrach sich jedoch selbst, da ihm schnell bewusst wurde, dass Yuta das nicht interessierte. » Aber ... vielen Dank für deine konstruktive Kritik. «

» Du denkst, du wärst so schlau, aber deine Kalkulationen helfen dir nicht bei Sicheng. Früher oder später kapierst du das auch. «

» Yuta, du und ich ... Wir wissen doch beide, dass Sicheng weder dich noch mich jemals «, er schluckte, » lieben wird. «

Jetzt, wo er es laut ausgesprochen hatte, schien dieser Fakt noch viel klarer zu werden. Er wird dich niemals lieben. Die Wörter waberten vor seinem inneren Auge und versetzten ihm einen schmerzhaften Stich.

Schlimmer wurde es vor allem, als Yuta dann mit bedrückter Stimme murmelte: » Ich weiß. «

𝗗𝗨𝗔𝗟𝗜𝗦𝗠 𝘺𝘶𝘸𝘪𝘯𝘪𝘭.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt