I did my job

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„Es ist nicht genug zu wissen - man muss auch anwenden. Es ist nicht genug zu wollen - man muss auch tun."
~ Johann Wolfgang von Goethe



D E X T E R

"George Whitmore! Nehmen Sie die Hände hoch!", brüllte Morgan gegen den Lärm der Maschinen im Hintergrund. Mit diesem versteckten Nebenbau der großen Halle, in der am laufenden Band Kinderspielzeug hergestellt wurde, hatte Whitmore den idealen Ort gefunden, um seine Opfer zu foltern und seinen Sadismus auszuleben. Er reagierte überhaupt nicht auf uns, sonderen beugte sich über eine wimmernde Frau mit Knebel im Mund, die vor ihm auf einem Tisch lag, der von getrockneten Blutflecken übersäht war. "Whitmore, legen Sie das Messer weg und heben Sie die Hände!", rief Morgan erneut und in diesem Moment drehte sich der Täter um und ich erkannte pure Provokation in seinen Augen. Im Bruchteil einer Sekunde hatte er ausgeholt und als ich begriff, was er vorhatte, drückte ich instinktiv ab und schrie gleichzeitig: "Morgan! Runter!" Mein bester Freund duckte sich gerade im rechtzeitigen Moment, um dem geworfenen Messer auszuweichen, während Whitmore durch meinen Schuss zu Boden ging. Er zuckte noch einmal kurz, dann rührte er sich nicht mehr. Vorsichtig lief ich zu ihm und legte meine Finge an seinen Hals, aber es war nichts mehr zu spüren. Rossi trat neben mich und sah mich fragend an, ich schüttelte den Kopf. "Er ist tot. Es ist vorbei." Mein Blick ging an Rossi vorbei und blieb bei Spencer hängen, der zusammen mit JJ gerade dabei war, die Frau, die auf dem Tisch gefesselt war, zu befreien. Ich schluckte und stand auf, dann ging ich stumm zu ihnen und half beim Lösen der Schnallen, mit denen sie an der Platte befestigt war. JJ lächelte mich schwach an und als die Frau schließlich in der Obhut der Sanitäter war, legte meine blonde Kollegin mir die Hand auf die Schulter und drückte leicht zu. "Du hast richtig gehandelt. Und Gott sei Dank hast du rechtzeitig erkannt, was Whitmore vorhatte. Du hast Morgan das Leben gerettet." Ich nickte, dann drehte ich mich um und ging nochmal zu dem Mann, den ich gerade erschossen hatte. Schritte erklangen neben mir und ich war überrascht, als ich im Augenwinkel Spencer erkannte. "Hotch hat mich geschickt. Ich soll nach dir schauen und dann mit dir zum Police Department fahren." Ich nickte und biss mir auf die Lippe. "Wem gibt man die Schuld für den Menschen, der Whitmore geworden ist? Seinem gewalttätigen Vater? Seiner Mutter, die Prostituierte war und die ihn später zwang, ihr und ihren Kunden zuzusehen? Oder seinem großen Bruder, der ihm als Kind drei seiner Finger abgehackt hat?" "Sich damit im Nachhinein auseinanderzusetzen, gehört nicht zu unserem Job. Wir müssen diese Sadisten nur fangen und einsperren, um potentielle neue Opfer zu verhindern." Ich ließ mir Spencers Worte einen Moment lang durch den Kopf gehen, bevor ich tief durchatmete und die Schultern straffte. "Also dann, lass uns fahren. Wir sind hier fertig."

Müde rieb ich mir die Schläfen und zog dann mein Handy aus meiner Hosentasche, um Lexie zu schreiben, dass ich auf dem Heimweg war. Kaum hatte ich das erledigt, lief jemand an mir vorbei und ließ sich mir gegenüber in den Sitz fallen. Ich holte tief Luft und ließ meinen Blick für einen kurzen Moment aus dem Fenster des Jets gleiten, dann erst schaute ich Hotch an. "Du hast heute das Richtige getan. Aber es war das erste Mal, dass du einen Täter erschossen hast, seit deiner Pause. Wie gehts dir damit?" Ich zuckte die Schultern. "Er war ein sexueller Sadist und hat vier Menschen umgebracht. Außerdem wollte er meinen besten Freund umbringen, indem er ein Messer nach ihm geworfen hat. Wie soll es mir also gehen? Ich habe meinen Job gemacht." Hotch legte minimal den Kopf schief, dann ließ er den Blick kurz durchden Jet schweifen. Ich folgte seinem Blick und stellte fest, dass JJ und Rossi schliefen, Morgan mit Kopfhörern dasaß und Reid wohl gerade auf der Toilette war oder sich etwas zu trinken holte. Hotch räusperte sich. "Warst du nochmal bei der Psychologin?" Ich schüttelte den Kopf. "Nein, war ich nicht. Wir haben den Fall komplett durchgearbeitet und sie hat mir Einsatzfähigkeit bescheinigt." "Das weiß ich. Aber ich weiß auch, dass du eine Meisterin der Täuschung bist und eine verdammt gute Profilerin. Du weißt, welche Knöpfe du bei den Leuten drücken musst, damit sie dir glauben." Ich seufzte leise. "Nur bei euch scheine ich es nicht zu wissen. Euch kann ich nichts vormachen." "Stimmt. Hast du dich mittlerweile mit Reid ausgesprochen?" "Nicht wirklich. Eigentlich hab ich es nur schlimmer gemacht, weil er von der Sache im Krankenhaus in Boston mitbekommen hat." "Oh, du meinst-" "Diese Sache, genau. Ich hab versucht es ihm zu erklären, aber ich hab sein Vertrauen ja schonmal missbraucht und deshalb scheinen meine Beteuerungen und Entschuldigungen nicht wirklich etwas gebracht zu haben." Ermutigend lächelte Hotch mich an. "Ihr schafft das schon noch. Es ist nicht zu übersehen, dass ihr einander fehlt und früher oder später wird das auch Reid einsehen." "Ich hoffe es. Zwischen uns ist alles gut, oder? Wegen Boston, meine ich. Und weil du ganz offensichtlich von Anfang an nicht an das Urteil der Psychologin geglaubt hast." Ich konnte mir einen leicht vorwurfsvollen Unterton bei den letzten Worten nicht verkneifen. "Dass wir Boston einfach vergessen werden, hab ich dir dort schon gesagt. Und was die Beurteilung deiner Psychologin angeht, so solltest du dich darauf konzentrieren, dass ich dich mitgenommen habe, obwohl ich mir denken konnte, wie du an die Einsatzerlaubnis gekommen bist. Ich habe darauf vertraut, dass du dich selbst einschätzen kannst und aus der Vergangenheit gelernt hast. Und wie man sieht, wurde ich nicht enttäuscht. Du bist wieder bereit für die Arbeit, bereit wichtige Entscheidungen über Leben und Tod zu treffen und bereit, dich und das Team zu schützen. Mehr musste ich nicht sehen." "Bedeutet das, dass ich deinen Test bestanden habe?", erkundigte ich mich mit einem kleinen Schmunzeln und Hotch nickte. "Wenn du es so nennen willst, ja. Du hast bestanden. Und jetzt ruh dich noch ein wenig aus, bevor wir landen." Ich nickte und mein Chef stand auf und ließ mich mit meinem Gedankenchaos allein zurück. Ich schaute ihm hinterher und sah in diesem Moment, wie Reid aus dem Nebenraum zurückkam. In der Hand hielt er zwei dampfende Tassen und als er mich entdeckte, steuerte er etwas unsicher auf mich zu, setzte sich mir gegenüber und stellte eine der Tassen vor mich. Dankbar sah ich ihn an, dann griff ich nach der warmen Tasse und sah aus dem Fenster. Am Horizont ging gerade die Sonne auf, in wenigen Stunden würde ich endlich wieder zu Hause bei Lexie sein und einen ruhigen Sonntag mit ihr verbringen. Hotchs Worte hatten mir den Mut gegeben, durchzuhalten. Den Job, meine Gedanken und die Situation mit Spencer nicht die Überhand gewinnen zu lassen, sondern den Kopf immer über Wasser zu halten. Jetzt fühlte ich mich bereit dafür. Ich würde meinen Job besser machen als je zuvor, würde gleichzeitig mehr auf Lexie achten und um Spencer kämpfen. Es waren große Ziele, aber jedes einzelne war es wert, dass ich alles dafür gab. Mit einem müden Lächeln beobachtete ich den Horizont, während wir uns mit jeder Sekunde weiter von Tennesse entfernten und damit auch von meiner inoffiziellen Probezeit.

Profile Me (Criminal Minds FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt