Es geht uns mit Büchern wie mit den Menschen. Wir machen zwar viele Bekanntschaften, aber nur wenige erwählen wir zu unseren Freunden.
~ Ludwig FeuerbachD E X T E R
Etwas nervös betätigte ich den Knopf des Fahrstuhls und schaute auf. In letzter Sekunde entdeckte ich eine Frau, die etwa in meinem Alter sein musste und auf mich zu rannte. Schnell stellte ich meinen Fuß vor die sich schließende Tür und ließ die hübsche Blondine einsteigen. Sie wollte gerade ihr Stockwerk auswählen, als sie feststellte, dass ich dasselbe Ziel hatte. "Wollen Sie zur BAU?", erkundigte sie sich mit einem ehrlich interessierten Lächeln. Ich nickte und bemühte mich ebenfalls um ein Lächeln. "Ich bin das neue Mitglied des Teams." "Sie sollen Emily ersetzen?" Ich konnte den Tonfall meines Gegenübers nicht ganz einordnen, doch er schien mir kühler geworden zu sein. Ich nickte dieses Mal deutlich langsamer und vorsichtiger, woraufhin meine Mitfahrerin lediglich eine Augenbraue nach oben zog und leicht den Kopf hob und senkte, bevor wir in Schweigen verfielen. Sobald sich die Türen des Aufzugs öffneten, erklang ein lautes Quietschen, das mich verärgert die Augen zusammenkneifen ließ. Das Geräusch hatte eine andere blonde Frau gemacht, deren Klamotten nur so vor Individualität schrien. "Oh, JJ, ich hab dich so vermisst!" Die Frau aus dem Aufzug begann jetzt zu lachen und erwiderte die Umarmung, weshalb ich mich schnell an den beiden vorbeischob und weiterlief. Wachsam schaute ich mich um und mein Blick blieb bei einem Büro mit geschlossener Tür stehen. Die Jalousien waren jedoch oben und der dunkelhaarige Mann, der arbeitend am Schreibtisch saß, war definitiv eine Autoritätsperson. Schnurstracks lief ich auf das Büro zu und stellte fest, dass ich mich nicht geirrt hatte. Auf dem Schild an der Tür stand der Name meines neuen Chefs, Aaron Hotchner. Ich straffte die Schultern und klopfte an, woraufhin eine angenehm tiefe Stimme mich herein bat. Agent Hotchner war etwas älter als ich und hatte offensichtlich einen Sohn, auf den er sehr stolz war, was ich an den Bildern auf seinem Schreibtisch festmachte. Ich erlaubte mir ein leichtes Zucken der Mundwinkel und schloss die Tür hinter mir. "Hallo Agent Hotchner. Ich bin SSA Dexter." "Natürlich, herzlich willkommen bei der BAU. Ich hoffe Sie haben gut hergefunden." "Ja, danke." "Sie kommen genau richtig, wir haben gerade einen neuen Fall angenommen, den unsere Technische Analystin jeden Moment vorstellen wird. Ihre Tasche können Sie gerne mitnehmen." Ich nickte und folgte dem hochgewachsenen Dunkelhaarigen in den Konferenzraum, wo der Rest des Teams bereits wartete. Ich entdeckte die beiden Blondinen von vorhin, drei Männer standen an der Seite und unterhielten sich gerade. Als Agent Hotchner und ich den Raum betraten, schauten alle zu uns und verstummten. Ich schaute in die Runde und entdeckte zu meiner Überraschung einen Menschen, den ich seit Jahren nicht gesehen hatte. Er erkannte mich im selben Moment, sagte aber nichts. "Leute, das ist unser neues Teammitglied SSA Jessica Dexter. Agent Dexter, das sind unsere Technische Analystin Penelope Garcia, die SSAs Jennifer Jareau, David Rossi, Derek Morgan und Dr. Spencer Reid." "Es freut mich, Sie alle kennenzulernen. Ich hoffe auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit." Alle nickten, schienen aber skeptsich und zurückhaltend. Nach der Reaktion von SSA Jareau vorhin ging ich davon aus, dass meine Vorgängerin Emily Prentiss sehr beliebt gewesen war. Die Technische Analystin begann den Fall vorzustellen und ich bemerkte sofort, dass sie nicht nur verrückt aussah, sondern es auch war. Ich beschloss jedoch, mich vorerst ausschließlich auf den Fall zu konzentrieren. In Seattle waren zwei männliche Leichen in Frauenunterwäsche gefunden worden, innerhalb von zwei Tagen, was vermuten ließ, dass bald eine neue auftauchen würde. "Wir fliegen in 30 Minuten", verkündete Agent Hotchner, woraufhin sich alle erhoben. Mein Chef wandte sich an mich. "Haben Sie Sachen für einen Einsatz dabei?" "Natürlich." "Gut, dann zeige ich Ihnen jetzt noch schnell Ihren Arbeitsplatz." Ich nickte und folgte ihm in den großen, mit Schreibtischen gefüllten Raum. Meine neuen Kollegen saßen alle an ihren Plätzen und tippten entweder auf ihren Computertastaturen herum oder kramten in ihren Schubladen, um es anschließend in eine Tasche zu packen. Agent Hotchner blieb schließlich bei einem der Schreibtische stehen. Die graue Platte wurde von keinem Krümmel oder Strich verschmutzt, der Bildschirm des Computers war nach ganz unten geschoben, in einer Box auf der Seite standen zwei frisch gesptizte Bleistifte, der Spitzer und ein Radiergummi lagen daneben. "Danke, Agent Hotchner." "Hotch. So nennen mich eigentlich alle." "Na dann, Dexter oder Dex." Wir tauschten einen kurzen Handschlag aus, dann verschwand mein Chef in seinem Büro und ich stellte meine Umhängetasche auf dem zum Schreibtisch gehörenden Stuhl ab. Ich spürte einen Lufthauch neben mir und entdeckte aus dem Augenwinkel die Person, die mal der Mittelpunkt meines Lebens gewesen war. Im Vorbeigehen hatte er einen kleinen Zettel auf dem Schreibtisch liegen gelassen, den ich unauffällig entfaltete. "Zur Glastür raus, nach rechts, erste Tür auf der linken Seite. Wir müssen reden!" Ich ließ das kleine Papier in meiner Hosentasche verschwinden und folgte dann der Weganweisung. Kaum hatte ich die Tür hinter mir geschlossen, begann er zu sprechen. "Was machst du hier, Jessica?" "Ich arbeite jetzt hier, Derek." "Das weiß ich auch, aber- verdammt Jess, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll! Wieso bist du damals einfach abgehauen? Ich hab jahrelang nach dir gesucht!" Ich seufzte leise und schaute ihn endlich an. Er war erwachsen geworden, reifer, aber eigentlich nicht wirklich älter. "Es tut mir Leid, Derek. Wirklich." "Das ist keine Erklärung." Ich schluckte, dann straffte ich entschlossen die Schultern. "Du wirst auch keine bekommen. Ich kann es dir nicht erklären." "Du kannst mir nicht erklären, wieso du vor 17 Jahren einfach plötzlich weg warst? Jess, du warst meine beste Freundin! Hab ich da nicht wenigstens eine kleine Erklärung verdient? Ich wurde verdächtigt, dich entführt zu haben." "Ich weiß", erwiderte ich leise, woraufhin meinem ehemaligen besten Feund jegliche Gesichtszüge entglitten. "Was soll das heißen, du weißt es? Wo warst du und was hast du gemacht, verdammt nochmal?!" "Wie gesagt, ich kann es dir nicht erklären. Können wir trotzdem professionell zusammen arbeiten oder soll ich um Versetzung bitten?" Derek schüttelte leicht den Kopf. "Ich weiß nicht, was mit dir passiert ist, aber du scheinst nicht mehr die zu sein, die ich mal kannte. Trotzdem musst du nicht um Versetzung bitten. Ich bin gerne bereit, die neue Jessica Dexter kennenzulernen. Willkommen im Team." Ich ignorierte den ersten Teil seiner Ansage und bedankte mich, dann öffnete ich die Tür und verließ den Raum, in meinem Inneren tobte es. Ich konnte Morgan nicht die Wahrheit sagen. Ich würde es niemals irgendjemandem erzählen können.
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Profile Me (Criminal Minds FF)
FanfictionSSA Jessica Dexter wird zur BAU nach Quantico versetzt, um Emily Prentiss nach deren Wechsel zu Interpol zu ersetzen. Die sprachbegabte Agentin trifft überraschend auf ihren alten Freund aus Highschool-Zeiten, Derek Morgan, mit dem sie vor vielen Ja...